Steuern und Abgaben: Damit müssen Sie 2011 rechnen
Ab Januar kommen auf Angestellte, Verbraucher und Rentner viele Änderungen zu. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.
von Claudia Marwede-Dengg, Euro am Sonntag
Neues Jahr, alte Rituale. Zwar werden Bundesbürger ab 2011 den Sparkurs und die Schuldenbremse der Bundesregierung nur moderat in ihrer Geldbörse spüren. Dafür verschlechtert sich die Leistung. Die 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung müssen höhere Beiträge schultern und eine schlechtere medizinische Versorgung schlucken. Kürzungen müssen auch junge Eltern beim Elterngeld hinnehmen. Sparen können viele Steuerpflichtige bestenfalls Zeit. Wer nicht mit einer Erstattung rechnet, kann alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben.
Steuern. Ab 2011 erweitert sich die Zuständigkeit der Finanzämter. Sie sind für die Verwaltung sämtlicher steuerrelevanter Daten zuständig. Wer beispielsweise seine Freibeträge auf der Lohnsteuerkarte ändern oder neu eintragen lassen will, muss dies jetzt bei seinem Finanzamt beantragen und nicht mehr bei der Gemeindeverwaltung. Wer keine Lust hat, sich jedes Jahr mit seiner Einkommensteuererklärung abzugeben, der kann ab 2011 auf einen Zweijahresturnus umsteigen. Das gilt zumindest für Arbeitnehmer sowie Rentner und Pensionäre. Eine Festlegung ist damit nicht verbunden. Die Entscheidung kann jederzeit durch Abgabe einer jährlichen Einkommensteuererklärung rückgängig gemacht werden. Da allerdings 95 Prozent aller Steuerpflichtigen Geld vom Fiskus zurückbekommen, lohnt sich das nur für das Finanzamt.
Eingetragene Lebenspartnerschaften sind vom kommenden Jahr an im Erbschaft-, Schenkung- und Grunderwerbrecht mit Ehepaaren gleichgestellt. Das gilt auch für gleichgeschlechtliche Paare. Damit erhalten sie im Erbfall die vorteilhafte Steuerklasse 1 mit hohen Freibeträgen und günstigen Steuertarifen. Außerdem fällt bei Grundstücksübertragungen keine Grunderwerbsteuer mehr an.Der Arbeitnehmerpauschbetrag steigt von 920 auf 1000 Euro. Wer höhere Werbungskosten hat, kommt weiterhin nicht um die Sammlung von Einzelnachweisen herum. Verbindliche Auskünfte des Fiskus sind nur noch dann gebührenpflichtig, wenn es sich um wesentliche und aufwendige Fälle handelt. Als Bagatellgrenze gilt hier künftig ein Betrag von 10 000 Euro.
Immobilienkäufern drohen höhere Kaufnebenkosten. Einige Bundesländer haben angekündigt, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Im Saarland steigt der Satz von 3,5 auf vier Prozent. In Bremen und Niedersachsen müssen Käufer deutlich tiefer in die Tasche greifen, denn hier klettert der Satz von 3,5 auf 4,5 Prozent. Am kräftigsten langt Brandenburg mit fünf Prozent zu.
Eltern. Bei den Kosten für Kinderbetreuung wird steuerlich nicht mehr unterschieden, ob diese Kosten durch Berufstätigkeit bedingt oder privat veranlasst sind. Bei volljährigen Kindern im Studium oder in der Berufsausbildung verzichtet der Fiskus künftig auf eine Einkommensprüfung, wenn es darum geht, Kindergeld oder Kinderfreibeträge zu gewähren. Damit müssen Eltern nicht mehr sämtliche Einkünfte ihrer Kinder detailliert auflisten. Für gut verdienende Erwerbstätige reduziert sich das Elterngeld. Mütter oder Väter, deren Durchschnittseinkommen vor der Geburt des Kindes bei mehr als 1240 Euro im Monat lag, erhalten für die Zeit der Betreuung nicht mehr maximal 67 Prozent des letzten Nettogehalts, sondern nur noch 65 Prozent. Der Höchstbetrag von 1800 Euro bleibt. Für Topverdiener mit mehr als 250 000 Euro Einkommen, bei Verheirateten verdoppelt sich der Betrag, entfällt das Elterngeld ebenso wie für Hartz-IV-Empfänger.
Krankenversicherung. Da Löhne und Gehälter in der Wirtschaftskrise leicht gesunken sind, fällt erstmals für Versicherte die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) leicht von 3750 Euro auf 3712,50 Euro pro Monat beziehungsweise von 45 000 auf 44 500 Euro im Jahr. Unterm Strich bringt das allerdings keine Ersparnis, denn gleichzeitig werden die Beitragssätze wieder auf das Vorkrisenniveau angehoben. Der allgemeine Beitragssatz klettert von 14,9 auf 15,5 Prozent und damit der GKV- Höchstsatz wieder von 558,75 auf 575,44 Euro. Der ermäßigte Beitragssatz steigt von 14,3 auf 14,9 Prozent. Die Versicherten tragen wie bisher einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent allein aus eigener Tasche. Den restlichen Beitragssatz von 14,6 Prozent teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. Der Arbeitgeberanteil wird allerdings bei 7,3 Prozent eingefroren. Wenn die Kassen Zusatzbeiträge verlangen, müssen die Versicherten diese künftig allein leisten. Die Regelung gilt entsprechend auch für Rentner und Rentenversicherungsträger.
Der Zusatzbeitrag, mit dem die gesetzlichen Krankenkassen ihre Kosten auf die Versicherten umlegen, wird ab 2011 einkommensunabhängig und ohne feste Obergrenze erhoben. Macht der Zusatzbeitrag mehr aus als zwei Prozent vom beitragspflichtigen Einkommen des Versicherten, erhält dieser einen Ausgleich. Kleiner Trost: Zusatzbeiträge sind in voller Höhe steuerlich absetzbar. Wer sich als GKV-Versicherter von seinem Arzt auf Rechnung behandeln lässt und die Kosten mit seiner Krankenkasse abrechnet, ist nur noch drei Monate gebunden. Bisher war die Entscheidung für die Kostenerstattung ein Jahr lang bindend. Außerdem können GKV-Versicherte ab 2011 auch teurere Medikamente bekommen, wenn sie die Mehrkosten selbst tragen.
Für Besserverdiener wird der Wechsel in die private Krankenversicherung (PKV) gleich in doppelter Hinsicht einfacher. Zum einen sinkt die Versicherungspflichtgrenze, bis zu der man in der GKV pflichtversichert ist, um 450 Euro auf 49 500 Euro pro Jahr oder 4125 Euro im Monat. Zum anderen können Versicherte, die mit dem Bruttogehalt darüber liegen, schon nach einem Jahr in die PKV wechseln und nicht mehr wie bisher nach drei aufeinanderfolgenden Jahren.
Verbraucher. Wer ab 15. Januar mit der EC-Karte an einem fremden Geldautomaten Bares ziehen möchte, wird per Anzeige im Gerätedisplay über die Abhebegebühr informiert. Grund: Der Kunde muss künftig die angezeigte Gebühr komplett selbst tragen, denn die Kosten werden mit dem ausgezahlten Betrag verrechnet und das Girokonto damit belastet.
Spareinlagen sind ab 2011 bis zu 100 000 Euro gesetzlich gesichert. Außerdem erhalten Anleger im Insolvenzfall ihr Geld innerhalb von 30 Arbeitstagen zurück. Vorausgesetzt, das Geld wurde in Euro oder in einer anderen EU-Währung auf einem Einlagenkonto angelegt.
Bereits vom 30. Dezember dieses Jahres an müssen Stromversorger neben ihren üblichen Tarifen eine neue Alternative anbieten. Diese soll zum Energiesparen anregen oder dazu beitragen, den Stromverbrauch von verbrauchsstarken in verbrauchsschwächere und damit kostengünstigere Zeiten zu verlagern. Ein solcher Tarifwechsel dürfte sich für die meisten Bundesbürger lohnen, denn insgesamt wird Strom um einiges teurer. Etliche Versorger haben Preiserhöhungen angekündigt, die im ungünstigsten Fall bis zu 14,4 Prozent betragen können. Hauptgrund ist die nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) festgesetzte Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien, die um mehr als 70 Prozent von 2,047 Cent auf 3,53 Cent steigt. Das EEG verpflichtet die Netzbetreiber dazu, Strom aus alternativen Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser in ihr Netz einzuspeisen und dafür einen Festpreis zu bezahlen, der deutlich über dem Marktpreis liegt.
Rente, Vorsorge, Versicherung. Für Ostdeutschland steigt die Beitragsbemessungsgrenze, die Einkommensschwelle, bis zu der Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung erhoben werden, sinkt um 1800 Euro auf 57 600 Euro im Jahr oder 4800 Euro monatlich. In den alten Bundesländern bleibt die Grenze wie bisher bei 66 000 Euro im Jahr beziehungsweise 5500 Euro im Monat.
Bei der Arbeitslosenversicherung erhöht sich der Beitragssatz von derzeit 2,8 auf 3,0 Prozent. Auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber entfällt jeweils 0,1 Prozent, da sich beide den Beitrag teilen. Der Anteil der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, den Arbeitnehmer im Rahmen des Sonderausgabenabzugs steuerlich absetzen können, steigt auf 72 Prozent oder 14 400 beziehungsweise 28 800 Euro. Da der Arbeitgeberanteil dagegengerechnet wird, verbleibt unterm Strich ein Arbeitnehmeranteil von 44 Prozent. Bis 2025 steigt der absetzbare Höchstbetrag auf 100 Prozent. Selbstständige, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung oder in ein berufsständisches Versorgungswerk einzahlen, können ebenfalls bis zu 72 Prozent oder 14 400 Euro als Sonderausgaben absetzen, wenn sie entsprechende Beiträge in eine Rürup- oder Basisrente einzahlen. Für Ehepaare gilt auch hier der doppelte Betrag.
Wer 2011 in Rente geht, hat weniger Freude an der Rentenerhöhung als „Alt-Rentner“. Aufgrund der seit 2005 gültigen Rentenbesteuerung muss er nämlich 62 Prozent seiner Altersbezüge versteuern. Das gilt für Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus berufsständischen Versorgungswerken und – theoretisch – aus Basisrentenverträgen. Auch Langzeitarbeitslose spüren die Rotstiftaktion. Für Hartz-IV-Empfänger zahlt die Regierung keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung. Damit spart die Bundesregierung rund zwei Milliarden Euro im Jahr. Den Betroffenen entgeht ein späterer Rentenanspruch von monatlich 2,09 Euro.