Rally bei Erdgas: Was dahintersteckt, wie Anleger handeln sollten
Die Preise in Europa und den USA explodieren, Stromkunden drohen Tariferhöhungen. Was hinter der Explosion der Gaspreise steckt, wie es weitergeht.
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von Julia Groß, Euro am Sonntag
Nachdem im Frühjahr der nordamerikanische Gaspreis zu einem bis heute andauernden Höhenflug startete, ist inzwischen auch sein europäisches Pendant im Rally-Modus. Im Jahresverlauf hat sich der Preis des Energierohstoffs auf dieser Seite des Atlantiks bereits mehr als verdreifacht.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Die Folgen sind teilweise dramatisch: In Großbritannien, wo Gas der meistgenutzte Brennstoff für die Stromerzeugung ist, haben bereits mehrere kleine Versorger Konkurs angemeldet, weil sie die Preissteigerungen nicht eins zu eins an Kunden weitergeben können. Große Energielieferanten rufen jetzt nach Staatshilfen, weil sie den Kundenstamm der Pleitiers übernehmen sollen. Für diese Nutzer müssten sie Gas zu den aktuellen hohen Preisen einkaufen, während sie die üblichen Verbrauchsmengen ihrer Altkunden gegen höhere Weltmarktpreise abgesichert haben.
Unterdessen wurde aus Daten zur Pipeline-Nutzung zu Wochenbeginn bekannt, dass die russische Gazprom auch im Oktober eher weniger als mehr Gas nach Europa liefern will. Damit zerschlägt sich die Hoffnung, dass die Russen mit der Fertigstellung der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 ihr Angebot erhöhen.
Wetterextreme machen Probleme
Die Engpässe dürften sich noch verschärfen. Weltweit kaufen Kunden aus Asien, wo die Konjunkturerholung früher einsetzte als anderswo, den Flüssiggasmarkt leer. Auch in den USA gibt es seit Monaten kaum Entspannung. Dort nahm die Knappheit mit Wetterextremen ihren Anfang: Bei einem Kälteeinbruch in Texas wurden Anlagen beschädigt, die Hitzewelle im Nordwesten ließ die Gasvorräte schrumpfen. Dabei spielte nicht nur die hohe Stromnachfrage zur Kühlung eine Rolle, sondern auch die verminderte Erzeugung von Strom aus Wasserkraft - viele amerikanische Stauseen führen zu wenig Wasser für einen vollen Kraftwerksbetrieb. Von Hurrikan Ida verursachte Schäden bei Gasproduzenten sorgten dafür, dass die Lager nur sehr langsam wieder aufgefüllt werden können. Dazu kommt: Nordamerikas Fracking-Firmen, die die Region jahrelang mit Erdgas als Nebenprodukt ihrer Ölbohraktivitäten geflutet haben, fahren ihre Produktion trotz der großen Nachfrage nicht hoch. Die Zahl der Förderanlagen hat sich seit Frühling praktisch nicht verändert, trotz der deutlich gestiegenen Preise.
Preisniveau sorgt für Nervosität
Vieles hängt nun davon ab, wann der Wintereinbruch kommt und wie kalt die Jahreszeit wird. Auf dem derzeitigen Niveau sind kräftige Preisausschläge in beide Richtungen denkbar. Mittelfristig rechnet beispielsweise die Bank of Montreal (BMO) mit einem leichten Rückgang der Preise: "Wir erwarten nicht, dass das aktuelle Preisniveau längere Zeit erhalten bleibt. Allerdings rechnen wir auch nicht damit, dass Erdgas wieder so billig wie vor der Pandemie wird."
Der US-Erdgas-ETC von Wisdomtree (ISIN: DE 000 A0K RJ3 6), den die Redaktion Anfang Juli empfohlen hat, ist seitdem rund 30 Prozent teurer geworden. Wer investiert ist, sollte dabeibleiben, sich aber möglichst mit Stoppkursen absichern. Nur Anleger mit sehr starken Nerven steigen jetzt noch in den ETC ein.
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