Interview

Deutsche Bank: Schlägt jetzt die Stunde der Schnäppchenjäger?

27.01.19 19:07 Uhr

Deutsche Bank: Schlägt jetzt die Stunde der Schnäppchenjäger? | finanzen.net

Die Deutsche Bank kommt nicht aus den Negativschlagzeilen. Zum Leid der Aktionäre, die allesamt auf hohen Verlusten sitzen. Schlägt jetzt die Stunde der Schnäppchenjäger? Wir haben Holger Steffen dazu befragt. Der Marktexperte erzielt seit 1999 im Schnitt mehr als 17 Prozent Rendite für seine Leser.

Werte in diesem Artikel
Aktien

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19.068,1 PKT 63,4 PKT 0,33%

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finanzen.net: Herr Steffen, nach einem miserablen Jahr 2018 liegt die Aktie der Deutschen Bank in diesem Jahr mit einer Performance von mehr als 10 Prozent bislang deutlich vor dem DAX. Könnte 2019 das Jahr der Deutschen Bank werden? Schlägt jetzt die Stunde der Schnäppchenjäger?

Holger Steffen: Das halten wir für eine gewagte Aussage. Die jüngsten Kursgewinne müssen zunächst einmal vor allem in Relation zu den Verlusten im Vorjahr gesehen werden. Die waren mit -56 Prozent nämlich extrem hoch. Insofern ist der erfreuliche Jahresstart bislang nur eine moderate Gegenbewegung.

finanzen.net: Trotzdem scheinen die Anleger im Moment wieder optimistischer auf deutsche Bankaktien zu blicken. Gibt es dafür gute Gründe?

Holger Steffen: Eine spannende Frage, und es läuft ein bisschen darauf hinaus, ob das Glas als halbvoll oder halbleer eingestuft wird. Grundsätzlich haben Finanztitel im laufenden Jahr davon profitiert, dass die bereits vermeldeten Geschäftsergebnisse von großen US-Banken bislang ordentlich ausgefallen sind. Für die deutschen Top-Institute bleiben die Rahmenbedingungen aber anspruchsvoll. Die zentralen Stichworte sind hier Niedrigzinsen und ein Schuldenproblem in der Eurozone sowie nicht zuletzt der intensive Wettbewerb in der Branche.

finanzen.net: Sie sprechen den Wettbewerb an. Zuletzt wurde erneut über eine Fusion der Deutschen Bank mit der Commerzbank spekuliert. Wie stufen Sie dieses Szenario ein?

Holger Steffen: Das ist richtig, auch das war ein Kurstreiber der jüngsten Zeit. Ob aus dem Zusammenschluss von zwei Instituten mit mehreren Baustellen ein starker Branchenplayer wird, muss allerdings bezweifelt werden. Letztlich wäre es eine defensive Lösung, die Verbesserungen vor allem auf der Kostenseite verspricht. Wachstumsimpulse würden bei dieser Fusion eher nicht im Vordergrund stehen.

finanzen.net: Aus ihren Worten spricht eine gehörige Portion Skepsis zur weiteren Entwicklung der Deutschen Bank. Sehen Sie trotzdem Chancen, dass die Aktie gerade eine nachhaltige Wende vollzogen hat?

Holger Steffen: (Lacht) Es ist in der Tat nicht ganz leicht, bullish für die Aktie der Deutschen Bank gestimmt zu sein. Das zeigen auch die Analysten­einschätzungen. Es gibt im Moment keine einzige Kaufempfehlung für die Deutsche Bank. Hier liegt aber auch eine Chance, denn offensichtlich ist das Sentiment schon sehr negativ, da sind positive Überraschungen leichter. Ein Pluspunkt ist auch die Bewertung. Trotz der wenig optimistischen Urteile über die Deutsche Bank liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2019 nach dem Konsens der Analysten nur knapp über 10. Noch krasser ist die Relation vom Marktwert zum Buchwert des Eigenkapitals. Einer Marktkapitalisierung von ca. 16 Mrd. Euro steht ein Buchwert des Eigenkapitals von 68,8 Mrd. Euro per Ende September 2018 gegenüber. Der Abschlag von mehr als 75 Prozent ist schon enorm.

finanzen.net: Wie erklären Sie sich die niedrige Bewertung?

Holger Steffen: Eine gute Frage, dafür gibt es sicher viele Gründe. Beschränken wir uns auf drei wichtige. Erstens - ich hatte das bereits erwähnt - wäre da das belastende Niedrigzinsumfeld in Europa. Ein Ende dieser Phase ist immer noch nicht absehbar. Zweitens war der geschäftliche Trend der Deutschen Bank in den letzten Jahren negativ. Vor allem im Investmentbanking wurden kontinuierlich Marktanteile verloren. Drittens ist weiter schwer kalkulierbar, welche Risiken in der mit fast 1,4 Billionen Euro immer noch aufgeblähten Bilanz schlummern. Vor allem, wenn es mal wieder zu einer größeren Krise kommt.

finanzen.net: Als Berater des Value-Stars-Deutschland-Index sind sie ein Spezialist für Value-Titel. Kommt die Deutsche Bank für ihr Portfolio in Frage?

Holger Steffen: Eher nicht. Keine Frage, die Bewertung wirkt attraktiv. Das Potenzial kann aber nur gehoben werden, wenn die Deutsche Bank eine nachhaltige und dynamische Trendwende im Kerngeschäft schafft. Da sind wir leider eher skeptisch. Zudem setzen wir eher auf Nebenwerte mit interessanten Einzelstories.

finanzen.net: Welche Aktien zählen Sie denn derzeit zu ihren Favoriten?

Holger Steffen: (Schmunzelt) Das führen wir natürlich ausführlich in unserer wöchentlichen Publikation, dem Anlegerbrief aus. Als kostenloses Angebot können Anleger das Portfolio aber auch einmal im Monat in unserem Newsletter einsehen. Generell sind wir aktuell etwas defensiver ausgerichtet, mit einem relativ hohen Gewicht auf substanzstarken Unternehmen mit einem robusten Geschäftsmodell auch in konjunkturell schwächeren Phasen. Der Titel mit dem höchsten Anteil am Value-Stars-Deutschland-Index ist derzeit beispielsweise 7C Solarparken, ein Solarpark­betreiber mit einem starken Track-Record. Im Schlussquartal 2018 sind auch Aktien von substanzstarken Unternehmen massiv verkauft worden, jetzt läuft aber ein Aufholprozess. Der bietet aus unserer Sicht immer noch attraktive Chancen.

finanzen.net: Herr Steffen, herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben.

 

Das Interview führte Volker Altvater von finanzen.net.

 

Über Holger Steffen

Holger Steffen von Anlegerbrief Research Holger Steffen verfügt über lang­jährige Erfahrung in der Unternehmens- und Kapital­markt­analyse. Der Analyst ist mitverant­wortlich für das Muster­depot des Anlegerbriefs, das seit Start im Jahr 1999 eine durch­schnittliche Jahres­rendite von 17,1 Prozent aufweist (Stand: 30.11.2018). Seit 2013 fungiert er mit der Anlegerbrief Research GmbH zudem als Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 81,3% verzeichnet hat (Stand 30.11.18).

Der gelernte Diplom-Kaufmann hat als wissen­schaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanz­wirtschaft der RWTH Aachen gearbeitet. Seit mehr als 15 Jahren ist Steffen in der Finanz­branche aktiv, sein Schwerpunkt liegt in der Unternehmens- und Kapital­markt­analyse. Der Analyst hat bereits zahlreiche Studien zu deutschen Nebenwerten verfasst und sich als Buchautor betätigt.

Hinweis: Die finanzen.net GmbH unterhält geschäftliche Verbindungen zur Anlegerbrief Research GmbH, dem Berater des Referenz­portfolios, und partizipiert an den Einnahmen aus der Verwaltungs­gebühr und der erfolgs­abhängigen Gebühr des Endlos-Zertifikats auf den Value-Stars-Deutschland-Index (WKN LS8VSD).

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Bildquellen: canadastock / Shutterstock.com

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