Ab 1. März: Neue Depotgebühr bei Flatex
Seit rund 15 Jahren lehrt der Online-Broker Flatex die Konkurrenz mit günstigen Orderkonditionen das Fürchten. Doch nun schafft der Broker das "kostenlose Depot für alle" ab und führt eine neue Gebühr ein. Viele Kunden zeigen sich verärgert und kehren den Oberfranken den Rücken. Was Flatex-Kunden dazu wissen sollten.
Kurz vor Jahresultimo präsentierte der Online-Broker Flatex seinen Kunden eine Preisanpassung, die es erst auf den zweiten Blick in sich hat. Im ab 1. März 2020 gültigen Preis-Leistungsverzeichnis findet sich eine neue Gebühr, die auf alle verwahrten Wertpapiere berechnet wird. Wie berechnet sich die neu eingeführte "Depotgebühr"? Und wir wirkt sie sich konkret auf Kunden aus? finanzen.net gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Die Preiserhöhung von Flatex im Wortlaut
Ab März ist das bislang kostenlose Depot bei Flatex endgültig passé. Die neue Depotgebühr von 0,1 % pro Jahr wird "monatlich auf Grundlage des Kurswertes der verwahrten Wertpapiere zum jeweiligen Monatsultimo ermittelt und mit einem Anteil von 1/12 von 0,1 % bewertet", so der Wortlaut im ab 01.03.2020 gültigen Preis- und Leistungsverzeichnis (PLV).
Beispiel: Mit welcher Gebührenbelastung müssen Flatex-Kunden rechnen?
Ein Flatex-Kunde, der im Schnitt Anlagen im Wert von 150.000 Euro in seinem Depot lagert, muss mit zusätzlichen Gebühren von 150 Euro im Jahr kalkulieren. Bei Anleger mit 300.000 Euro Depotvolumen beträgt die Zusatzbelastung 300 Euro. Was viele Kunden offensichtlich ärgert: Mit der neuen Gebühr beteiligt sich die Bank künftig indirekt an den Kursgewinnen ihrer Kunden. Denn mit steigendem Depotvolumen steigt der auch der absolute Betrag der an Flatex zu entrichtenden Depotgebühr.
Wie erheblich diese Zusatzbelastung durch die neue Depotgebühr sein kann, zeigt folgendes Beispiel. Ein Anleger ordert an Xetra Wertpapiere im Gegenwert von 12.500 Euro und hält diese danach 5 Jahre in seinem Flatex-Depot. Zusätzlich zu den Ordergebühren von derzeit 2 x 5,90 Euro für Kauf und Verkauf (zzgl. Fremdspesen und Börsengebühren) zahlt der Anleger künftig bis zum Verkauf und damit über fünf Jahre hinweg zusätzliche Depotgebühren. Diese Zusatzbelastung beläuft sich auf 62,50 Euro (5 x 0,1 % x 12.500 Euro), wobei Änderungen des Kurswerts in dieser Beispielrechnung nicht berücksichtigt sind.
Hat Flatex den Bogen überspannt?
Dank kostenlosem Depot und simpler Preisstruktur hat sich der oberfränkische Discountbroker Flatex in den letzten Jahren zur Branchengröße aufgeschwungen. Dass die Anteilseigner der börsennotierten Flatex AG höhere Renditen erwarten, ist eine Sache. Die Reaktion der Kunden auf die massive Preiserhöhung ist die andere. Wie finanzen.net von Brancheninsidern erfahren hat, stapeln sich bei zahlreichen Wettbewerbern derzeit die Depotanträge wechselwilliger Flatex-Kunden.
Auch bei finanzen.net Brokerage, dem Wertpapierhandelsangebot, das finanzen.net in Kooperation mit der Comdirect anbietet, schlagen derzeit weit mehr Neukunden auf als üblich. Einiges deutet daher darauf hin, dass der Onlinebroker Flatex mit der "Abschaffung des kostenlosen Depots" (Wirtschaftswoche, Ausgabe 22.12.2019) den Bogen überspannt haben könnte und tausende Kunden dem Onlinebroker den Rücken kehren. Da tröstet es auch nur wenig, dass ab März die Gebühren für Auslandsorders gesenkt und die Provisionen auf Dividendenzahlungen ausländischer Aktien abgeschafft werden sollen.
Ist auch Geld auf dem Verrechnungskonto betroffen?
Die neue Gebühr wird laut Preis-Leistungsverzeichnis nur auf verwahrte Wertpapiere berechnet, also auf Aktien, Fonds, Derivate oder Anleihen. Für Beträge, die auf dem Flatex-Cashkonto ruhen, berechnet Flatex weiterhin den bereits im Jahr 2017 eingeführten negativen Guthabenzins. Die Oberfranken hatten diesen erst mit Beginn des vierten Quartals 2019 von 0,4 % auf 0,5 % angehoben. Wer im Schnitt also 25.000 Euro auf dem Verrechnungskonto verwahrt, zahlt hierfür im Jahr Zinsen in Höhe von 125 Euro.
Gibt es Sonderregelungen für Kunden?
Der ein oder andere Flatex-Kunde mag sich die Frage stellen, ob der Broker langjährigen Bestandskunden Sonderkonditionen einräumt. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht. Auf Nachfrage teilt Flatex unserem Testkunden allerdings mit, dass man "einer Sonderkonditionierung [...] im Augenblick leider nicht entsprechen" könne.
Sind auch Degiro-Kunden von der Preisanpassung betroffen?
Mit der erst im Dezember verkündeten Übernahme der niederländischen DeGiro schwingt sich Flatex mit künftig mehr als einer Million Kunden zu den Schwergewichten der Branche auf. Kunden von Degiro sind derzeit nicht von der neuen prozentualen Depotgebühr betroffen. Anders sieht die Sache bei den Negativzinsen aus. Denn Kundengelder werden bei Degiro nicht auf einem Verrechnungskonto, sondern getrennt von der Bilanz auf einem Sammelkonto verwahrt und in Geldmarktfonds investiert. Da Geldmarktfonds auf EONIA-Basis derzeit mit negativen Renditen von zirka 0,45 % pro Jahr aufwarten, kompensiert Degiro diesen negativen Effekt - allerdings nur für die ersten 2.500 Euro. Auf Cashbestände von mehr als 2.500 Euro ergeben sich für Degiro-Kunden somit derzeit negative Renditen von etwa 0,45 Prozent.
Gib es Alternativen für Flatex-Kunden?
Nach der Preiserhöhung kehren auch ehemalige Fürsprecher dem Broker den Rücken. So hat das Verbraucherportal "Finanztip" am 10. Januar konstatiert, dass Flatex nun "keine Empfehlung mehr" sei. Die neue Gebühr "klinge erst einmal überschaubar, läppere sich aber mit der Zeit".
Anleger, die nach günstigen und transparenten Alternativen Ausschau halten, können im Depot-Vergleich auf finanzen.net die Konditionen führender Anbieter vergleichen. Einen ausführlichen Vergleich der Depotkosten verschiedener Banken finden Anleger auch in Ausgabe 11/2019 von Finanztest. Die Warentester haben 34 Filial- und Direktbanken verglichen und erhebliche Unterschiede bei Depot- und Ordergebühren ermittelt.1
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1) Quelle: Finanztest, Ausgabe 11/2019, abrufbar unter https://www.test.de/shop/finanztest-hefte/finanztest_11_2019/
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Bildquellen: Flatex