Nigel Bolton: "Bis zu 25 Prozent sind noch drin"
Rund 50 Prozent hat der europäische Aktienmarkt seit März zugelegt. Fondsmanager Nigel Bolton von Blackrock sieht weiteres Potenzial.
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von Carsten Lootze, Euro am Sonntag
Ein abendlicher Ausflug zum Oktoberfest stand auch auf dem Programm, als Nigel Bolton am Dienstag zu Besuch in München war. Der Fondsmanager der US-Gesellschaft Blackrock kaufte sich dafür extra noch schnell eine Lederhose. Er hatte auch allen Grund, mit einer Maß Bier anzustoßen: Denn sein BGF European Fund (ISIN: LU0011846440) und der BGF European Focus Fund (LU0229084990) gehören im laufenden Jahr sowie auf Sicht von einem und drei Jahren zu den besten Europa-Aktienfonds. Mit €uro am Sonntag sprach Bolton – noch vor dem ersten Bier – über die Aussichten für Europas Wirtschaft und den Aktienmarkt.
€uro am Sonntag: Seit dem Tief von Mitte März hat der europäische Aktienmarkt rund 50 Prozent an Wert gewonnen. Ist es nun Zeit für eine Korrektur oder zumindest für eine Pause?
Nigel Bolton: Ja, es könnte nun erst mal seitwärts weitergehen. Aber diese Phase wird nicht lange anhalten, nur ein paar Wochen. Denn Mitte Oktober beginnt die Berichtssaison der Unternehmen für das dritte Quartal. Und da wird es viele positive Überraschungen geben. Die Analysten gehen für 2010 im Schnitt von 22 Prozent Gewinnwachstum in Europa im Vergleich zu 2009 aus. Ich erwarte dagegen etwa 35 Prozent.
Was macht Sie so optimistisch?
Bolton: Verschiedene statistische Zusammenhänge, zum Beispiel zwischen der Geldpolitik und dem Anstieg der Industrieproduktion in der Eurozone oder dem Ifo-Geschäftsklimaindex und der deutschen Industrieproduktion. Zudem neigen Analysten dazu, ihre Gewinnerwartungen in konjunkturellen Wendephasen zu spät nach oben oder unten anzupassen.
Was für eine Art der konjunkturellen Wende erwarten Sie denn: eher eine schnelle, v-förmige Erholung oder eine w-förmige mit erneutem Einbruch?
Bolton: Für mich sieht es derzeit nach einer V-Erholung aus.
Das heißt, dass es auch an den Börsen weiter aufwärtsgehen dürfte?
Bolton: Ja. Innerhalb der nächsten sechs Monate erwarte ich am europäischen Aktienmarkt 20 bis 25 Prozent höhere Kurse als heute. Denn es gibt sehr viel freie Liquidität, die noch nicht investiert ist. Viele Investoren warten nur auf kurze Rückschläge, um endlich einzusteigen.
Aber ob sie dafür gerade Europa wählen und nicht eher die USA? Schließlich sind die USA zuerst in die Krise hineingeraten, also sollten sie doch auch zuerst wieder herauskommen.
Bolton: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. In Aufschwungphasen bringt der europäische Aktienmarkt historisch gesehen höhere Renditen als der US-Markt. Denn er ist exportlastiger und zyklischer. Umgekehrt hat ihn der Abschwung deswegen härter getroffen.
Spannend dürfte es 2010 werden, wenn die Staaten ihre Konjunkturpakete zurückfahren und die EZB die Zinsen anhebt.
Bolton: In der Tat. Wenn ich recht behalte und die Unternehmensgewinne stärker als erwartet steigen, werden immer mehr Marktteilnehmer steigende Zinsen einpreisen. Das könnte den Aktienmarkt belasten. Aber bis Mitte 2010 sehe ich da keinen Grund zur Sorge.
Fonds:
Trends
Die Lieblinge der Dachfonds
Quelle: FWW Dachfonds-Quartalsanalyse
Das Analysehaus FWW hat untersucht, in welche Zielfonds Dachfondsmanager am häufigsten investieren. Dazu hat es die Portfolios von 964 Dachfonds zum Stichtag 30.03.2009 unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Der Goldminenaktienfonds BGF World Gold Fund ist am häufigsten vertreten, wohingegen er zum Stichtag 31.12.2008 nur auf dem 4. Platz lag.
1) BGF World Gold Fd.
in 137 Fonds
2) AXA Immoselect
in 122 Fonds
3) JPM Highbr. Stat.
in 121 Fonds
4) Frankl. Europ. Fd.
in 93 Fonds
5) M&G Global Basics
in 88 Fonds
6) Kanam Grundinv.
in 81 Fonds
7) Athena UI
in 75 Fonds
8) Carmignac Invest.
in 74 Fonds
9) DWS In. Money Pl.
in 74 Fonds
10) TMW Immo. Welt.
in 73 Fonds
Fonds im Fokus
Renditefonds UI
Der Anleihefonds Renditefonds UI – früher Panda Renditefonds DWS – ist seit 1997 auf dem Markt. Damit ist er einer der ältesten Fonds in Deutschland, die auch nach ökologischen, ethischen und sozialen Kriterien investieren. Nun hat die Kapitalanlagegesellschaft DWS den Fonds an Universal-Investment abgegeben. Auch das Portfoliomanagement hat teilweise gewechselt: Den Nachhaltigkeitsfilter übernimmt nach wie vor die White Investments – früher Panda Investments – aus Frankfurt. Statt Markus Kohlenbach von der DWS sind nun aber Johannes Führ und Allan Valentiner vom Anleihespezialisten Johannes Führ für die Finanzanalyse der Einzeltitel verantwortlich. Sie wollen den durchschnittlichen Anteil an Unternehmensanleihen von 30 auf 50 Prozent erhöhen und nur noch in Europapiere investieren.
Fazit: Strategiewechsel abwarten, halten.
Fonds im Rückblick
PIA – Russia Stock VT
Vor einem Jahr empfahlen wir mutigen Anlegern, langsam in den Russland-Aktienfonds PIA – Russia Stock VT einzusteigen. Unsere These: Die Konjunkturwende werde den Ölpreis wieder steigen lassen und der steigende Ölpreis den von Energiekonzernen dominierten russischen Aktienmarkt beflügeln. Die Rechnung ging auf: Im Herbst 2008 gab der Markt zwar noch deutlich nach, startete dann aber nach oben durch und gehört 2009 zu den besten Aktienmärkten weltweit. Seit Anfang 2009 erzielte der PIA – Russia Stock VT rund 120 Prozent Wertzuwachs, während der Leitindex RTX nur auf etwa 70 Prozent kommt. Anleger, die an dieser enormen Rally teilgenommen haben, sollten ihre Gewinne nun zumindest teilweise mitnehmen. Denn Russland bleibt eine hochspekulative Wette auf den Ölpreis.
Fazit: Jetzt Gewinne mitnehmen.