Vermieter: Nicht grenzenlos belastbar
Hohe Kaufpreise für Grund und Wohnungen sowie jetzt schon gedeckelte Mieten in Ballungsräumen bremsen den dringend notwendigen Wohnungsbau in Deutschland aus.
von Einar Skjerven, Gastautor von Euro am Sonntag
Die Parteien überbieten sich im Wahlkampf derzeit mit Forderungen, wie Immobilieneigentümer stärker belastet werden können: Einerseits sollen die Einnahmen beschränkt, andererseits die Abgaben erhöht werden. Zur Zusammenfassung noch einmal einige der derzeit diskutierten Ideen.
Die SPD fordert in ihrem Wahlprogramm, dass die Miete bei Wiedervermietungen gedeckelt werden soll. Der Vermieter darf demnach künftig nur noch eine Miete nehmen, die maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Auch die Mieterhöhungsmöglichkeiten im Bestand sollen weiter reduziert werden, und zwar auf maximal 15 Prozent in vier Jahren. Die Pläne der SPD gehen damit noch weiter als die im Mai dieses Jahres in Kraft getretene Mietrechtsreform, nach der Städte und Kommunen die Mietsteigerung in nachgefragten Lagen bereits auf 15 Prozent in drei Jahren begrenzen können.
Auf der anderen Seite sollen die Abgaben für Vermieter erhöht werden. So fordern SPD und Bündnis 90/Die Grünen eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent plus Solidaritätszuschlag. Mieterträge sollen darüber hinaus künftig — so wie das Gehalt eines Arbeitnehmers — sozialversicherungspflichtig werden. Die Idee der „Bürgerversicherung“ bedeutet, dass auch auf Mieterträge Abgaben für die gesetzliche Rentenversicherung zu entrichten sind.
Die Umsetzung all dieser Maßnahmen würde bereits zu erheblichen Einbußen für Vermieter führen. Darüber hinaus wird jedoch eine Vermögensabgabe beziehungsweise eine Wiedereinführung der Vermögensteuer gefordert. So wollen die Grünen für einen Zeitraum über zehn Jahre Bürger, die mindestens eine Million Euro besitzen (was bei Immobilieneigentümern nicht selten der Fall ist), mit einer Abgabe von 1,5 Prozent belasten. Die SPD fordert die Wiedereinführung einer Vermögensteuer.
Bei 60 Prozent der Vermieter
ginge es an die Substanz
Bei all diesen Forderungen hat man den Eindruck, aus Sicht der Politik seien Immobilieneigentümer grenzenlos belastbar. Dabei wissen das zumindest die Grünen nachweislich besser. Als im Jahr 2010 die Idee einer Vermögensabgabe aufkam, hat die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen beim Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung (DIW) in Berlin eine Studie in Auftrag gegeben, die im Dezember 2010 unter dem Titel „Aufkommens- und Verteilungswirkung einer Grünen Vermögensabgabe“ veröffentlicht wurde. Bereits im Vorwort zu dieser Studie wird eingeräumt: „Dies [die Einführung einer Vermögensabgabe] kann Liquiditäts- und Finanzierungsprobleme beim Immobilien- oder Betriebsvermögen auslösen, insbesondere wenn der laufende Vermögensbeitrag nicht ausreicht, um die laufende Vermögensabgabe zu bezahlen.“
Dass dies gerade bei Immobilienvermögen nicht selten der Fall ist, wurde in der Studie deutlich. Die Rendite von vermietetem Immobilienvermögen betrug laut der Studie im Median 1,6 Prozent. Da dies die Rendite vor Steuern ist, würde nach Steuern sowie Abgaben aus der Bürgerversicherung definitiv nichts mehr übrig bleiben. Die Vermögensabgabe von 1,5 Prozent würde also zu einer Sub-stanzbesteuerung führen.
Laut der Studie erzielten 15 Prozent der Immobilieneigentümer eine negative Rendite, 22 Prozent erzielten eine Rendite zwischen null und 0,5 Prozent, weitere 23 Prozent erwirtschafteten eine Rendite zwischen 0,5 und zwei Prozent. So weit die Zahlen aus dem von der Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt des DIW Berlin.
Aus welchen Mitteln sollen diese Immobilieneigentümer die Vermögensabgabe begleichen? Aus den Erträgen der Immobilie ist dies auf keinen Fall möglich. Zwar sind seit Durchführung der Erhebung die Mieten gestiegen, zugleich sind jedoch auch die Kaufpreise für Immobilien erheblich gestiegen, oftmals sogar noch stärker als die Mieten. Die Nettoanfangsrenditen sind somit sogar gefallen.
Nimmt man die Summe der Forderungen zusammen, also die Deckelung der Miete bei Wiedervermietung, die Einbeziehung von Mieteinkünften in die Sozialversicherungspflicht, die Anhebung der Einkommensteuer und die Erhebung einer Vermögensabgabe oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer, dann wird deutlich, dass die Grenze der Belastbarkeit für die meisten Immobilieneigentümer weit überschritten wird.
zur Person:
Einar Skjerven,
Geschäftsführer der Skjerven Group
Einar Skjerven ist Gründer und Geschäftsführer
der Skjerven Group. Er verfügt über mehr als
20 Jahre Erfahrung im Bereich Investment und Asset Management und ist Experte für Wohnimmobilieninvestments in Berlin. Seit 2006 ist Skjerven als Geschäftsführer der Industrifinans Real Estate verantwortlich für die deutschen Immobilieninvestments der norwegischen Industrifinans Gruppe. Seit 1995 war er außerdem CEO mehrerer Fondsgesellschaften.
Die Skjerven Group mit Sitz in Berlin ist spezialisiert auf Investitionen, Strukturierung, Finanzierung, Asset Management und auf den Verkauf von Berliner Wohnimmobilien.