Graumarkt: Damit sich Ihr Geld nicht in Rauch auflöst

Das Kleinanlegerschutzgesetz soll Anleger mithilfe von Prospekten, Infoblättern und einem standardisierten Warnhinweis vor dubiosen Angeboten schützen. Doch es gibt Lücken.
von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag
Carsten Rodbertus liegt die Umwelt besonders am Herzen, der Anlegerschutz dagegen offenbar weniger. Dennoch wird das Kleinanlegerschutzgesetz, das diesen Juli nach und nach in Kraft tritt, stets mit Rodbertus und der von ihm gegründeten Prokon Regenerative Energien verbunden sein. Die Pleite dieser Firma sorgte dafür, dass der Anlegerschutz auf der Agenda der Verbraucherpolitiker ganz nach oben wanderte. Das neue Gesetz soll Pleiten wie die von Prokon verhindern. Dank flächendeckender Werbung etwa in S-Bahnen konnte das Unternehmen aus Itzehoe von rund 75.000 Anlegern etwa 1,4 Milliarden Euro einsammeln. Erst seit vergangener Woche können sich die Prokon-Investoren sicher sein, dass sie gut die Hälfte ihres Geldes wiedersehen.
Das Kleinanlegerschutzgesetz soll den gesamten Grauen Kapitalmarkt für Privatanleger sicherer machen. Bislang war dieser Teil des Finanzmarkts, der außerhalb von Börsen und Banken stattfindet, nur teilweise über das Vermögensanlagegesetz geregelt. Das Regelwerk aus dem Jahr 2012 verlangt, dass Anbieter von Geschlossenen Fonds und Genussscheinen einen Prospekt erstellen, den sie sich von der Finanzmarktaufsicht Bafin genehmigen lassen.
Diese Prospektpflicht gilt seit 1. Juli auch für weitere bislang gar nicht regulierte Produkte, bei denen es anders als etwa beim Festgeld keine Einlagensicherung gibt. Und bei deren Pleiten Privatanleger in der Regel als Letzte entschädigt werden. Das sind konkret partiarische, also gewinnabhängige, Darlehen, Nachrangdarlehen sowie alle wirtschaftlich vergleichbaren Anlagen und Crowdinvestments. Bei diesen sogenannten Schwarmfinanzierungen sammeln frisch gegründete Unternehmen über das Internet von vielen einzelnen Anlegern Geld ein und versprechen, es nach einigen Jahren mit Gewinn zurückzuzahlen.
"Durch die Prospektpflicht werden es einige Anbieter, deren Wirtschaftskonzept erkennbar nicht tragbar ist, nicht mehr an den Markt schaffen", glaubt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Im Prospekt müssen die Anlageprojekte genau beschrieben werden. Erforderlich sind exakte Angaben zu Zielen, Chancen, Risiken und der finanziellen Situation des Unternehmens oder Projekts. Die Finanzaufsicht Bafin kontrolliert, ob die Informationen verständlich und widerspruchsfrei sind. "Leider prüft die Bafin nicht die inhaltliche Richtigkeit", kritisiert Mohn. Verweigert ein Unternehmen den Prospekt oder ist er unvollständig, darf die Bafin den Namen der Firma veröffentlichen. Unternehmen, die wiederholt nicht oder falsch informieren, kann die Aufsicht dichtmachen.
Da wohl nur die wenigsten Anleger den oft Hunderte Seiten starken Prospekt lesen werden, gibt es seit dem 1. Juli auch ein Vermögensanlageinformationsblatt (VIB). Dieses soll in aller Kürze über die Anlage aufklären, auf Risiken hinweisen und stets den Satz enthalten: "Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen." Auch wenn die Anbieter werben, etwa in Zeitschriften, muss dieser Warnhinweis gut sichtbar erscheinen.
Keine Regel ohne Ausnahmen
Crowdinvestments kommen unter bestimmten Bedingungen um den Prospekt herum. Sie werden von der Bundesregierung als besonders wünschenswert eingestuft und sollen entsprechend gefördert werden. Daher müssen die Neugründungen erst dann einen Prospekt abliefern, wenn sie insgesamt mehr als 2,5 Millionen Euro einwerben. Ursprünglich war geplant, das Limit bei einer Million zu setzen.Um einzelne Finanziers bei einer Pleite zu schützen, wurden mit dem neuen Gesetz jedoch Obergrenzen eingeführt: Ein einzelner Anleger darf als Teil des Schwarms nur noch höchstens 1.000 Euro investieren. Beträge bis 10.000 Euro darf er nur dann einzahlen, wenn der Betrag maximal das Doppelte seines monatlichen Nettoeinkommens beträgt oder der Anleger über ein liquides Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügt.
Ob diese Grenzen eingehalten werden, müssen die Unternehmen mit einer Selbstauskunft für Investoren prüfen. Es lohnt sich für Anleger aber nicht, sich reicher zu machen, als man ist, denn das Risiko liegt - ganz gleich, ob es um einen oder um 10.000 Euro geht - komplett beim Investor. Zudem gibt es seit 1. Juli bei allen Investments ein zweiwöchiges Widerrufsrecht, das vom Anbieter auch nicht im Kleingedruckten ausgeschlossen werden kann.
Keine Provision, kein Prospekt
Genossenschaften und soziale Projekte können auf einen Prospekt verzichten, wenn deren Anteile ohne erfolgsabhängige Vergütung, also ohne Provisionen oder andere Prämien für den Verkäufer, vertrieben werden. Auch eine Anlage, die höchstens aus 20 Anteilen besteht, ist von der Prospektpflicht befreit, sofern innerhalb eines Jahres lediglich Anteile für insgesamt weniger als 100.000 Euro angeboten werden oder der Preis jedes angebotenen Anteils mindestens 200.000 Euro je Anleger beträgt. Damit soll gewährleistet werden, dass nur vermögende oder institutionelle Kunden wie Pensionskassen investieren können."Aus Verbrauchersicht enthält das Kleinanlegerschutzgesetz einige Regelungen zum besseren Schutz vor riskanten Finanzanlagen auf dem Grauen Kapitalmarkt", sagt vzbv-Chef Klaus Müller. Viele seiner Mitstreiter hätten sich aber gewünscht, dass die meisten der Anlageformen gar nicht mehr öffentlich angeboten werden. Kleinanleger verlieren laut Bundesverbraucherministerium jährlich zweistellige Milliardensummen am Graumarkt.
Daher erstaunt es, dass die Bundesregierung eine Lücke gelassen hat: "Anlageobergrenzen wie beim Crowdinvestment wären auch bei anderen Anlageprodukten, die vom Kleinanlegerschutzgesetz betroffen sind, sinnvoll", so Dorothea Mohn. Denn nur auf diese Weise könnte verhindert werden, dass Anleger bei einer Pleite finanziell ruiniert sind. Bleibt zu hoffen, dass die Bafin ihre neuen Rechte und Pflichten auch gründlich umsetzen kann.
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