Steuerrecht bald noch komplizierter
Aus der angedachten Steuerreform wird angesichts der jüngsten Vorschläge aus der Regierung wohl nur ein Steuerreförmchen. An eine wirkungsvolle Vereinfachung des Steuersystems traut sich Berlin nicht ran. Wie diese aussehen könnte, zeigt Gastautor Michael Bormann auf.
von Michael Bormann, Gastautor
Für sich genommen sind der geplante Bürokratieabbau für Unternehmen oder die Anhebung der Werbungskostenpauschale von 920 auf 1000 Euro Schritte in die richtige Richtung. Im Zentrum einer Vereinfachung des deutschen Steuersystems müsste aber die Umsatzsteuer stehen. Sie ist quasi der Prüfstein für die Regierung in Berlin, ob sie zu einer spürbaren Vereinfachung des Steuersystems in der Lage ist. Allerdings ist sogar eine weitere Verkomplizierung des Steuersystems zu befürchten. Denn SPD und Grüne fordern die Einführung einer Finanztransaktionsteuer – quasi einer Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte. Dieser ist auch die Regierung nicht abgeneigt.
Grundsätzlich ist die Umsatzsteuer die einfachste und zugleich wichtigste Einnahmequelle des Staates. Mehr als jeder dritte Steuereuro, den Bund, Länder und Gemeinden einnehmen, stammt aus der Umsatzsteuer. Die im Ursprung simple Steuer ist zugleich ein anschauliches Beispiel dafür, wie (unnötig) kompliziert das deutsche Steuersystem mittlerweile geworden ist. Bei fast 60 Produktgruppen und Dienstleistungen gilt nämlich statt des vollen Satzes von 19 Prozent nur der ermäßigte Tarif von sieben Prozent. So werden etwa Hamburger, die bei McDonald’s verzehrt werden, mit 19 Prozent Umsatzsteuer belegt. Nimmt der Kunde das Bulettenbrötchen aber mit, wird nur der ermäßigte Satz von sieben Prozent fällig.
Einfachere Umsatzsteuer politisch kaum durchsetzbar
Am einfachsten wäre es, die ermäßigten Mehrwertsteuersätze ganz zu streichen. Dann könnte die Umsatzsteuer generell aufkommensneutral, also ohne Einbußen für den Staat, aber auch ohne Mehrbelastungen für den Bürger, einheitlich um zwei bis drei Prozentpunkte gesenkt werden. Die Unternehmen würden durch eine Vereinheitlichung zusätzlich entlastet, da erheblicher bürokratischer Aufwand entfiele. Ob eine solche Vereinfachung gegen den Widerstand der verschiedenen Lobbygruppen politisch durchsetzbar ist, scheint allerdings fraglich. Zwar ist dem Gesetzgeber mit der Abgeltungsteuer zumindest auf den ersten Blick eine Blaupause für eine einfache Steuer gelungen – flat 25 Prozent auf realisierte Kursgewinne bei Aktien, Anleihen oder Derivaten und Zinsen. Doch im Gespräch ist seit geraumer Zeit eine Ergänzung (Verkomplizierung) durch eine sogenannte Finanztransaktionsteuer.
Ziel ist es, vor allem die Banken an der Beseitigung der Folgen der Finanzmarktkrise zu beteiligen. Angedacht ist ein Satz von 0,05 Prozent auf börsliche und außerbörsliche Finanztransaktionen.
Finanztransaktionsteuern funktionieren nur beschränkt
Neben umfangreichen Mehreinnahmen für den Bund erhofft man sich von einer Finanztransaktionsteuer vor allem an den Derivatemärkten eine Eindämmung der spekulativen Wetten, da sich die Transaktionskosten verteuern würden. Allerdings widersprechen sich die Ziele in sich. Finden weniger kurzfristig orientierte Transaktionen an den Derivatemärkten statt, fallen auch die Steuereinnahmen aus einer möglichen Finanztransaktionsteuer geringer aus. Zudem ist zu erwarten, dass vor allem die Profis schnell und wirksam Wege entdecken und entwickeln, eine solche Steuer zu umgehen.
In was für einem Desaster die Einführung einer neuen Steuer enden kann, zeigte sich eindrücklich am Beispiel Schweden. Vor 25 Jahren führten die Skandinavier eine Börsenumsatzsteuer ein. Der Staat versprach sich Einnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Schwedischer Kronen. Tatsächlich kamen allerdings nur 50 Millionen Kronen zustande. Der Grund: Der Handel mit festverzinslichen Wertpapieren sank um 85 Prozent, der mit Futures und Optionen brach in Schweden fast vollständig ein. 1992 wurde die Steuer wieder abgeschafft.
Vielleicht wäre die einfachste und tatsächlich auch umsetzbare Steuervereinfachung folgende: Einfach einmal zwei Jahre lang keine neuen Steueränderungsgesetze erlassen.
Michael Bormann
bdp Bormann
Demant & Partner
Der Steuerberater und promovierte Betriebswirt ist Gründungspartner von bdp Bormann Demant & Partner. Bormann ist spezialisiert auf die Themen Kapitalbeschaffung, M & A und Sanierung. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt rund 100 Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und sonstige Mitarbeiter. Die Sozietät ist bundesweit tätig.