Nach Nord Stream-Sabotage: Folgt ein Anschlag auf Europas Unterwasser-Datenkabel?
Nach der Sabotage der Nord-Stream-Pipelines stellt sich die Frage, wie sicher die Unterwasser-Infrastrukturen Europas sind.
Werte in diesem Artikel
• Nord-Stream-Pipelines: Vier Gaslecks in schwedischer und dänischer Wirtschaftszone
• Unterwasser-Infrastrukturen lassen sich nur schwer überwachen
• Sabotage oder Zerstörung einiger Unterwasser-Datenkabel wäre zwar ein Problem, aber keine Katastrophe
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Erst kürzlich wurden insgesamt vier Lecks an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 entdeckt. Alle vier Lecks befinden sich nahegelegen der dänischen Insel Bornholm. Zwei der Lecks sollen sich dabei in der dänischen Wirtschaftszone befunden haben, die anderen beiden in der schwedischen Wirtschaftszone. Obwohl die beiden Leitungen nicht in Betrieb waren, sind sie aus technischen Gründen dennoch mit Gas gefüllt gewesen, welches nach Entstehung der Lecks in die Ostsee ausgetreten ist. Mittlerweile sei der Gasaustritt jedoch weitestgehend versiegt. Einem dänisch-schwedischen Bericht für den UN-Sicherheitsrat zufolge sollen Unterwasser-Explosionen mit einer Sprengkraft wie durch "Hunderte Kilo" Sprengstoff der Grund für die Lecks der Pipelines gewesen sein, so n-tv. Wer für die Sabotage verantwortlich ist, wurde bis dato noch nicht geklärt, jedoch erheben sowohl Russland als auch die westlichen Länder gegenseitige Anschuldigungen.
Wie sicher sind Europas Unterwasser-Datenkabel?
Nach der Sabotage der Pipelines ist die allgemeine Aufmerksamkeit nun auf die Unterwasserwelt gerichtet. Denn am Meeresgrund liegen wichtige Infrastrukturen für die Welt, die Angriffen gegenüber nahezu hilflos ausgeliefert sind, da sie sich auf dem Meeresboden, in internationalen Gewässern und teilweise in einer Tiefe von mehreren tausend Metern nur schwer überwachen lassen. Ein anderes attraktives Ziel für weitere Sabotagen könnten die Unterwasser-Datenkabel sein, wie die Neue Züricher Zeitung erklärt. Von diesen Kabeln hängt die gesamte Internetverbindung der Welt und damit auch ein großer Teil der globalen Kommunikation ab. Grund dafür ist, dass Kabelverbindungen deutlich schneller und kostengünstiger sind als die Alternative über Satelliten.
Bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine war die größte Befürchtung jedoch nicht, dass die Datenkabel sabotiert werden, sondern ob der Datenverkehr ausspioniert werde. In der Vergangenheit haben bereits die Staaten USA und Großbritannien bewiesen, dass sie die Fähigkeit besitzen, Unterseekabel auszuspionieren. Und auch Russlands Interesse an der Kabelinfrastruktur scheint in den letzten Jahren größer geworden zu sein. Demnach habe Russland seine Atom-U-Boote für Spionagezwecke umgerüstet, mit denen in über 1.000 Metern Tiefe Datenkabel manipuliert oder Abhöreinrichtungen installiert werden können. In den letzten beiden Jahren sollen russische U-Boote vor allem in den Gewässern rund um Großbritannien und Irland aufgetaucht sein, wo sich die transatlantischen Datenkabel für die Kommunikation zwischen Europa und Nordamerika befinden.
Was passiert, wenn Datenkabel angegriffen werden?
Ein Unterwasser-Datenkabel zu sabotieren oder zu zerstören ist zunächst nicht sehr schwer, wie Collin Wall, Forscher am Center for Strategic and International Studies (CSIS) laut der Neuen Züricher Zeitung erklärt. Für Europa seien dabei vor allem die transatlantischen Datenkabel nach Nordamerika von großer Bedeutung, da Europa von diesen Verbindungen abhängig ist. Grund dafür ist, dass der Großteil der europäischen Daten in Rechenzentren in den USA gespeichert ist. Außerdem seien auch viele Online-Dienste, die in Europa genutzt werden, in den USA ansässig. Dennoch sei die Internetverbindung nicht so einfach zu unterbrechen, da es bei den Unterwasserkabeln zwischen Europa und den USA eine "große Redundanz" gebe. Das erklärt David Belson von dem Netzwerkanbieter Cloudflare gegenüber der Neuen Züricher Zeitung. Insgesamt gebe es zwischen Europa und den USA mehr als ein Dutzend Unterseekabel. "Werden eines oder zwei davon gekappt, würde man das vermutlich in Form eines kurzen Unterbruchs bemerken", erklärt Belson weiter. Außerdem gebe es genügend alternative Routen in die USA, darunter zum Beispiel über Afrika oder Asien. "Der Verlust von einigen Kabeln wäre ein Problem, aber keine Katastrophe", so Belson.
E. Schmal / Redaktion finanzen.net
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