Immobilien: Zeit zu verkaufen
Warum verschuldet man sich für eine vermietete Immobilie? Schließlich ist diese Anlageform nicht liquide und eben immobil, also fest an einen Standort gebunden.
Von Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG, Traunstein
Es sind Investoren, die an die Substanz, die Wertsteigerung und eine feste Mieteinnahme glauben. Ich bin kein wirklicher Immobilienexperte. Gewisse Grundregeln, die für den Aktien- und Rentenmärkte gelten, dürften aber auch für den Immobilienmarkt nicht ganz falsch sein.
Aktien, die im Verhältnis zum erwirtschafteten Gewinn sehr teuer sind, müssen diese Bewertung durch ein starkes Gewinnwachstum rechtfertigen. Enttäuscht das Unternehmen bei Wachstum und Gewinn, bricht sein Aktienkurs ein. Im langfristigen Schnitt sind Aktien etwa mit dem 15-fachen des Jahresgewinnes bewertet. US-Aktien sind meist etwas teurer, europäische Börsen und Schwellenländermärkte immer etwas günstiger bewertet. Aktuell müssen Aktionäre für US-Aktien wesentlich mehr bezahlen. Europas Aktienmarkt liegt am langfristigen Durchschnitt und Schwellenländer sind im historischen Vergleich relativ billig.
Wohnimmobilien kosten in den sieben größten deutschen Städten im langjährigen Durchschnitt etwas das 22-fache der Jahresmiete. Laut dem jüngsten Bundesbankbericht müssen Käufer aktuell etwa die 27-fache Jahresmiete bezahlten. Jedoch liegen die aktuellen Zinskosten so niedrig wie nie zuvor - bei nur noch ein bis zwei Prozent.
Preisrisiken überwiegen bei Immobilien
Nobelpreisträger Shiller hat in wissenschaftlichen Studien bewiesen, dass alle Vermögensgegenstände zum langfristigen Bewertungsdurchschnitt zurückkommen. Auf lange Sicht wird die Wohnimmobilie bezogen auf den aktuellen Preis eine unterdurchschnittliche Rendite erzielen, denn in den kommenden zehn Jahren werden gerade die für die Immobilienfinanzierung wichtigen Langfristzinsen steigen. Der Preis der Anlageimmobilie könnte somit in Kombination mit politischen und demographischen Veränderungen nicht mehr weiter steigen, evtl. sogar fallen, selbst bei permanenter Vollvermietung.
Wer also eine Anlageimmobilie seit mehr als zehn Jahren sein Eigen nennt, der sollte sich einen Verkauf der Immobilie überlegen. Denn ab einer Haltedauer der Immobilie von mindestens zehn Jahren ist der Wertzuwachs sogar steuerfrei. Bei der Überlegung, wie der Erlös langfristig wieder inflationsgeschützt angelegt werden kann, kommt man nicht an der Aktie vorbei. Europäische Spitzenunternehmen sind fair bewertet, das gilt für die meisten Firmen der ersten, als auch für die zweite Reihe.
Aktien: Wertverdoppelung in zehn Jahren realistisch
Für einen Korb von fair bewerteten Märkten kann der Anleger auf lange Sicht die Durchschnittsrendite des Aktienmarktes erwarten. Diese liegt bei etwa sieben bis acht Prozent. Das würde auf Sicht von zehn Jahren eine Verdoppelung des aktuell investierten Kapitals bedeuten. Zwar gibt es dafür keine Garantie, doch sprechen aktuell wesentlich mehr Gründe für Aktien als für die Anlageimmobilie, wenn es um die Altersvorsorge geht. Die Unsicherheit beim künftigen Wert und dem Ertrag einer Anlageimmobilie ist hoch.
Würde man den gleichen Multiplikator für den DAX ansetzen, wie es für den deutschen Wohnimmobilienmarkt gilt, dann würde der deutsche Leitindex bei 20.000 Punkten notieren. Eine Verdoppelung der Aktienpreise der deutschen und europäischen Unternehmen ist bei Reinvestition der Dividenden und Erträge bis 2025 mehr als realistisch. Das gilt auch bei steigenden Zinsen. Denn die aktuelle Bewertung berücksichtigt im Gegensatz zum Immobilienmarkt nicht die niedrigen Zinsen. Selbst ein Zinsniveau von drei bis vier Prozent würde die aktuellen Kurse in Europa noch rechtfertigen. Also ist für 2017 und folgende Jahre noch Luft nach oben.
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