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Nach Wartung: Durch Pipeline Nord Stream 1 fließt wieder Gas - Mengen im Plan

21.07.22 15:58 Uhr

Nach Wartung: Durch Pipeline Nord Stream 1 fließt wieder Gas - Mengen im Plan | finanzen.net

Russland liefert wieder Gas durch die Pipeline Nord Stream 1.

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Netzdaten vom Donnerstagmorgen lassen darauf schließen, dass die angekündigten Mengen nach der Wartung der Ostsee-Leitung eingehalten werden - das Hochfahren in den ersten Betriebsstunden verläuft nach Angaben des Betreibers bisher jedenfalls nach Plan.

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Zwischen 7.00 und 8.00 Uhr floss laut der Nord Stream AG Erdgas, das einer Energie von mehr als 29,28 Gigawattstunden (GWh) entsprach. Das war in etwa so viel, wie das Unternehmen zuvor zugesagt hatte. In der darauffolgenden Stunde nahm der Wert nochmals leicht auf knapp 29,3 GWh zu und überstieg auch den für diesen Zeitraum geplanten Umfang. Zahlen von beiden Empfangspunkten im vorpommerschen Lubmin zeigten, dass die Werte von 9.00 bis 10.00 Uhr in etwa konstant blieben.

In der ersten Stunde des Gastages, also zwischen 6.00 und 7.00 Uhr, war das Niveau wegen des Hochlaufs noch unterhalb der Ankündigung geblieben. Ein Nord-Stream-Sprecher erklärte, diese Differenz werde mit Mengen verrechnet, die vor den Arbeiten vor anderthalb Wochen beim Herunterfahren noch nach dem eigentlichen Lieferstopp anfielen. Bis die volle Transportleistung erreicht sei, werde es etwas dauern.

Nord Stream teilte am Vormittag dann auch offiziell mit, man habe "alle geplanten Wartungsarbeiten innerhalb des vorgesehenen Zeitraums erfolgreich abgeschlossen". Die Lieferungen seien wieder aufgenommen worden. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass die Pipeline - wie vor der Unterbrechung - zunächst zu etwa 40 Prozent ausgelastet wird.

Dies entspräche einem täglichen Gasvolumen von gut 67 Millionen Kubikmetern oder einer Energie von etwa 700 GWh. Vor dem Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine und den nachfolgenden Sanktionen des Westens gegen die Russische Föderation waren zum Beispiel im Dezember pro Tag noch bis zu 167 Millionen Kubikmeter Gas durch die Leitung gekommen, bei einer Gesamtenergie von bis zu 1755 GWh.

Es war befürchtet worden, Moskau könnte nach der zehntägigen Wartung den Gashahn komplett zulassen und so die Energiekrise weiter verschärfen. Mehrere europäische Länder hatten im Anschluss an die Sanktionsverhängung weniger oder teils gar kein Erdgas mehr erhalten.

Die Liefermenge in den kommenden Monaten dürfte große Auswirkungen auf die deutsche Industrie, aber auch auf Privatkunden haben, weil sie sich aller Voraussicht nach auf die Gaspreise niederschlägt. Sie könnte auch ausschlaggebend dafür sein, wie weit Deutschland seine Gasspeicher vor der kalten Jahreszeit auffüllen kann und ob es zu einer Mangellage kommt. Kremlchef Wladimir Putin hatte in der Nacht zum Mittwoch vor einer Drosselung Ende Juli gewarnt und technische Gründe angeführt. Die Bundesregierung hält diese für vorgeschoben.

Den letzten Speicherstand für die gesamte Bundesrepublik gab die Datenbank des Netzwerks Gas Infrastructure Europe für Dienstag (19. Juli) mit rund 65,1 Prozent an. Im größten deutschen Speicher im niedersächsischen Rehden waren es nur knapp 34,7 Prozent.

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er sehe trotz der Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen durch Nord Stream 1 noch keinen Grund zur Entwarnung. Wenn in den nächsten Wochen etwa 40 Prozent der Kapazitäten der Pipeline ausgelastet würden, wären die schlimmsten Befürchtungen zwar nicht bestätigt. Aber Putin habe unlängst Aussagen getroffen, die auf ein Absinken in Richtung 20 Prozent hindeuten könnten. "Wir sind Russland momentan ausgeliefert, weil sie darüber entscheiden, wie viel Gas Nord Stream 1 an uns weiterleitet", so Müller. Umso wichtiger seien daher Einsparungen und der Bezug aus anderen Quellen.

Bei ihren Prognoseberechnungen geht die Bundesnetzagentur von einem durchschnittlichen Winter 2022/23 aus. Sie nimmt außerdem an, dass die ersten eigenen Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) an der Nordsee ab Januar 2023 einsatzbereit sind. Falls der Winter jedoch kalt werde und die Terminals nicht schnell genug in Betrieb gehen sollten, "müsste das durch zusätzliche Einsparungen kompensiert werden, um eine Gasmangellage zu vermeiden beziehungsweise zu niedrige Füllstände im Frühjahr zu vermeiden", warnte Müller.

Auch bei anderen Gasabnehmern deutete sich am Donnerstag zumindest vorläufig etwas Entspannung an. Der italienische Versorger Eni teilte mit, Russlands Energieriese GAZPROM habe ihm eine Erhöhung der täglichen Mengen angekündigt. Italien ist ebenfalls stark abhängig von dem Energierohstoff - vor dem Krieg kamen knapp 40 Prozent der Importe aus Russland. In Deutschland entfiel über lange Zeit mehr als die Hälfte des gesamten Gasverbrauchs auf russische Quellen.

Bundesnetzagentur sieht keine Entwarnung

Trotz der Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 sieht der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, keine Entwarnung. Wenn in den nächsten Wochen etwa 40 Prozent der Kapazitäten der Pipeline ausgelastet werden, dann wären die schlimmsten Befürchtungen zwar nicht bestätigt, sagte Müller am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist nicht das schlimmste Szenario eingetreten, aber von Entwarnung kann ich noch nicht reden."

Müller gab zu bedenken, dass Russlands Präsident Wladimir Putin unlängst Aussagen gemacht habe, die auf eine Drosselung auf 20 Prozent hindeuten könnten. "Wir sind Russland momentan ausgeliefert, weil sie darüber entscheiden, wie viel Gas Nord Stream 1 an uns weiterleitet." Umso wichtiger seien Einsparungen und der Bezug aus anderen Quellen.

Nach zehntägigen Wartungsarbeiten war der Fluss von russischem Gas am Donnerstagmorgen wieder gestartet worden. Allerdings wird noch längst nicht die komplette Kapazität genutzt, sondern nur etwa 40 Prozent davon. "Auch bei einem Niveau von 40 Prozent müssen wir erhebliche Anstrengungen unternehmen, um gut über den ersten Winter zu kommen", sagte Behördenchef Müller. Zudem müsse man bei den Gasspeicher-Füllständen schon jetzt an den Winter 2023/24 denken.

Bei ihren Prognoseberechnungen geht die Bundesnetzagentur von einem durchschnittlichen Winter 2022/23 aus und davon, dass die neuen Flüssiggas-Terminals an der Nordsee ab Januar 2023 einsatzbereit sind. Wenn aber der Winter kalt werde und die Terminals nicht schnell genug in Betrieb genommen werden, "müsste das durch zusätzliche Einsparungen kompensiert werden, um eine Gasmangellage zu vermeiden beziehungsweise zu niedrige Füllstände im Frühjahr zu vermeiden", so Müller.

Auch wegen des warmen Sommers komme man bei den Gaseinsparungen derzeit voran - Deutschland habe "signifikant Gas eingespart". Aber: "Das Harte ist der Herbst und der Winter", sagte der Behördenchef. "Dann geht es um die realen Verbräuche, dann müssen die Massen eingespart werden."

Gasbranche: Weiter "angespannte Lage" nach Anlaufen von Nord Stream 1

Die deutsche Gasbranche hält ein rechtzeitiges Auffüllen der Speicher zum Winter nach dem Wiederanlaufen von Nord Stream 1 für möglich, weist jedoch auf anhaltende Risiken hin. "Mit den reduzierten Gasmengen aus Russland können die angestrebten Füllstände erreicht werden, die Lage auf dem Gasmarkt bleibt aber angespannt", sagte der Vorstand des Verbands Zukunft Gas, Timm Kehler, am Donnerstag. Deutschland müsse Energie sparen und den Betrieb der ersten LNG-Terminals als Lieferalternative sichern, "damit wir den Winter unter den aktuellen Annahmen gut überstehen".

Insgesamt sehe sich die Gasindustrie auch nach dem Ende der Wartung der Ostsee-Pipeline großen Herausforderungen gegenüber. "Um das Gassystem wieder zu entlasten, müssen die schwimmenden LNG-Terminals bald in Betrieb gehen und Genehmigungen für die stationären Anlagen, die ab 2026 verfügbar sein werden, erteilt werden", forderte Kehler.

Zum Jahreswechsel sollen in Wilhelmshaven und Brunsbüttel die ersten Anlandestellen verflüssigtes Erdgas (LNG) aufnehmen - zunächst auf Spezialschiffen. Kehler glaubt: "Durch Beschaffung über LNG-Terminals wird uns mittelfristig wieder ausreichend Gas zur Verfügung stehen, was dann auch zu einem niedrigeren Preisniveau führen wird."

BERLIN / LUBMIN (dpa-AFX)

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