Pfändungsschutz

Pfändungsrecht: Zugriff verboten dank neuem P-Konto

27.11.10 06:00 Uhr

Das neue Pfändungsrecht verbessert die Situation privater Schuldner. Leider nutzen einige Banken die Neuregelung für hohe Gebühren aus.

von Claudia Marwede-Dengg

Die deutsche Wirtschaft wächst kräftig, die Zahl der Arbeitslosen ist niedrig wie schon lange nicht mehr. Doch auf der anderen Seite steigt die Zahl der Verbraucher, die in ernsten finanziellen Schwierigkeiten stecken. Allein im August dieses Jahres meldeten 9543 Verbraucher Privatinsolvenz an. Das sind laut Statistischem Bundesamt rund 20 Prozent mehr als im August des Krisenjahres 2009. Laut der Auskunftei Creditreform wird dieser Trend auch in den kommenden Jahren anhalten. Das neue Pfändungsrecht ist da ein Lichtblick, es macht klammen Bürgern vieles leichter, wenn sie wissen, wie.

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Seit dem 1. Juli sind jedem Bürger pro Monat 985,15 Euro sicher. Auch Selbstständige und Freiberufler kommen in den Genuss des automatischen Pfändungsschutzes. Bisher hatten diese Gruppen schlechte Karten, da nur Arbeitslohn und Sozialleistungen geschützt werden konnten, aber keine sonstigen Einkünfte. Nun gilt: Jeder kann sein Girokonto in ein Pfändungssicherungskonto, kurz P-Konto, umwandeln und es wie gewohnt weiterführen.

Der Freibetrag kann noch wachsen: Muss der Kontoinhaber für den Unterhalt von weiteren Personen aufkommen, erhöht sich dieser Betrag rasch um mehrere Hundert Euro. Kindergeld fällt ebenfalls unter den staatlichen Pfändungsschutz. Anders als früher, wo das Vollstreckungsgericht bemüht werden musste, reichen jetzt Nachweise des Arbeitgebers, der Familienkasse, der Sozialleistungsträger, von Rechtsanwälten und Steuerberatern sowie von anerkannten Schuldnerberatungsstellen für den Antrag zum P-Konto aus. In einer Übergangszeit bis Ende 2011 soll es den herkömmlichen Pfändungsschutz weiter geben.

Was großzügig klingt, gibt es jedoch nicht geschenkt. Bei den Kontoführungsgebühren schlagen die Banken zu. „Ein P-Konto kostet zwischen drei und sechs Euro mehr als ein normales Girokonto“, sagt Marion Schmidt von der Schuldner- und Insolvenzberatung der Verbraucherzentrale Hessen. Die Durchschnittskosten für ein P-Konto liegen laut Schmidt bei 9,90 Euro pro Monat. Und das in Zeiten, in denen kostenlose Girokonten nicht mehr nur eine Sache von Direktbanken sind.

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Frank Lackmann-Kemna, Jurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen, weiß von Gebühren von bis zu 30 Euro zu berichten. Auch wenn dies nur extreme Einzelfälle sind, stellen die Verbraucherschützer hohe Kontogebühren für Kunden, die ohnehin klamm sind, infrage. Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA), Deutschlands oberstes Bankengremium, begründet dies mit dem Verwaltungsaufwand, der seinen Mitgliedern durch die Neuregelung entsteht. Schließlich übernehme die betreuende Bank nun hoheitliche Aufgaben. „Bislang mussten gepfändete Kunden zum Amtsgericht gehen, dort waren ebenfalls Gebühren fällig“, heißt es beim ZKA.

Die Umwandlung des Kontos kostet dagegen nichts. Beim zeitlichen Ablauf hat der Gesetzgeber den Banken enge Grenzen gesetzt. Das Institut muss spätestens zu Beginn des vierten Geschäftstags das P-Konto eingerichtet haben, auch dann, wenn das Guthaben des Girokontos bereits gepfändet worden ist. Wer besonders schnell ist, kann sich noch einen weiteren Vorteil sichern: Ist die Umwandlung innerhalb von vier Wochen seit Eingang des Gerichtsbeschlusses bei der Bank abgeschlossen, wirkt der Schutz schon für den Monat der Pfändung.

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Pro Person darf immer nur ein P-Konto geführt werden. Für Ehepaare heißt dies, sie müssen sich – zumindest was das Konto anbelangt – trennen. Aus einem Konto werden zwei, die separat umgewandelt werden.

Wer die Umstellung seines Girokontos auf ein P-Konto beantragt, muss gleichzeitig auch versichern, dass er kein weiteres P-Konto führt. Die Bank ist berechtigt, sich bei der Schufa durch eine Anfrage zu vergewissern. Wer auffliegt, muss sich vor Gericht verantworten. Die Schufa darf im Übrigen die Daten, die sie im Rahmen der Missbrauchskontrolle von den Banken erhält, ausschließlich für die Auskunft in Sachen PKonto weitergeben. Geht es dagegen um die Beantwortung von Anfragen zur Kreditwürdigkeit oder um die Berechnung von Score-Werten, ist die Information zum P-Konto tabu und darf daher nicht genutzt werden.

Nach wie vor ungeklärt ist die sogenannte Monatsendproblematik. Hat der Inhaber eines P-Kontos seinen Freibetrag und eventuelle Zuschläge zum Monatsende erschöpft, können alle weiteren Einnahmen gepfändet werden. Unklar ist jedoch, was mit dem Gehalt für den kommenden Monat passiert, wenn das Geld bereits Ende des Vormonats eingeht. Dieses Gesetzeslücke „soll jedoch zum Jahresende geschlossen werden“, sagt Verbraucherschützer Lackmann- Kemna. Auskünfte, wie im Einzelfall verfahren wird, erteilt die Hausbank. Verbraucherschützer registrieren darüber hinaus immer wieder Probleme von P-Konto-Inhabern etwa bei Lastschriften oder Kreditkarten: Kinderkrankheiten eines ansonsten guten Gesetzes.