Zeitungsbericht

Strompreis: EU veranschlagt Preisobergrenze von 200 Euro je Megawattstunde - Zufallsgewinne sollen abgeschöpft werden

07.09.22 17:34 Uhr

Strompreis: EU veranschlagt Preisobergrenze von 200 Euro je Megawattstunde - Zufallsgewinne sollen abgeschöpft werden | finanzen.net

Die EU-Kommission arbeitet einem Zeitungsbericht zufolge an einer Obergrenze von 200 Euro pro Megawattstunde für den Preis von Strom, der von Nicht-Gasproduzenten erzeugt wird, als Teil der Bemühungen, die Energiekrise in der EU zu bekämpfen.

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Wie die Financial Times (FT) unter Berufung auf einen Entwurf berichtet, empfiehlt die EU-Kommission den Mitgliedstaaten, den Preis für Strom von Erzeugern wie Windparks, Atom- und Kohlekraftwerken, die alle durch den hohen Gaspreis bestimmt werden, auf 200 Euro pro Megawattstunde zu begrenzen.

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Der derzeitige Spotpreis für Strom in Deutschland, die regionale Benchmark, liegt bei über 450 Euro pro Megawattstunde. Die Großhandelspreise für Strom sind in die Höhe geschossen, weil sie an den Gaspreis gekoppelt sind, unabhängig davon, ob der Strom mit Gas oder auf andere Weise erzeugt wird. Im Vergleich zu den Durchschnittspreisen der letzten zehn Jahre sind die Gaspreise etwa zehnmal so hoch wie zuvor.

Die Kommission wollte sich laut FT zu den Informationen nicht äußern.

EU-Kommission will übermäßige Gewinne von Energiefirmen abschöpfen

Die EU-Kommission will Verbraucher mit Einnahmen aus übermäßigen Gewinnen von Energiefirmen entlasten. "CO2-arme Energiequellen machen derzeit Zufallsgewinne, die nicht ansatzweise ihre Produktionskosten widerspiegeln", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. "Wir wollen diese unerwarteten Gewinne umleiten, um besonders betroffene Haushalte und Betriebe bei der Anpassung zu unterstützen." Das Gleiche gelte für "Zufallsgewinne" von Unternehmen, die ihr Geschäft mit fossilen Brennstoffen machen.

Laut einem Gesetzentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sollten die Einnahmen vieler Erzeuger auf 200 Euro pro Megawattstunde begrenzt werden. Summen, die darüber hinausgehen, sollen etwa an Verbraucher umverteilt werden.

Derzeit wird der Strompreis in Europa überwiegend von teuren Gaskraftwerken bestimmt, die wegen der hohen Nachfrage zur Stromproduktion eingeschaltet werden. Wegen des Ukraine-Kriegs ist der Gaspreis stark gestiegen und die Lage auf dem Energiemarkt angespannt. Energiefirmen, die billiger Strom produzieren - etwa aus Wind, Sonne oder Atomkraft - machen große Gewinne.

Von der Leyen schlug als Mittel gegen hohe Strompreise vor, den Stromverbrauch in Zeiten hoher Nachfrage zu reduzieren und einen Preisdeckel für importiertes russisches Gas einzuführen. In dem Entwurf wird für Spitzenzeiten eine Verringerung um fünf Prozent vorgeschlagen. Als letzte Maßnahme nannte von der Leyen einen Preisdeckel für Importe von russischem Gas. Am Freitag wollen die EU-Energieminister über Notfallmaßnahmen wegen der stark gestiegenen Energiepreise beraten.

Deutschland und Österreich haben ähnliche Pläne für Strom

Auch in Deutschland sind Eingriffe in den Strommarkt geplant. Eine Maßnahme des dritten Entlastungspakets ist, dass für einen gewissen Basisverbrauch von Strom ein vergünstigter Preis gelten soll. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt. Finanziert werden soll die Preisbremse, indem übermäßige Gewinne auf dem Strommarkt abgeschöpft werden.

Im Nachbarland Österreich wurde eine Strompreisbremse am Mittwoch beschlossen. Die konservativ-grüne Koalitionsregierung will mit der Maßnahme mit einem Volumen von drei bis vier Milliarden Euro Durchschnittshaushalte um rund 500 Euro pro Jahr entlasten.

Putin kündigt Widerstand an und verweist auf Nord Stream 2

Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte unterdessen Widerstand für den Fall eines Gas-Preisdeckels an. "Wenn irgendwelche politische Entscheidungen getroffen werden, die den Verträgen widersprechen, werden wir sie einfach nicht erfüllen", sagte Putin beim 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok am Pazifik. "Wir werden überhaupt nichts liefern, wenn das unseren Interessen widerspricht (...). Weder Gas noch Öl noch Kohle werden wir liefern." Den Vorwurf, Russland setze Gas als Waffe ein, bezeichnete Putin als "Unsinn und Wahn".

Der Kreml-Chef bekräftigte, dass die Pipeline Nord Stream 2 bereit für die Inbetriebnahme sei. "Wir bauen nichts umsonst". Die Bundesregierung hatte das Genehmigungsverfahren für die Pipeline kurz vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gestoppt.

Der russische Staatskonzern GAZPROM hatte am Samstag nach einer planmäßigen Wartung der Turbine die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 nach Europa nicht wieder aufgenommen. Der Konzern begründete das mit technischen Problemen, die angeblich aufgrund der Sanktionen nicht zu beheben seien. Wegen des Krieges versucht Deutschland die Abhängigkeit von russischen Gas zu senken.

Auch der tschechische Industrie- und Handelsminister Jozef Sikela lehnt einen Preisdeckel auf Gasimporte aus Russland ab. "Nach meiner Einschätzung ist das kein konstruktiver Vorschlag", sagte der konservative Politiker nach Angaben der Agentur CTK in Prag. "Das ist eher eine weitere Variante der Sanktionen gegen Russland als eine aktuelle Lösung der Energiekrise in Europa."

Wandel in der deutschen Stromproduktion

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte am Mittwoch Zahlen zur Stromproduktion in Deutschland: In der ersten Jahreshälfte stammte fast ein Drittel des erzeugten Stroms auf Kohlekraftwerken. Der Anteil des fossilen Energieträgers kletterte gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 4,3 Punkte.

Auch Windkraft und Photovoltaik legten deutlich zu, sodass sämtliche erneuerbaren Energieträger zusammen auf einen Anteil von 48,5 Prozent

kamen (1. Jahreshälfte 2021: 43,8 Prozent). Die Verstromung von teurem Gas fiel um 2,7 Punkte auf einen Anteil von 11,7 Prozent.

Insgesamt stieg die im Inland produzierte und ins Netz eingespeiste Strommenge in der Jahresfrist um 1,3 Prozent auf 263,2 Milliarden Kilowattstunden. Es wurde erneut deutlich mehr Strom exportiert als importiert.

BRÜSSEL (Dow Jones / dpa-AFX)

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