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Riester, Rürup & Co: Doch besser als ihr Ruf?

12.05.16 03:00 Uhr

Riester, Rürup & Co: Doch besser als ihr Ruf? | finanzen.net

Steuern sparen, Zulagen kassieren, Lebensabend sichern: Bei Riester und Co scheiden sich die Geister. Wie Sie bei der staatlich ­geförderten Altersvorsorge alles richtig machen.

von Martin Reim, Euro am Sonntag
Rente klingt eigentlich nach Geruhsamkeit. Doch in der aktuellen politischen Diskussion ist das Thema ein Aufreger. Politiker aller Couleur überbieten sich mit schrillen Tönen. Im Mittelpunkt steht die staatlich geförderte Altersvorsorge, vor allem die Riester-Rente. Eines der Argumente: Die Rendite der Verträge sei zu niedrig.



Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist da was dran. Riester-Verträge, namentlich jene von Versicherern, haben oft höhere Kosten als ungeförderte Kontrakte. Das bedeutet: Ein gewisser Teil der Zulagen und Steuervorteile wandert in die Taschen der Anbieter. Das kann den Staat nicht freuen.

Allerdings basiert diese Rechnung ­allein auf der Prämie des Sparers, nicht auf der Förderung. Anders sieht die Sache aus, wenn man sie aus der Perspektive des einzelnen Sparers betrachtet. Denn für ihn ist die Rendite inklusive Förderung wichtig. Und diese Förderung ist, pro eingezahlten Euro gerechnet, so großzügig, dass die Renditen teilweise exorbitant sind.


So erzielt ein berufstätiges Ehepaar mit einem Kind via Riester gut und gern pro eingezahlten Euro ein jährliches Plus von etwa 40 Cent - und da sind noch keine Erträge aus Investments eingerechnet. Für nicht berufstätige Elternteile kann die Rendite sogar noch weit höher liegen. Beispiel: Eine Mutter, die kein eigenes Einkommen hat und deren zwei Kinder nach Anfang 2008 geboren sind, muss lediglich 60 Euro im Jahr bezahlen und bekommt sage und schreibe 754 Euro an Zulagen. Von solchen Renditen von jährlich über 1.000 Prozent können normale Investoren nur träumen.

Rentenniveau halten

Warum gibt es diese Unterstützung? Das ist eine Folge der Rentenreformen nach der Jahrtausendwende. Weil die ­Arbeitgeber beim Rentenbeitrag entlastet werden sollten und die Alterung der ­Gesellschaft fortschreitet, fließt weniger Geld in die gesetz­liche Rentenversicherung. Um die Folgen auszugleichen, hat der Staat seine För­derung stark ausgeweitet: mittels Riester-Rente, außerdem über die reformierte Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) und die Rürup-Rente.

Doch sind all diese Förderwege nur dazu gedacht, das frühere Niveau der ­gesetzlichen Rente zu erhalten. Daher sind die Auszahlungen, in absoluten Beträgen gerechnet, oft recht gering. Deshalb sollte man zusätzlich ungefördert vorsorgen. Weiterer Nachteil: Wie so häufig, wenn der Staat etwas gibt, stellt er Bedingungen. So muss man im Alter die Förderung zumindest teilweise zurückzahlen. Das geschieht vor allem über die Besteuerung der Renten - was in den meisten Fällen das Plus schmälert, aber nicht komplett auffrisst.


Denn im Normalfall liegt das der­zeitige Einkommen über der späteren Rente. Angesichts der Steuerprogression zahlt man folglich als Erwerbstätiger in der Regel einen höheren Steuersatz als später im Ruhestand. Somit sollte die Förderung zumeist ein gutes Geschäft sein. Das gilt vor allem für Gutverdiener, bei denen die Steuersätze besonders stark auseinanderklaffen.

Allerdings lohnt sich die Förderung nicht immer. Beispiel betriebliche Altersvorsorge: Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse müssen, wenn sie im Alter die Betriebsrente erhalten, darauf die vollen Kranken- und Pflegebeiträge bezahlen. Bei Kinderlosen sind das sage und schreibe 17,8 Prozent der Bruttorente, bei Rentnern mit Kindern immerhin 17,55 Prozent. Dieser Effekt kann vor allem bei hohen Betriebsrenten per saldo zu einem Verlust führen.

Zudem ist man bei Verträgen mit staatlicher Förderung jahrzehntelang gebunden. Während der Einzahlungsphase ist bei Rürup und betrieblicher Altersvorsorge keine Entnahme möglich, bei Riester nur in Ausnahmefällen. Bei Rürup kommt man selbst in der Rentenphase nie an sein Kapital heran.

Zugleich sollte man im Auge behalten, dass man zumeist eine Rentenversicherung abschließt, wenn man sich fördern lässt. Fondssparpläne offerieren bei Riester gerade mal vier Anbieter, bei Rürup existieren hier nur drei Möglichkeiten, und bei der bAV ist diese Option komplett ausgeschlossen.

Das ist sicherlich nicht optimal, denn Rentenversicherungen sind umstritten. Vorteile: Je nach Variante und Anbieter waren in der Vergangenheit gute Ren­diten bei hoher Sicherheit zu erzielen. Und bei Policen mit Garantiezins ist - zumindest bei langen Laufzeiten - eine niedrige Rendite gesichert. Nachteile: Erstens zehren die gesunkenen Marktzinsen an den Erträgen, weil das Kundengeld größtenteils in Anleihen investiert ist. Zweitens sind die Verträge ziemlich intransparent - die Kalkulation der Kosten und der möglichen Überschussbeteiligungen ist von außen kaum nachvollziehbar.

Wegen dieser Probleme sehen viele Verbraucherschützer Rentenpolicen kritisch. Dennoch sollten sie in der geförderten Altersvorsorge durchaus zum Einsatz kommen, meint Ralf Scherfling, Finanzexperte der Verbraucherzen­trale Nordrhein-Westfalen. "Wenn man nur auf diesem Weg eine attraktive ­betriebliche Altersvorsorge erhält, sollte man zugreifen."

Ist es besser, sein Geld eher in ungeförderte oder in geförderte Vorsorge zu stecken? Scherfling: "Für die geförderte Altersvorsorge spricht die meist höhere Rendite. Doch man muss sich bewusst sein, dass man dann nicht im selben Maße sein eigener Herr ist." Falls man sich grundsätzlich für diesen Weg entschieden hat, solle man in folgender Reihenfolge prüfen: "Erst Riester, dann betriebliche Altersvorsorge - und wenn beides nicht geht, Rürup." Bei der Entscheidung innerhalb der Kategorien sei ein Vergleich der Anbieter für die Rendite extrem wichtig. €uro am Sonntag nennt deshalb auf den folgenden Seiten empfehlenswerte Anbieter.

Lücke errechnen

Und wie finde ich heraus, wie viel ich für einen finanziell sorglosen Lebens­abend zurücklegen sollte? "Eine Lücke besteht, wenn die regelmäßigen Einnahmen im Alter die laufenden Aus­gaben nicht decken", erklärt Michael Huber von der Beratungsgesellschaft VZ VermögensZentrum. Für ihn sind bei der Bestandsaufnahme drei Fragen entscheidend: Wie groß ist meine Einkommenslücke im Ruhestand? Wie viel Kapital benötige ich zum Zeitpunkt der Pensionierung, um die Lücke zu schließen? Und: Wie viel muss ich heute sparen, um das notwendige Kapital dann zur Verfügung zu haben?

Eine wichtige Größe sollte man ebenfalls nicht außer Acht lassen: die Inflation. Sie betrug seit dem Jahr 1950 im Durchschnitt immerhin 2,55 Prozent. "Auf den ersten Blick erscheint das vernachlässigbar, doch haben auch solche relativ niedrigen Raten über längere Zeiträume große Auswirkungen", sagt Huber. Um nicht unangenehm überrascht zu werden, sollten Sparer die ­Einnahmen und Ausgaben getrennt mit Preissteigerungsraten durchrechnen und für die Einnahmen eine niedrigere Rate annehmen als für die Ausgaben, rät Huber: "Versorgungslücken werden erfahrungsgemäß eher zu klein als zu groß eingeschätzt."

Das ist ein Grund mehr, den Staat an der ganz persönlichen Altersvorsorge zu beteiligen.

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Riester-Rente:
Familienpackung

Zwar sind die Vorteile oft kleiner als erhofft, weil Vertrieb und Garantien einiges kosten. Doch bietet sie etwas für Alte, Junge, Arme, Reiche - und besonders viel für Eltern.

Walter Riester steht fest zu der Rente, die seinen Namen trägt. ­Mancherlei Kritik sei schlicht und einfach unqualifiziert - "da werde ich fast verrückt", sagte der ehemalige Bundessozialminister unlängst gegenüber €uro am Sonntag. Der Mann ist bei Weitem nicht der Einzige, der die Riester-Rente für sinnvoll hält. Sie ist die Nummer 1 unter den staatlich geförderten Formen der privaten Altersvorsorge. Gut 16 Millionen Sparer gibt es inzwischen.

Eine Riester-Rente verspricht allein schon durch die staatlichen ­Zulagen eine hohe Rendite. Zugleich ist der Erhalt des eingezahlten Kapitals garantiert, wenn Sparer die Verträge bis zum Ende durchhalten. Diese Vorteile gelten für alle Riester-Formen: Bank- und Fondssparplan, klassische und fondsgebundene Rentenversicherung ebenso wie für die Eigenheimförderung, den sogenannten Wohn-Riester.

Staatliche Zulagen in voller Höhe erhalten Sparer, wenn sie mindestens vier Prozent ihres Bruttoeinkommens des Vorjahres - abzüglich Zulage - einzahlen. Wer weniger spart, erhält auch weniger Zulage. Pro Jahr müssen mindestens 60 Eu­ro eingezahlt werden, um überhaupt etwas vom Staat zu bekommen. ­Maximal sind Einzahlungen inklusive Zulagen von jährlich 2.100 Euro ­möglich. Im Jahr sind dann bis zu 154 Euro Grundzulage drin.

Je kindergeldberechtigten Sprössling bekommen Eltern zudem 185 Euro. Dieser Wert erhöht sich für Kinder, die 2008 oder später zur Welt gekommen sind, auf 300 Euro. Einen zusätzlichen Einmalbonus von 200 Euro erhalten alle, die vor ihrem 25. Geburtstag einen Riester-Vertrag abschließen.

Zweite Möglichkeit der Förderung ist die steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge. Das kann sich vor allem für Besserverdiener mit maximal einem Kind lohnen. Das Finanzamt entscheidet im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung, ob Zulagen oder Steuervorteile für den Sparer vorteilhafter sind.

Anspruch auf Riester-Förderung hat jeder, der in einem Arbeitsverhältnis mit verpflichtender Rentenversicherung steht oder Arbeitslosengeld bekommt. Auch Mütter und Väter in Elternzeit sind förderberechtigt, zudem alle Beamten. Alle anderen, zum Beispiel Selbstständige, können mit von der Partie sein, wenn ihr förderberechtigter Ehepartner auch riestert.

Sogar kurz vor der Rente kann sich das Riestern noch lohnen. Je höher der Grenzsteuersatz, desto mehr kann man in den letzten Jahren seines Berufslebens noch herausholen. Am stärksten wirkt sich die Förderung bei älteren Alleinstehenden mit hohem Einkommen aus, die erst spät einen Vertrag abschließen.

Doch es gibt auch negative Aspek­te: Die absoluten Rentenbeträge, die sich via Riester erzielen lassen, sind recht gering. So hat €uro, Schwesterzeitschrift von €uro am Sonntag , kürzlich solche Policen untersucht. Beispielfall war ein 32-jähriger Musterkunde mit einem Jahreseinkommen von 33.850 Euro brutto, der 35 Jahre lang die ihm maximal möglichen 100 Euro pro Monat ­einzahlt und die Grundzulage von 154 Euro erhält. Ergebnis: Beim Test­sieger HanseMerkur24 gibt es gerade mal eine garantierte Monatsrente in Höhe von 184,66 Euro. Knapp 90 Euro mehr sind drin, falls die Überschussbeteiligung - also das, was der Versicherer an Anlagegewinnen weiterreicht - auf dem aktuellen Niveau bleibt.

Ebenfalls negativ ist, dass die Auszahlungen aus der Riester-Rente im Alter komplett steuerpflichtig sind. Auch darf die Auszahlung einer Riester-Rente erst ab dem 62. Geburtstag beginnen. Zudem ist eine lebenslange Rente vorgesehen. Jedoch dürfen Sparer bei Auszahlungsbeginn steuerpflichtig bis zu 30 Prozent ­ihres Kapitals entnehmen, wenn es sich nicht um einen Wohn-Riester-Vertrag handelt.

Für alle Riester-Arten gilt: Spätere Renten sind steuerpflichtig (bei Wohn-Riester-Verträgen werden fiktive Auszahlung ermittelt). Und zum Zeitpunkt der Pensionierung muss mindestens das eingezahlte Kapital plus Zulagen unangetastet vorhanden sein. Es gibt vier Riester-Formen (Reihenfolge nach Anzahl laufender Verträge):
Versicherungen
Die klassische Art hat einen fixen Garantiezins, für Neuverträge beträgt dieser derzeit 1,25 Prozent im Jahr. Obendrauf gibt es eine Überschussbeteiligung, zumindest war dies in den vergangenen Jahrzehnten der Fall. Zweite Spielart sind Fondspolicen. Hier fließt ein gewisser Anteil des Kapitals in Investmentfonds, die teilweise oder komplett vom Sparer ausgewählt werden. Es gibt keine jährlich festgelegten Renditen; der Gewinn, falls vorhanden, steht erst am Ende der Laufzeit fest. Beste Anbieter klas­sischer Policen (gemäß Vergleich von €uro): HanseMerkur24, HUK24, Targo, CosmosDirekt, Hannoversche, Allianz, Debeka, HUK-Coburg, Nürnberger. Beste Anbieter von Fondspolicen (ohne Direktversicherer; gemäß Vergleich von €uro): PB, Swiss Life, HanseMerkur, Stuttgarter, Ergo.
Fondssparpläne
Die Fondsgesellschaft teilt die Einzahlungen auf Aktien- und Anleihefonds auf. Faustformel: Je jünger der Kunde und je höher seine Risiko­bereitschaft, desto stärker geht es in Aktien. Damit die Auszahlung garantiert bis ans Lebensende des Sparers reicht, übernimmt ab dem 85. Lebensjahr eine Versicherung die kompletten Überweisungen. Beste Anbieter: DWS, Union Investment.
Wohn-Riester-Verträge
Mit dem sogenannten Wohn-Riester wenden sich Bausparkassen an Kunden, die bereits ein Eigenheim besitzen oder mit einem Kauf beziehungsweise Bau liebäugeln. Beim Bausparen fließen Einzahlungen plus Zulagen in einen - meist niedrig verzinsten - Vertrag, bei Baudarlehen dienen sie der Kredittilgung. Daneben gibt es eine Zwischenform namens Kombikredit: Statt das Darlehen zu tilgen, zahlt man hier Sparraten auf einen Bausparvertrag. Wenn dieser zugeteilt wird, löst er den Kredit mit seinem Guthaben und einem Bauspardarlehen ab. Bei der Bauspar- und der Kombiversion fließen Zulagen in der Anspar- und Tilgungsphase, bei der Darlehensversion nur in die Tilgung. Für jeden Sparer führt die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen ein so­genanntes Wohnförderkonto. Dort werden Sparleistungen, Zulagen und Tilgungen verbucht. Dieser fiktive Betrag wird jährlich mit zwei Prozent verzinst. Ab Renteneintritt ist eine fiktive Auszahlung zu versteuern. Beste Anbieter (gemäß Vergleich der Zeitschrift "Finanztest"): Schwäbisch Hall, LBS Bayern, Alte Leipziger.
Banksparpläne
Hier sind Banken und Sparkassen am Zug. Die Verzinsung ist zumeist an einen oder mehrere Referenzzinssätze gekoppelt, beispielsweise an die von der Bundesbank errechnete Umlaufrendite. Wie bei Fondssparplänen gilt: Damit die Auszahlungen garantiert bis zum Lebens­ende des Sparers reichen, übernimmt ab dem 85. Lebensjahr eine Versicherung die kompletten Überweisungen. Empfehlenswerte Anbie­ter (gemäß Vergleich der Zeitschrift "Finanztest" von bundesweiten Anbietern): Sparkasse Paderborn-Detmold, Sparkasse Radevorm­wald-Hückeswagen.

Wer sollte nun zu Riester greifen und wer nicht? "Die Förderung aus Zulagen und Steuervorteilen an sich ist für sehr viele Menschen interessant", sagt Niels Nauhauser, Experte für Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Dazu zählten Verheiratete, Eltern, Gering- und Großverdiener. Doch seien insbesondere kinderlose Sin­gles mit einem durchschnittlichen Einkommen manchmal besser be­raten, auf Riester zu verzichten. "Altersvorsorge funktioniert auch ohne Riester, zumal es ungeförderte Produkte gibt, die deutlich kostengünstiger sind oder bei gleichem Risiko eine höhere Rendite erwarten lassen." Als Beispiel nennt Nauhauser einen kostengünstigen Sparplan auf einen Indexfonds, der den Aktienmarkt möglichst breit abbildet.
Wahl des richtigen Produkts
In puncto Produkte sieht der ­unabhängige Versicherungsberater Rolf Schulte aus München vor allem zwei Riester-Varianten sehr skeptisch: Versicherungen und Fondssparpläne, weil sie mit zu hohen ­Kosten belastet seien. In den meisten Fälle empfiehlt er einen guten Banksparplan. Und wer eine selbst genutzte Immobilie anstrebt und mittel- bis langfristig mit stark steigenden Zinsen rechnet, sollte nach Ansicht des Experten über Wohn-Riester in der Bausparversion nachdenken. Grund: So könne man sich die Niedrigzinsen von heute schon vorab für später sichern.

Generell ist Schulte ein Riester-Fan: "Wenn man ein gutes Produkt hat, ist das eine der besten Arten, um mit staatlicher Förderung vorzu­sorgen."

Welche Möglichkeiten die Riester-Rente bietet (pdf)

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Betriebliche Altersvorsorge:
Chefsache

Arbeitnehmer haben ein Recht auf Betriebsrente, falls sie selbst einzahlen. Aber erst wenn der Arbeitgeber etwas dazugibt, wird die Sache so richtig rentabel.

Sie könnte Eichel-Rente heißen. 2002 beschloss die rot-grüne Bundesregierung: Jedes Pflichtmitglied der gesetzlichen Rentenversicherung hat das Recht, Teile seines Gehalts in Beiträge für die betriebliche Altersvorsorge umzuwandeln.

Ausgearbeitet wurde das Vorhaben im Bundesfinanzministerium. Damaliger Amtsinhaber: Hans Eichel. Doch der Politiker hat sich mit seinem Namen nicht durchgesetzt - im Gegensatz zu Ex-Sozialminister Walter Riester und zum früheren ­Regierungsberater Bert Rürup. Kein Wunder: Eichel selbst sah das Projekt nicht uneingeschränkt positiv.

Der Mechanismus ist ähnlich wie beim Riestern und Rürupen: Auch die Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung, so die offizielle Bezeichnung dieser Art der betrieblichen Altersvorsorge, wird staatlich gefördert. Häufigster Weg bei Neuverträgen ist die Entgeltumwandlung mittels Direktversicherung (Achtung Falle: Diesen Begriff nutzen auch Online-Versicherer ohne Filialnetz. Mit der hier gemeinten Bedeutung hat das aber nichts gemein). Der Arbeitgeber schließt für den Arbeitnehmer eine Police ab, in die ein Teil des Gehalts fließt. Fonds- oder Banksparpläne sind dabei allerdings nicht erlaubt.

Der Clou: Einzahlungen bis maximal 2.976 Euro pro Jahr sind von Steuern und Sozialabgaben befreit. Für Kontrakte, die seit Anfang 2005 abgeschlossen wurden, sind jährliche Einzahlungen von weiteren 1.800 Euro steuerfrei, aber sozialabgabenpflichtig. Dieser zusätzliche Freibetrag gilt aber nur, wenn der Arbeitnehmer nicht schon einen anderen Vertrag laufen hat, der vor 2005 geschlossen wurde. Grundidee hinter der staatlichen Förderung: Im Ruhestand zahlen die meisten Arbeitnehmer geringere Steuern als während der Berufstätigkeit, außerdem können Sozialabgaben sinken oder komplett entfallen. All dies führt unter bestimmten Voraussetzungen zu erheblichen finanziellen Vorteilen.

Direktversicherungen gibt es in zwei Varianten: Am weitesten verbreitet ist die klassische Form mit Garantiezins. Beste Anbieter sind (laut €uro): Europa, CosmosDirekt, HUK-Coburg, Hannoversche, Debe­ka, WGV, Die Bayerische, Allianz. Zweite Möglichkeit sind fondsgebundene Policen, die höhere Chancen bieten, aber Kursrisiken bergen. Hier haftet der Arbeitgeber dafür, dass bei Vertragsende das eingezahlte Kapital erhalten bleibt. Beste Anbieter sind (laut "Öko-Test"): Metallrente, Württembergische, Stuttgarter, HanseMerkur, Nürnberger.

Abschlusskosten senken Rendite
Die Eigenschaften von Direktversicherungen sind meist dieselben wie bei ungeförderten Policen. Ein gemeinsamer Nachteil: Die Abschlusskosten werden auf die Anfangszeit des Vertrags verteilt. Diese sogenannte Zillmerung bewirkt, dass oftmals auch nach Jahren weniger Geld im Topf ist, als eingezahlt wurde - und der Zinseszinseffekt bei der Rendite stark verzögert zum Tragen kommt. Wichtig für die Rendite ist das Verhalten des Arbeitgebers. Er kann etwas zuzahlen, ist aber nicht dazu verpflichtet. Für eine positive Entscheidung gäbe es gute Gründe: Immerhin spart der Chef Geld, wenn der An­gestellte eine Entgeltumwandlung vornimmt, nämlich seinen Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen. Das macht meist rund 20 Prozent der umgewandelten Beiträge aus - teilweise mehr als 500 Euro im Jahr. Wenn zumindest ein Teil davon in den Vertrag fließt, "kann dies die Rendite deutlich verbessern", sagt der Münchner Versicherungs- und Anlageberater Rolf Schulte.

In anderer Hinsicht kommt dem Chef ebenso große Bedeutung zu: Er bestimmt den Versicherer. Wenn der Arbeitgeber Zugriff auf einen Gruppenvertrag hat, kann das wegen der Kostenersparnis sehr vorteilhaft sein. Ist der angebotene Kontrakt dennoch wenig attraktiv, kann der Arbeitnehmer versuchen, auf eigene Faust eine Alternative aufzutun und den Arbeitgeber von dieser zu überzeugen. "Man sollte darauf achten, dass der Anbieter finanzstark ist und geringe Abschluss-, Vertriebs- und Verwaltungskosten hat", rät Schulte.

Der Chef entscheidet außerdem, welches Vehikel er für die Gehalts­umwandlung benutzt: Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung. Letztere Alternative ist so beliebt, weil sie relativ wenig Verwaltungsaufwand erfordert - das Meiste erledigt der Versicherer. "Selbst bei einer Insolvenz des Arbeitgebers geht nichts verloren", erklärt Uwe Saßmannshausen von der Beratungsfirma Pension Solutions. Grund: Für das sogenannte Deckungskapital haftet stets der Versicherer. Bei einer Fondspolice kann dieses Kapital jedoch weit niedriger sein als die Einzahlungen.

Wechsel mit Problemen
Allerdings gibt es eine Reihe von Nachteilen bei der Entgeltumwandlung: Erstens bindet man sich ein Arbeitsleben lang, denn eine vorzeitige Auszahlung ist laut Gesetz ausgeschlossen. Zweitens kann ein Jobwechsel zu Problemen führen. Wenn der neue Arbeitgeber einen anderen Versicherer favorisiert und der Arbeitnehmer weiterhin die öffent­liche Förderung einstreichen will, muss er sein Guthaben in einen neuen Vertrag überführen. Der kostet zwar keine neuen Abschlussgebühren, birgt aber unter Umständen Nachteile, zumal die Übertragung Monate dauern kann.

Auch können sich die Konditionen verschlechtern, etwa wenn sich inzwischen der Garantiezins verringert hat. Zudem kann der neue Versicherer leistungsschwächer sein.

In jedem Fall nachteilig an der Entgeltumwandlung ist, dass die gesetzliche Rente durch die niedrigeren Sozialbeiträge später einmal geringer ausfallen wird. Weiteres Minus: Bei gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherten werden in der Auszahlungsphase die vollen Sozialbeiträge fällig. Bei Kinderlosen sind das sage und schreibe 17,8 Prozent des Bruttoeinkommens, bei Rentnern mit Kindern immerhin 17,55 Prozent.

Insofern lässt sich sagen: Staatlich geförderte Betriebsrenten werden erst dann wirklich interessant, wenn auch der Chef mit einzahlt.

Wege zur Betriebsrente via Direktversicherung (pdf)

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Rürup-Rente:
Do it yourself

Sie ist vor allem für gut verdienende Selbstständige interessant. Nachteile: Auszahlungen auf einen Schlag sind verboten - und Erben gehen meist leer aus.

Der Name stammt von Bert Rürup, dem früheren Vorsitzenden einer Regierungskommission, die Vorschläge fürs Rentensystem erarbeitet hatte. Die Rürup-Rente richtet sich in erster Linie an Selbstständige, die nicht in die gesetzliche ­Rentenversicherung einzahlen und nicht riestern dürfen.

Ideal für diese Klientel: Rürup-Sparer sind nicht an feste Beitragssätze gebunden. Dies kommt Selbststän­digen entgegen, deren Einkommen schwankt. Sie können je nach finanziellen Möglichkeiten einzahlen oder sogar ein Aussetzen der Zahlungen vereinbaren.

Weiterer Vorteil: Das eingezahlte Geld ist bei einer Insolvenz weitgehend sicher. Denn Rürup-Kapital ist in der Ansparphase üblicherweise nicht pfändbar, und auch Selbstständige, die in Hartz IV rutschen, verlieren ihr angespartes Geld - von Einzelfällen abgesehen - nicht.

Rürup-Sparen ist in drei Varianten möglich: klassische Rentenversicherung, fondsgebundene Rentenver­sicherung oder Fondssparplan. Vorsicht: Bei den letzten beiden Arten sind die eingezahlten Beiträge - im Gegensatz zu Riester-Rente und betrieblicher Altersvorsorge - zu Laufzeitende nicht garantiert. Das ist bei den klassischen Rürup-Policen dank des fixierten Garantiezinses anders. Beste Anbieter sind (laut €uro): Europa, CosmosDirekt, HUK24.

Der Staat hält üppige Steuergeschenke bereit, damit ein Polster fürs Alter aufgebaut werden kann. Maximal 22.766 Euro können Singles als Sonderausgaben bei der Steuer absetzen, Verheiratete das Doppelte. Der volle Satz kann aber erst ab 2025 geltend gemacht werden, bis dahin gibt es Übergangsregeln. Aktuell können Rürup-Sparer 82 Prozent der Beiträge ansetzen. Abhängig Beschäftigte haben den Freibetrag zumeist bereits durch ihre Sozialabgaben aufgebraucht, weshalb Rürupen für sie fast nie sinnvoll ist.

Neben den großen Vorteilen hat die Rürup-Rente massive Einschränkungen. Denn sie ist stark der gesetzlichen Rente nachempfunden. So dürfen Rentenzahlungen frühestens ab dem 62. Geburtstag fließen, teilweise oder komplette Auszahlungen auf einen Schlag sind jedoch ausgeschlossen.

Die erworbenen Rentenanwartschaften sind - wie bei der gesetz­lichen Rente - nicht übertragbar, beleihbar, veräußerbar oder vererbbar. Letzteres lässt sich durch einen zusätzlichen, kostenpflichtigen Hinterbliebenenschutz ändern.

Welche Varianten der Rürup-Rente existieren (pdf)

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