Robo-Advisors: Geld-Maschinen für Bequeme
Die automatisierten Geldverwalter gewinnen immer mehr Fans. Experten sagen ihnen starkes Wachstum voraus. Die Qualität der Angebote ist aber höchst unterschiedlich.
von Bernhard Bomke, Euro am Sonntag
Wenn Dorothea Mohn auf Robo- Advisors angesprochen wird, gerät sie in Wallung. "Robo- Advice ist keine Beratung, sondern standardisierte Geldanlage", kritisiert die Finanzexpertin des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Das Ansinnen der meisten Angebote ist Produktverkauf", sagt sie. "Dazu werden Verbrauchern Standardlösungen von häufig zweifelhafter Qualität angeboten." Sie fordert verstärkte Kontrollbefugnisse der Finanzaufsicht Bafin.
Die zunehmend in Mode kommende Form der automatisierten Vermögensverwaltung übt ihren Reiz auf immer mehr Anleger aus, die genug Geld, aber wenig Zeit und noch weniger Lust auf einen Anlageberater haben. Sie vertrauen sich lieber Computern an, die einzig mittels Algorithmen Anlageportfolios anbieten. Diese speisen sich zumeist aus Aktienfonds und ETFs (Indexfonds). Zum anderen wird das Vermögen der Kunden hernach automatisiert gemanagt. Die Kunden schätzen dabei zweierlei: Sie sparen Zeit und Geld. Die Robos kommen zumeist mit geringeren Gebühren aus als eine Bank, die ihre Kunden persönlich berät.
Bislang sind die rund 40 Robo-Advisors hierzulande mit ihren nach Zahlen der Deutschen Bank gerade mal investierten 1,7 Milliarden Euro noch keine nennenswerte Größe. "Das Thema Robo-Advisor ist in Deutschland eine echte Nische", bestätigt Dirk Vater, Banking-Experte bei der Managementberatung Bain & Company. Zum Vergleich: Die Investmentbranche managt in Deutschland über drei Billionen Euro. Die Robos kommen also nur auf etwas mehr als ein halbes Promille davon.
Doch dabei wird es kaum bleiben. Vater rechnet im Robogeschäft mit starkem Wachstum. Sein Unternehmen prognostiziert für 2020 ein Anlagevolumen via Robos von 20 bis 30 Milliarden Euro. Vater erklärt die Prognose unter anderem so: "Robo-Advisors ermöglichen Kunden einen sehr bequemen Zugang zu Investmentprodukten." Allerdings komme diese Form der Geldanlage nicht für jeden in Betracht. Die automatisierte Vermögensverwaltung sei "grundsätzlich für solche Kunden geeignet, die in Finanzfragen aufgeklärt sind und gern selbstständig ihre Entscheidungen treffen". Nach seiner Schätzung sind das potenziell 30 Prozent der privaten Anleger. Die Deutsche Bank gibt die aktuelle Zahl der Robo-Advisor-Nutzer mit rund 150.000 an.
Die noch verschwindend geringe Marktbedeutung ist für Verbraucherschützerin Mohn indes genug, um erheblich mehr Regulierung der Robos zu verlangen. "Verbraucher müssen sich auf Qualitätsstandards bei den Anlagevorschlägen verlassen können", sagt sie. "Und sie müssen nachvollziehen können, was Algorithmen bei der Geldanlage wie entscheiden. Sonst kaufen sie die digitale Katze im Sack." Die Bafin solle per Gesetz in die Lage versetzt werden, die Algorithmen zu kontrollieren.
Im aktuellen Test "Bester Robo-Advisor 2018" wählt das Deutsche Kundeninstitut (DKI) in Zusammenarbeit mit €uro am Sonntag einen anderen Ansatz, die Qualität von 17 Anbietern zu prüfen. Im Mittelpunkt der Erhebung, die der Vermittler Growney als Bester (Note "sehr gut") und der Vermögensverwalter Fundamental Capital als Schlusslicht ("ausreichend") absolvierten, stehen die Konditionen und die Güteklasse der Angebote. Bei den Konditionen schauten die Tester vor allem auf die Höhe der Gebühren. Die in Aussicht gestellten Renditen wurden nicht betrachtet.
Gesamtwertung (pdf)
So wurde getestet:
Der Check der Produktangebote umfasst unter anderem die Vielseitigkeit der Angebote (Höhe der Mindestanlage, Einmalanlagen, Sparpläne) und die Frage, wie gründlich die Anbieter das Risikoprofil der Kunden erfassen. Konditionen und Produktangebote werden mit jeweils 40 Prozent gewichtet. 20 Prozent steuert der überprüfte Kundenservice bei. Hier geht es unter anderem um Tempo, Freundlichkeit und Kompetenz der Anbieter im Umgang mit Kunden.
Getestet wurden nur Robos, die nicht nur Anlagevorschläge unterbreiten, sondern diese auch automatisch in konkrete Portfolios umsetzen. Nicht geprüft wurden daher Adressen wie QualitInvest und Werthstein. Dort können Kunden ihr Portfolio eigenständig bestimmen. Sie überlassen die Vermögensverwaltung also nicht vollständig den Robos.
Testsieger Growney schnitt in der Kategorie "Konditionen" auch deshalb als Bester ab, weil er zu allen sechs Musterfällen (siehe Tabelle unten) Konditionen nennen konnte, nicht mit irgendwelchen Sondergebühren um die Ecke kommt und keine Mindestanlagesumme verlangt. Insbesondere Letzteres ist nicht selbstverständlich. Marktführer und ING-DiBa-Partner Scalable (gut eine Milliarde Euro Anlagevermögen) verlangt 10.000 Euro und der Anbieter Liqid sogar 100.000 Euro. Beim Growney-Angebot überzeugte die Tester die Möglichkeit, ohne Einmalanlage Sparpläne abzuschließen. Zudem fiel positiv auf, dass den Kunden auf der Basis von zehn Fragen fünf Portfolios angeboten werden, wovon der Robo eines empfiehlt. Beim Kundenservice schaffte Growney im Bereich Kompetenz den besten Wert. Hinsichtlich Kompetenz schnitt Baloise Monviso am schlechtesten ab.
Ein Prozent Jahresgebühr ist teuer
Fundamental Capital landete auf dem letzten Platz, weil die Gebühren zu den höchsten gehören. Allein die Servicepauschale liegt generell bei 1,0 Prozent. Nur Truevest ist mit 1,25 Prozent teurer. Fundamental bietet auch dann keinen Sparplan an, wenn ein Kunde die Mindestanlagesumme von 50.000 Euro beibringt. Den Kundenservice bewerten die Tester mit der Note "befriedigend".
Noch ein paar Auffälligkeiten: Testkunden, die sich per E-Mail an einen Robo-Anbieter wandten, bekamen von Fintego im Schnitt nach 34 Minuten eine Antwort. Ganz anders bei Robin (Deutsche Bank). Dort dauerte es durchschnittlich mehr als 12,5 Tage, also 535 Mal so lang, bis eine Antwort kam.
Der Aufwand, mit dem die Robos versuchen, das individuelle Risikoprofil der Kunden herauszufinden, unterscheidet sich gewaltig. Die größte Mühe gibt sich Investify. Dort bekommen Anleger in spe 24 Fragen gestellt. Robin, Quirion und Vaamo fallen jeweils nur drei Fragen ein, um eine Vorstellung von der Risikoneigung ihres Kunden zu bekommen. Die Robos Baloise Monviso, Cominvest (Commerzbank), Truevest und Whitebox überlassen es - ganz Robo-unlike - den Kunden selbst, ihre Risikobereitschaft einzustufen.
Große Unterschiede gibt es bei der Zielgenauigkeit, mit der die Kunden von den Robos bestimmten Risikoklassen zugeordnet werden. Je nach Anbieter gibt es vier bis 23 Risikoklassen.
Apropos Risiken: Sind Anlagen via Robo-Advisor eigentlich riskanter als solche, die ein Vermögensberater seinen Kunden verkauft? Bain-Experte Vater winkt ab. "Geldanlagen sind grundsätzlich immer mit Risiken verbunden", sagt er. Das sei bei Robos nicht anders als bei Anlagen über einen Berater.
Konditionen, Service und Angebot (pdf)
Mit welchen jährlichen Gebühren Kunden rechnen müssen (pdf)
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