Blei mit erheblichem Abwärtspotenzial
Zu den ganz großen Gewinnern innerhalb des Rohstoff-Segments gehörten im laufenden Jahr zweifellos die Metalle.
Ausgehend von den Tiefstständen haben sich die die Notierungen teilweise mehr als verdoppelt. Blei erfuhr sogar annähernd eine Kurs-Verdreifachung. Auf dem mittlerweile erreichten Niveau ist unserer Einschätzung nach jedoch größte Vorsicht hinsichtlich Long-Engagements geboten. Vielmehr sollten Anleger nach einem geeigneten Zeitpunkt Ausschau halten, um auf fallende Preise zu spekulieren.
Kurs-Rallye fundamental unbegründet
Denn im Wesentlichen dürfte die bemerkenswert dynamische Aufwärtsbewegung ihre Ursache in dem generell außerordentlich freundlichen Gesamtmarktumfeld bei Rohwaren sowie in der erkennbaren US-Dollar-Schwäche gehabt haben. Diese Faktoten könnten kurz- bis mittelfristig noch erhalten bleiben und die Notierungen noch ein wenig nach oben treiben. Auf Sicht von mehreren Monaten werden sich allerdings die Fundamentaldaten durchsetzen und diese sehen bei Blei alles andere als „bullish“ aus. Von daher kommen wir nicht umhin festzustellen, dass die „Rallye“ bei dem giftigen Schwermetall unter Angebot/Nachfrage-Gesichtspunkten nur schwerlich zu rechtfertigen ist.
Lagerbestände verzeichnen massiven Anstieg
Überdeutlich wird das, wenn man sich die Lagerbestände an der London Metal Exchange ansieht: Lagen diese Ende 2007 bei lediglich 20.000 Tonnen, befinden sich aktuell rund 130.000 Tonnen des Metalls in den Londoner Hallen. Allein seit Anfang 2009 haben sich die Vorräte von unter 60.000 Tonnen mehr als verdoppelt. Dass die Kurse im gleichen Zeitraum ebenfalls um gut 100 Prozent nach oben schossen, ist primär der Enge des Markts sowie aggressiven Spekulationen geschuldet. Fast die Hälfte der Gesamtbestände an der London Metal Exchange werden von einem einzigen Marktteilnehmer kontrolliert. Diese Konzentration macht die Notierungen überaus anfällig für Übertreibungen. Und an der Börse ist es ein offenes Geheimnis, dass derartige „Blasen“ über kurz oder lang abgebaut werden. In jedem Fall mutet die Kursentwicklung bei Blei unter Berücksichtigung der Entwicklung der Lagerbestände wie ein schlechter Scherz an.
Angebotsüberschuss auch in 2010
Gerechtfertigt wird die Blei-Hausse immer wieder mit der Erwartung einer massiven globalen Konjunktur-Erholung und einem daraus resultierenden signifikanten Nachfrage-Überhang. An diesem Argument ist unzweifelhaft etwas Wahres dran, nur sollte man nicht vergessen, dass der Markt bereits 2008 einen Angebots-Überschuss von 19.000 Tonnen aufwies. Im laufenden Jahr dürfte sich dieser signifikant erhöhen und auch für 2010 gehen wir davon aus, dass weltweit mehr Blei gefördert wird als benötigt. Außer im Bereich der (Auto)-Batterien ist das Schwermetall wegen seiner hoch giftigen Wirkung größtenteils substituiert und auch wenn die PKW-Zulassungszahlen in den boomenden asiatischen Schwellenländern unverändert stark steigen, wachsen die Bäume in diesem Bereich auch nicht in den Himmel. Die Befürchtungen, dass im „Reich der Mitte“ eine nennenswerte Zahl von Blei-Schmelzen geschlossen wird, nachdem es zu Vergiftungen bei Kindern gekommen war, können wir nicht wirklich teilen. China hat in der Vergangenheit mehr als einmal gezeigt, dass Wirtschaftswachstum ganz eindeutig Priorität vor Umweltschutz und/oder Gesundheit genießt. Sollte darüber hinaus in absehbarer Zeit eine Möglichkeit gefunden werden, den Bleianteil in Batterien zu reduzieren oder gar zu ersetzen, droht dem Markt der absolute Kollaps. Aber selbst wenn es dazu nicht kommen sollte, sind die gegenwärtigen Notierungen jenseits von Gut und Böse. Eine deftige Korrektur ist somit wohl nur eine Frage der Zeit.
Charttechnik: Doppel-Top spricht für fallende Notierungen
Und das dieser Zeitpunkt unmittelbar bevorsteht, impliziert die technische Ausgangssituation. Im Bereich zwischen 2.400 und 2.450 US-Dollar je Tonne hat sich ein sichtbares Doppel-Top gebildet, welches für gewöhnlich fallende Notierungen impliziert. Auf Grund der jüngsten Rücksetzer generieren wichtige Indikatoren wie der MACD und vor allem die Stochastik glasklare Verkaufssignale. Zudem ist auch der RSI mittlerweile im Fallen begriffen, wenngleich er noch im „bullishen“ Bereich liegt. Positiv ist zu werten, dass der Aufwärtstrend seit Jahresbeginn nach wie vor intakt ist und bislang die wichtige Unterstützung bei knapp 2.200 US-Dollar (noch) nicht unterschritten wurde. Sobald dies allerdings geschieht, ist mit weiteren Abgaben zu rechnen. Aus technischer Sicht sollten bei einem Bruch des genannten Supports Short-Positionen ernsthaft in Betracht gezogen werden.
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter: www.rohstoff-trader.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.