Milliarden-Ersparnis für EU durch vermiedene Gasimporte - Gasversorgung wohl auch im nächsten Winter sicher
Durch mehr Strom aus Wind- und Solarkraft hat die EU einer Untersuchung zufolge seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zwölf Milliarden Euro für Gasimporte einsparen können.
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"Dank wachsender Kapazitäten und günstiger Wetterbedingungen haben Wind- und Solarenergie seit Beginn des Krieges eine Rekordmenge an EU-Strom produziert", heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Analyse der Denkfabrik Ember Climate.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Von März 2022 bis Ende Januar produzierte die EU der Denkfabrik zufolge zehn Prozent mehr Wind- und Solarstrom als im gleichen Zeitraum von 2021 bis 2022. Somit sei mehr als ein Fünftel (23 Prozent) des Stroms in der EU aus Solar- und Windkraft gekommen und damit anteilig so viel wie noch nie. Insgesamt seien zusätzlich 50 Terawattstunden Strom erzeugt worden. Für die gleiche Menge hätte die EU dem Bericht zufolge 90 Terawattstunden Gas importieren müssen, die zwölf Milliarden Euro gekostet hätten. Die Denkfabrik legt dafür eigenen Angaben zufolge Durchschnittspreise aus dem Untersuchungszeitraum zugrunde.
Insgesamt gingen die Gasimporte in die EU der Analyse zufolge um fünf Prozent zurück. Russisches Gas mache 16 Prozent der Importe aus, vor der Invasion in die Ukraine seien es noch 40 Prozent gewesen. Fossile Brennstoffe durch Wind- und Solarenergie zu ersetzen, sei die einzige Möglichkeit für die EU, "dauerhafte Energiesicherheit und Unabhängigkeit zu erreichen", heißt es in der Schlussfolgerung des Berichts.
DIW hält Gasversorgung auch im nächsten Winter für gesichert
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält die Gasversorgung ein Jahr nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine für gesichert.
"Auch für den Winter 2023/24 ist nicht mit Engpässen zu rechnen", heißt es in einer der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorliegenden Studie. "Allerdings bleiben Einsparbemühungen von Industrie und Haushalten wichtig." Im wahrscheinlichsten Szenario könnte Deutschland demnach ein Angebot von rund 87 Milliarden Kubikmetern in diesem Jahr ausreichen, sollte zugleich die Nachfrage um zwölf Prozent niedriger ausfallen als im Schnitt der Jahre 2018 bis 2021.
Würden die Importkapazitäten in Deutschland bei Flüssigerdgas (LNG) zu 95 Prozent ausgelastet, könnte das Angebot mit insgesamt rund 94 Milliarden Kubikmetern sogar etwa auf dem Niveau der vergangenen Jahre gehalten werden. "Dafür müsste Deutschland ausreichend LNG-Lieferungen auf dem Weltmarkt sichern, was in diesem Umfang eine Herausforderung für die deutschen Importeure ist", so das DIW. Sie hätten allerdings keine Langfristverträge für LNG-Lieferungen und seien auf kurzfristige Lieferungen vom Spotmarkt angewiesen. "Die Weltmarktpreise könnten aufgrund der gestiegenen Nachfrage in China wieder anziehen."
Im vergangenen Jahr seien noch 31 Milliarden Kubikmeter an russischen Erdgasexporten in Deutschland angekommen, die nun wegfallen. Dafür stünden mit den LNG-Terminals in Belgien und den Niederlanden sowie den schwimmenden Anlagen in Deutschland ausreichend Importkapazitäten für LNG zur Verfügung, um auch eine steigende Nachfrage in Deutschland decken zu können. "Insbesondere durch eine höhere Zahlungsbereitschaft als in anderen Weltregionen wie Asien kann das gelingen", so das DIW.
"UMWANDLUNG STOPPEN"
Wegen der verbesserten Gasversorgung spricht sich das Institut für einen Stopp der Umwandlung von schwimmenden in feste LNG-Terminals aus. "Angesichts der großen Unsicherheiten bezüglich der Erdgasversorgung im Frühling 2022 war es rational, dass die deutsche Energiepolitik sich für die Option von schwimmenden Flüssiggasterminals einsetzte", heißt es in der Studie. Dies habe jedoch dazu geführt, dass die Gaswirtschaft diese Chance zum Bau von Projekten weit jenseits der absehbar sinnvollen Mengen genutzt habe. "Daher ist es höchste Zeit, die Umwandlung von schwimmenden in feste Terminals zu stoppen und die Verstetigung der LNG-Importe zu verhindern", so die Berliner Forscherinnen und Forscher.
Schließlich steige Deutschland mittelfristig aus der Nutzung von fossilem Erdgas aus. Die Verbrennung von Erdgas steigere die CO2-Emissionen. Zudem entstünden bei der Förderung und dem Transport von Erdgas weitere umweltschädliche Emissionen, insbesondere von Methan. "Methan ist in der mittleren Frist - etwa 20 Jahre - 87 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid", betonte das DIW. "Daher muss auf dem Weg zu Klimaneutralität auch die Verbrennung von Erdgas beendet werden." In Deutschland dürfte dies in optimistischeren Klimaschutzszenarien in den späten 2030er Jahren der Fall sein.
BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX/Reuters)
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