Für Studenten: Die reine Geldlehre
Im Herbst starten wieder zigtausende Abiturienten mit ihrer Unilaufbahn. €uro am Sonntag zeigt, was das Studieren kostet und worauf Studenten in Finanzdingen achten sollten.
von C. Aliprandi und J. Schweizer, Euro am Sonntag
Timon kann es kaum erwarten, dass das Studium beginnt. Schon lange spielt der 18-Jährige regelmäßig Theater an der Freilichtbühne seiner Heimatstadt Ingolstadt. Nach einigem Abwägen und viel Zuspruch von Lehrern und Freunden hat er sich entschlossen, Darstellende Kunst zu studieren. Timon hat sich, um seine Chancen zu erhöhen, in München, Leipzig und Stuttgart beworben. Noch wartet er gespannt, denn die Auswahlverfahren dauern.
Abseits des Wartens plant er bereits seinen Umzug. Dieser Schritt stellt nicht nur ihn, sondern auch viele seiner Altersgenossen vor große Herausforderungen. Laut den deutschen Studentenwerken starten in diesem Wintersemester wieder mehrere Hunderttausend Studenten ihre akademische Laufbahn. Mehr als die Hälfte davon zieht es weg von zu Hause in eine fremde Stadt. Das wichtigste Thema dort: Wo wohnen? Doch damit ist es nicht getan. Wer plötzlich auf eigenen Beinen steht und einen eigenen Haushalt führt, braucht auch Versicherungen und muss sich Gedanken machen, wie er sein Studentenleben finanziert.
Timon verschafft sich erst einmal einen Überblick. Jedes Jahr veröffentlicht das Bundesbildungsministerium die Studie „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland“. Sie zeigt unter anderem die Unterschiede der Mieten in den Städten Deutschlands. Während in Köln ein Student im Schnitt 359 Euro allein an Miete berappen muss, zahlt ein Dresdner Student monatlich gerade einmal 247 Euro. Häufig ist es schwer, überhaupt eine Bleibe zu finden: „In überlaufenen Städten wie Freiburg kommt es teilweise zu WG-Castings mit mehr als 50 Bewerbern“, sagt Anna Tenberg vom Allgemeinen Studierendenausschuss der Freiburger Uni. Plätze in Studentenwohnheimen sind besonders begehrt — sie sind günstig und meist nah an der Uni. Wer nicht ein bis zwei Semester im Voraus mit der Suche beginnt, hat in vielen Städten keine Chance auf einen Platz im Wohnheim. Die Studie zeigt auch: Die Miete macht für Studenten die größten Unterschiede in den Lebensunterhaltskosten aus.
Kredite nimmt kaum einer
So ist es kaum verwunderlich, dass nur die wenigsten Studenten ohne jede finanzielle Unterstützung auskommen. 87 Prozent der Jungakademiker werden von ihren Eltern unterstützt. Jeder Vierte erhält BAföG, im Schnitt 443 Euro. Nur sechs Prozent haben sich für einen Studienkredit entschieden. Rund zwei Drittel arbeiten neben dem Studium und verdienen dabei durchschnittlich 323 Euro pro Monat. Der deutsche Durchschnittsstudent hat monatlich 864 Euro zur Verfügung.
Laut Volkmar Thom, Geschäftsführer des Studentenwerks Halle, ist der eigene Job nach dem Elternunterhalt die wichtigste Quelle der Studienfinanzierung.
Timons Eltern wollen ihm das Kindergeld, das sie für ihn bekommen, als zusätzliches Taschengeld geben. Diese 184 Euro erhalten seine Eltern, bis er 26 Jahre alt wird. Beim BAföG muss Timon noch prüfen, wie viel er tatsächlich bekommen kann. Denn das Ob und Wie viel hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab (siehe unten). Doch selbst wenn er den BAföG-Höchstsatz von 597 Euro bekommen sollte, deckt das seine Studentenkosten noch nicht komplett. Diese veranschlagt Timon gemäß der Studie mit 850 Euro im Monat. Je nach Studienort kann es etwas mehr oder etwas weniger sein.
Der verpflichtende Semesterbeitrag variiert von Uni zu Uni. Er liegt zwischen ein paar und einigen Hundert Euro fürs Halbjahr. Grund für diese Differenz: In den Semesterbeiträgen einiger Unis ist ein Semesterticket für den öffentlichen Nahverkehr enthalten.
Zuletzt erkundigt sich Timon, wie er sich versichern muss. Bei der Krankenkasse erfährt er, dass er bei seinen Eltern mitversichert ist. Erst wenn er im Monat über 450 Euro verdient, geht das nicht mehr. Dann wären mindestens 64,77 Euro für die Krankenversicherung und 13 Euro für die Pflegeversicherung fällig.
Nach Absagen aus Stuttgart und Leipzig bekommt Timon einen Studienplatz in München. Obwohl München ein teures Pflaster ist, freut er sich. Denn für die ersten Monate kann er bei seiner älteren Schwester wohnen, die in München arbeitet. Das schafft Zeit, den Münchner WG-Markt zu sondieren.
Von Bafög bis Vorsorge
BAföG Unterstützung nach dem „Bundesausbildungsförderungsgesetz“ (BAföG) gibt es nur, wenn der Student und dessen Eltern die Ausbildung nicht aus eigener Kraft zahlen können. Hintergrund: Da ein Studium oder eine Ausbildung als Vollzeitjob gesehen werden können, ist es nicht jedem Studenten oder Auszubildenden möglich, genug Geld für Verpflegung, Miete und Arbeitsmaterialien zu erarbeiten. Die BAföG-Höhe variiert von Fall zu Fall. Beispielsweise spielen die Wohn- und Versicherungsverhältnisse sowie Einkommen und Vermögen der Eltern und des Studenten eine große Rolle. Der Höchstsatz beträgt 597 Euro. Achtung: Das Vermögen des Antragstellers darf nicht höher als 5.200 Euro sein und sein Monatseinkommen nicht höher als 406 Euro. Außerdem wird niemand, der über 30 Jahre alt ist, berücksichtigt. BAföG-Empfänger müssen zudem nachweisen, dass sie „etwas für die Ausbildung oder das Studium tun“, selbst wenn es nur die Suche danach ist. So kann man beispielsweise noch bis zum zweiten Semester relativ problemlos den Studiengang wechseln. Ab dem vierten Semester muss aber ein „unausweichlicher“ Grund für den Fachwechsel nachgewiesen werden.
BAföG-Empfänger sind verpflichtet, die Hälfte des bezogenen Geldes zurückzuzahlen, höchstens aber 10.000 Euro. Dafür hat jeder ab der letzten Zahlung 20 Jahre Zeit und muss pro Monat mindestens 105 Euro zurückzahlen.
Steuern Wer Geld ausgibt, um sich aus- und weiterzubilden, wird vom Fiskus gefördert. Aber es gibt Unterschiede: Wer sich im Erststudium befindet, kann auf einen Abzug der Kosten als Sonderausgaben bis zu 6.000 Euro hoffen. Wichtig ist allerdings, dass sämtliche Rechnungen und Quittungen gesammelt werden, da alles nachgewiesen werden muss.
Studenten mit abgeschlossener Berufsausbildung, solche, die berufsbegleitend studieren, Studenten im Zweitstudium (dazu zählen auch Masterstudenten und Doktoranden) können ihre Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Diese Verluste mindern künftige Steuern. Wer also 10.000 Euro Verlust macht und später 50 000 Euro verdient, muss nur 40 000 Euro versteuern. Darunter fallen zum Beispiel Kosten für Unterkunft und Reisen oder auch für das Studium benötigte Arbeitsmittel.
Studienkredite Eine weitere Möglichkeit, ein Studium zu finanzieren, ist ein Studienkredit. Dieser ist sinnvoll für Studierende, die kein BAföG bekommen oder keine Zeit (mehr) für einen Nebenjob haben. Der KfW-Studienkredit der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) richtet sich an Studenten im Erst- und Zweitstudium zwischen 18 und 44 Jahren. Der effektive Jahreszins beträgt 3,28 Prozent und der monatliche Auszahlungsbetrag ist zwischen 100 und 600 Euro frei wählbar. Die Finanzierung erfolgt ohne Sicherheiten und ist unabhängig vom Einkommen. Der KfW-Studienkredit kann flexibel und moderat getilgt und mit anderen Förderprogrammen wie BAföG kombiniert werden. Darüber hinaus gibt es den KfW-Bildungskredit mit 1,44 Prozent Effektivzins, aber maximal 300 Euro monatlicher Auszahlung. Beide Kredite werden über Banken und Sparkassen vertrieben. Einige Banken wie etwa die Deutsche Bank bieten eigene Studienkredite an.
Versicherungen Haftpflicht- und Krankenversicherung sind unverzichtbar, doch in vielen Fällen sind Studenten, zumindest diejenigen, die direkt nach dem Abitur loslegen, bei den Eltern mitversichert. Bei der Haftpflichtversicherung gilt dieser Schutz über die Police der Eltern sogar bis Studienende. Wer vor dem Studium bereits eine Ausbildung absolviert hat, muss sich um eine eigene Police kümmern.
Bei der Krankenversicherung gibt es einen Unterschied zwischen gesetzlich und privat Versicherten. Während gesetzlich versicherte Studenten bis zum 25. Lebensjahr bei den Eltern mitversichert sind, brauchen Privatversicherte eine eigene Police.
Zudem ist es sinnvoll, bereits eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abzuschließen. Hintergrund: Über die staatliche Erwerbsminderungsrente sind Studenten bei Krankheit oder Unfall so gut wie gar nicht abgesichert. Zudem sind junge Menschen in der Regel gesünder und zahlen folglich geringere Prämien. Bei dem Berufsbild, das versichert werden soll, sollten Studierende den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses angestrebten Beruf absichern. In guten Policen kann bei bestimmten Ereignissen wie Beförderungen oder Heirat die BU-Rente nachträglich erhöht werden.
Vorsorge Wer als Student Geld übrig hat, kann bereits während des Studiums anfangen, Geld für das Alter zurückzulegen. Hierfür eignen sich insbesondere günstige Sparpläne auf Fonds, Aktien oder ETFs.