Scholz: Energiepreisbremsen laufen zum Jahresende aus
Angesichts gestiegener Energiepreise haben sich Millionen Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr finanziell überfordert gefühlt.
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5,5 Millionen Menschen lebten in Haushalten, die nach eigener Einschätzung ihr Haus oder ihre Wohnung aus Geldmangel nicht angemessen heizen konnten. Das betraf rund 6,6 Prozent der Bevölkerung, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Damit habe sich der Anteil zum Vorjahr 2021 (3,3 Prozent) verdoppelt. Nach dem Karlsruher Urteil zur Einhaltung der Schuldenbremse will die Bundesregierung die Strom- und Gaspreisbremsen nun drei Monate früher auslaufen lassen als zunächst geplant - und verweist auf deutlich gesunkene Energiepreise.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Dienstag im Bundestag in einer Regierungserklärung zur Haushaltskrise, die Energiepreisbremsen könnten zum Jahreswechsel beendet werden. Er nannte als Grund, überall in Deutschland seien wieder Strom- und Gastarife verfügbar, die zwar deutlich höher lägen als vor der Krise - aber meist unterhalb der Obergrenzen der Preisbremsen und ebenfalls spürbar unter den Preisen im vergangenen Herbst und Winter.
Die Gasspeicher seien so gut gefüllt, "dass wir nicht mit plötzlichen Preissprüngen rechnen müssen", sagte Scholz. "Klar ist aber auch: Sollten die Preise für Energie dennoch erneut unerwartet dramatisch steigen, sind wir jederzeit in der Lage, kurzfristig handeln."
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisierte das frühere Ende der Preisbremsen. Die Kehrtwende der Bundesregierung koste Verbraucher viel Geld. "Wer zum Beispiel im März dieses Jahres einen teuren Energievertrag abschließen musste, steckt auch über den Jahreswechsel hinaus in der Mindestvertragslaufzeit fest", machte Verbandschefin Ramona Pop deutlich. Vor allem Haushalte mit geringem Einkommen dürfen deshalb im Winter nicht in finanzielle Not geraten. Die Regierung müsse jetzt auf andere Weise Verbraucher gezielt entlasten.
Alleinerziehende besonders betroffen
Als Grund für den gewachsenen Anteil der Menschen, die nach eigener Einschätzung 2022 nicht angemessen heizen konnte, sehen die Statistiker höhere Energiepreise im Zuge des Ukraine-Kriegs. Besonders häufig waren hierzulande demnach Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten betroffen: Gut 14 Prozent von ihnen gaben an, ihre Wohnung aus Geldmangel nicht angemessen heizen zu können. Auch Personen in Haushalten aus zwei Erwachsenen und mindestens drei Kindern (9,7 Prozent) sowie Alleinlebende (7,3 Prozent) waren überdurchschnittlich häufig betroffen.
Die Angaben basieren auf der EU-weiten Statistik zu Einkommen und Lebensbedingungen, eine amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen in den EU-Mitgliedsstaaten. Die Einschätzung zur Angemessenheit des Heizens liege im Ermessen der Befragten, erläuterten das Statistische Bundesamt. Es habe keine Einschränkung wie einen Temperaturkorridor bei der Befragung gegeben. In Deutschland nahmen demnach rund 74 000 Menschen teil.
Die Preisbremsen sollten eigentlich bis Ende März gelten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts gesagt, zum 31. Dezember werde der Wirtschaftsstabilisierungsfonds geschlossen - daraus werden die Preisbremsen finanziert. Die nötigen Kredite für 2023 sollen nun per Nachtragshaushalt abgesichert werden.
Tarife für Neukunden unterhalb der Preisbremsen
Die Bremsen für Strom und Gas waren im März eingeführt worden und galten rückwirkend auch für Januar und Februar. Sie sollten Verbraucher vor einer Überforderung durch gestiegene Energiekosten infolge des Ukraine-Kriegs bewahren. Die Preise wurden für 80 Prozent des Verbrauchs von Privathaushalten gedeckelt - für Strom bei 40 Cent und für Gas bei 12 Cent je Kilowattstunde. Scholz sagte im Bundestag, die Regierung habe Millionen Bürgerinnen und Bürgern und vielen Betrieben durch die enorm schwierige Zeit geholfen.
Wenn die Preisbremsen auslaufen, müssen die Verbraucher nach Berechnungen von Vergleichsportalen im Durchschnitt nur noch mit vergleichsweise geringen Mehrkosten rechnen. Das gilt allerdings nicht für diejenigen, die noch vertraglich an einen hohen Tarif gebunden sind.
Die Preise für Neukunden lägen seit Monaten flächendeckend unterhalb der Preisbremsen und seien derzeit so günstig wie zuletzt im Oktober 2021, berichtete das Portal Verivox. Gas koste derzeit im Bundesschnitt 8,4 Cent je Kilowattstunde und Strom 28,8 Cent. Allerdings sei das Preisniveau aktuell beim Gas beinahe doppelt so hoch wie vor der Krise (plus 85 Prozent), die Strompreise lägen noch rund 15 Prozent darüber.
Deutschland schneidet besser ab als EU-Durchschnitt
Bei der finanziellen Überforderung bei Heizkosten liegt Deutschland mit einem Bevölkerungsanteil von 6,6 Prozent indes deutlich unter dem EU-Durchschnitt: In der Europäischen Union waren 2022 rund 9,3 Prozent der Bevölkerung nach eigener Einschätzung finanziell nicht in der Lage, ihre Wohnung oder ihr Haus angemessen warmzuhalten - 2021 waren es noch 6,9 Prozent. Am häufigsten gaben Menschen in Bulgarien an, ihren Wohnraum nicht angemessen heizen zu können: Dort war gut jeder Fünfte (22,5 Prozent) betroffen. Es folgten Zypern (19,2) und Griechenland (18,7). Am niedrigsten war der Anteil in Finnland (1,4 Prozent) sowie in Luxemburg (2,1) und Slowenien (2,6).
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WIESBADEN (dpa-AFX)
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