Gesetzesänderungen: Damit müssen Sie 2015 rechnen
Für Anleger, Vermieter und Mieter sowie Arbeitnehmer und Eltern gelten 2015 neue Spielregeln. Das Gemeine: Wer mehr verdient, bekommt netto oft weniger raus.
von Michael H. Schulz, Euro am Sonntag
Ein kräftiger Schluck aus der Pulle ist Arbeitnehmern 2015 nicht vergönnt. Zumindest in puncto Gehaltssteigerung. "Die Dynamik der Jahre bis 2014 lässt sich nicht fortschreiben", sagt Alexander von Preen, Geschäftsführer von Kienbaum Management Consulting. Besonders bitter: Selbst wer als Gutverdiener eine Gehaltserhöhung bekam, dem bleibt 2015 netto weniger als 2014.
Schuld daran ist ausgerechnet die allgemein gute Einkommensentwicklung aus den Vorjahren. Sie wird zur Kalkulation der Rechengrößen für die Sozialversicherung, etwa die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie in der Kranken- und Pflegeversicherung, für 2015 herangezogen. Mit der Erhöhung dieser jeweiligen Einkommensobergrenzen steigt die Lohnsumme, auf die Arbeitnehmer und Arbeitgeber Beiträge je zur Hälfte zahlen. Den Effekt sehen Gutverdiener auf ihrer Januar-Abrechnung. Sie haben netto weniger (siehe "Arbeitnehmer").
Auch wer noch büffelt, dem soll es an den Kragen gehen. So sollen Ausbildungen, die weniger als zwölf Monate dauern, steuerlich nicht mehr als erster Berufsabschluss zählen. Die Folge ist laut Angaben des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine, dass Aufwendungen für eine nachfolgende zweite Ausbildung nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Diese wirken sich jedoch nur bei demjenigen steuermindernd aus, der im Ausbildungsjahr ein ausreichendes Einkommen oberhalb des Existenzminimums hat.
Anleger und Sparer
Die freiwillige Einlagensicherung von Privatbanken für Spar- und Sichteinlagen sinkt auf 20 Prozent des maßgeblich haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank. Von 1976 bis 2014 galt eine Sicherungsgrenze von 30 Prozent für Spareinlagen und Girokonten. Bis 2025 sinkt diese auf 8,75 Prozent des haftenden Eigenkapitals einer Bank. Mehr als drei Viertel der im Bankenverband organisierten Institute bietet somit weiterhin einen Schutz von mindestens fünf Millionen Euro pro Kunde.
Von Kirchensteuerpflichtigen ziehen Banken künftig automatisch den Obolus in Höhe von neun Prozent der Abgeltungsteuer (acht Prozent in Bayern und Baden-Württemberg) von Zins-, Dividenden- und Veräußerungsgewinnen ab. Dafür haben die Geldhäuser beim Bundeszentralamt für Steuern die Religionszugehörigkeit abgefragt.
Um den Verkaufsgewinn von Finanzgeschäften in fremder Währung zu ermitteln, wird ab 2015 die Methode "First in first out" (Fifo) angewendet. Devisen, die zuerst angeschafft wurden, gelten als zuerst verkauft. Die seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 geltende Durchschnittskursmethode ist zu kompliziert und wird abgeschafft.
Wer eine sogenannte Rürup-Rente abgeschlossen hat, profitiert 2015 von einem höheren Fördersatz. Die Förderhöchstgrenze für ledige Vorsorger steigt auf 24.000 Euro. Bei zusammen veranlagten Ehe- oder Lebenspartnern erhöht sich die Grenze auf 48.000 Euro. Ein lediger Selbstständiger kann demnach zusammen mit Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung theoretisch maximal 19.200 (80 Prozent von 24 000 Euro) als Sonderausgaben absetzen, zusammen veranlagte Rürup-Sparer 38.400 Euro.
Wer Beteiligungen in Deutschland zum Buchwert und damit deutlich unter Marktwert in Personengesellschaften hält und im Ausland wohnt, muss einen Obolus auf die stillen Reserven (Differenz zwischen Buch- und Marktwert) zahlen.
Wer Existenzgründer unterstützt, erhält für sein Investment etwa in nicht börsennotierte Kapitalgesellschaften einen Zuschuss in Höhe von 20 Prozent der investierten Summe.
Teurer wird es 2015 für reuige Steuersünder. Ab einer Hinterziehungssumme von 50.000 Euro sind mindestens zehn Prozent des Betrags als Sonderzahlung fällig, um straffrei auszugehen. Bis zur Höhe einer hinterzogenen Summe von einer Million Euro verlangt der Fiskus 15 Prozent, für darüber liegende Beträge 20 Prozent. Ferner müssen Steuerhinterzieher Angaben rückwirkend für zehn statt bisher fünf Jahre berichtigen.
Vermieter und Mieter: In Nordrhein-Westfalen und im Saarland steigt 2015 die Grunderwerbsteuer auf den - im Vergleich zu anderen Bundesländern höchsten - Wert von 6,5 Prozent. Die Ländersteuer wird bei Bestandsimmobilien auf den Kaufpreis, bei Neubauten auf den Grundstückspreis und die Baukosten erhoben. Hauseigentümer müssen eigentlich Heizkessel austauschen, wenn diese älter als 30 Jahre sind. Ausnahme: Eigentümer eines Ein- oder Zweifamilienhauses, wenn sie in dem Haus schon am 1. Februar 2002 wohnten.
Vermieter müssen ab dem 1. Mai Mietern den Ein- und Auszug innerhalb von zwei Wochen bestätigen. Suchen Vermieter einen Mieter oder diese eine neue Wohnung und beauftragen sie deshalb einen Makler, zahlt künftig der Auftraggeber die Maklerprovision. Dieses sogenannte Bestellerprinzip gilt aber nicht für Immobilienkäufe. Ferner gilt in Märkten mit knappem Wohnraum bei Neuvermietungen die sogenannte Mietpreisbremse. Die Miete darf in angespannten Märkten maximal nur um zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete des Mietspiegels steigen.
Arbeitnehmer
Wer mindestens 6.100 Euro brutto monatlich verdient und damit über der Obergrenze liegt, bis zu der Beiträge in der Rentenversicherung anfallen, der zahlt 2015 wegen der Beitragssenkung in der gesetzlichen Rentenversicherung um 0,2 Prozentpunkte auf 18,7 Prozent fast genauso viel wie 2014. Dafür steigt der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent des Bruttogehalts. Die Hälfte davon übernimmt der Arbeitgeber. Kinderlose zahlen ab dem 23. Lebensjahr einen höheren Beitrag, ebenso Arbeitnehmer in Sachsen, weil sie einen Feiertag mehr haben. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von 49.500 Euro - oder 4.125 Euro monatlich - fällig. Zwar sinkt der gesetzliche Beitragssatz zur Krankenversicherung von derzeit 15,5 auf 14,6 Prozent. Doch können die einzelnen Kassen einen Zusatzbeitrag von bis zu 0,9 Prozent erheben. Ausweichen in die günstigere private Krankenversicherung können Arbeitnehmer erst ab einem Monatseinkommen von 4.575 Euro oder 54.900 Euro jährlich.
Während das sicher ist, stehen steuerliche Änderungen noch nicht absolut fest. Geplant ist eine Anhebung der Werbungskostenpauschale um 130 Euro auf 1.130 Euro. Wer jedoch mit Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen höhere Werbungskosten nachweisen will, muss bangen. Versteckt im "Aktionsprogramm Klimaschutz 2020" sollen Privathaushalte nur noch Kosten für Putzfrau oder Maler geltend machen können, wenn die Ausgaben mindestens 300 Euro betragen.
Auch sollen Waren- oder Tankgutscheine vom Chef bis maximal 44 Euro inklusive Mehrwertsteuer sozial- und abgabenfrei sein. Bisher erhöhte der Bewertungsabschlag von vier Prozent diese Freigrenze auf 45,83 Euro. Zusätzlich können bei besonderen Anlässen Geschenke im Wert von 60 (bisher 40) Euro gemacht werden.
Für Betriebsveranstaltungen wird die bisherige Freigrenze von 110 Euro in einen Freibetrag geändert. Dadurch ist bei einem Überschreiten der Grenze nicht mehr die gesamte Leistung voll steuer- und sozialabgabenpflichtig, sondern nur der übersteigende Betrag. Leistungen des Chefs für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollen bis zu einem Wert von jährlich 600 Euro steuerfrei bleiben.
Werden nahe Angehörige akut pflegebedürftig, gibt es einen Rechtsanspruch auf Lohnersatz während der Kurzzeitpflege. Bei längerer Pflege kann man maximal 24 Monate kürzer treten, muss dann aber den Staat anpumpen.
Stellt der Chef für den Job kein Arbeitszimmer zur Verfügung, sollen Beschäftigte monatlich ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten eine Pauschale von 100 Euro als Werbungskosten absetzen können.
Eltern: Mehr Kindergeld soll es erst 2016 geben. Für ab Juli 2015 geborene Kinder können Eltern wählen, ob sie ein Jahr lang monatlich den vollen Betrag erhalten oder den Betrag auf zwei Jahre mit halbem Betrag pro Monat strecken. Dieses "Elterngeld Plus" gibt es mit und ohne Zuverdienst (halbiertes Basis-Elterngeld). Der Förderzeitraum ist mit 24 Monaten doppelt so lang. Arbeiten Mutter und Vater beide jeweils zwischen 25 und 30 Stunden pro Woche, gibt es zudem einen Partnerschaftsbonus. Das heißt, die Unterstützung wird noch für weitere vier Monate, maximal jedoch bis zu 28 Monate bezahlt. Das Elterngeld beträgt mindestens 300 und maximal 1.800 Euro im Monat und ist bis zum achten Lebensjahr des Kindes erhältlich.
Unterhaltspflichtige können mehr Geld für sich behalten. Laut dem Oberlandesgericht Düsseldorf, das die sogenannte "Düsseldorfer Tabelle" herausgibt, steigt der Selbstbehalt von 1.000 auf 1.080 Euro. Wer Unterhaltszahlungen an den Ex-Ehepartner oder an die Kinder absetzen will, muss 2015 in der Steuererklärung die Steueridentifikationsnummer der Zahlungsempfänger angeben.
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