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Unterhaltsrecht: Wenn die Ex-Liebe nicht mehr zahlt

27.08.16 03:00 Uhr

Unterhaltsrecht: Wenn die Ex-Liebe nicht mehr zahlt | finanzen.net

Trennt sich die Familie, gibt es zwischen Ex-Partnern und Kindern oft Streit um Unterhalts-Verpflichtungen. Welche Rechts- und Steuerfallen dabei drohen.

von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Vizekanzler Sigmar Gabriel und Justizminister Heiko Maas wollen Hunderttausenden von Vätern an ihr Liebstes. Und das ist in diesem Fall nicht der eigene Nachwuchs, sondern der Führerschein fürs "heilige Blechle". Die SPD-Spitzenpolitiker planen mit Unterstützung von Familienministern Manuela Schwesig, säumige Unterhaltspflichtige verstärkt unter Druck zu setzen - neben der bisher schon möglichen Lohnpfändung auch durch den Entzug der Fahrerlaubnis.



Ursache für den gesetzgeberischen Aktionismus: In den rund 8,1 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern in Deutschland gibt es in einem von fünf Fällen nur eine alleinerziehende Mutter. Diese Frauen erhalten hierzulande von den Kindsvätern zu geringe oder - in ­jedem vierten Fall - gar keine Unterhaltszahlungen.

Dann muss Vater Staat einspringen. Für Kinder bis zu fünf Jahren mit monatlich 145 Euro, für Nachwuchs zwischen sechs und elf Jahren sind es 194 Euro. Staatliche Unterhaltsvorschüsse werden für höchstens 72 Monate gezahlt - und sollen später bei den säumigen Vätern zurückgeholt werden. Das gelingt den zuständigen Behörden nur in jedem fünften Fall. Im Unterhaltsrecht sind zudem falsche Vorstellungen über Zahlungsverpflichtungen weitverbreitet. Aktuelle Gerichtsurteile und häufige Rechtsirrtümer im Überblick.

Scheidungskosten

Geschiedene können ihre angefallenen Ausgaben für das Scheidungsverfahren nach einem neuen Urteil des Finanzgerichts Köln weiterhin steuerlich absetzen (Az. 14 K 1861/15). Expartner sollten sich zudem auf drei Musterprozesse berufen, die derzeit zu dieser Rechtsfrage noch beim Bundesfinanzhof anhängig sind (Aktenzeichen VI R 66/14, VI R 81/14 und VI R 19/15).

Scheidungsfolgen-Vereinbarung

Ein Ehevertrag kann nicht nur vor der Heirat geschlossen werden, sondern auch am Ende einer Beziehung. In der sogenannten Scheidungsfolgenvereinbarung verpflichten sich Geschiedene in der Regel auch zu Unterhaltszahlungen. Bis zu 13.805 Euro Unterhaltskosten pro Jahr sind dann für den Zahler als Sonderausgaben absetzbar - allerdings nur, wenn der Leistungsempfänger in das "Real-Splitting" einwilligt. Dazu muss der Unterhaltszahler bei der Steuer­erklärung neben dem Mantel­bogen auch die Anlage U ausfüllen, der Unterhaltsempfänger die Leistungen mit der Anlage SO ("Sonstige Einkünfte") und in Anlage U im Abschnitt B des Expartners bestätigen.

Außergewöhnliche Belastungen

Verweigert der Leistungsempfänger die Mitwirkung an der Steuererklärung des Unterhaltszahlers, kann dieser seine Leistungen für dieses Jahr nur bis zur Höhe von 8.652 Euro als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzen. Das sind immerhin 180 Euro mehr als im Vorjahr. Zusätzlich können Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung geltend gemacht werden, die man für den Expartner übernimmt. Wenn der Unterstützte Einkünfte und Bezüge von mehr als 624 Euro im Jahr hat, werden diese aber auf die absetzbaren Unterhaltszahlungen angerechnet. Ebenfalls zu beachten: Unterhaltszahlungen an Kinder können steuerlich nur geltend gemacht werden, wenn der Leistende keinen Anspruch auf Kindergeld hat.

"Opfergrenze" für Unterhaltszahler

Auch bei einer Steuernachzahlung für mehrere Jahre sind Unterhaltsleistungen als ­außergewöhnliche Belastung abziehbar, entschied kürzlich der Bundesfinanzhof. Erfolgreich geklagt hat ein Freiberufler, der seinen zwei auswärtig studierenden Söhnen jeweils 8.004 Euro Unterhalt jährlich gezahlt hatte. Bei einem Jahreseinkommen von 480.000 Euro musste er für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 Einkommensteuern von rund 564.000 Euro nachzahlen. (Aktenzeichen VI R 24/15).

Elterngeld-Anrechnung

Der Bundes­finanzhof wird bald ein ­Urteil zur steuerlichen Anrechnung von Elterngeld (Höchstbetrag: 1.800 Euro) auf Unterhaltszahlungen fällen. Die Alternativen: Die Leistung kann in voller Höhe als "Bezüge" gegengerechnet werden oder muss stets um den Sockel­betrag von 300 Euro gekürzt werden. Sollten die Bundes­richter das erst­instanzliche Urteil bestätigen, wäre das Elterngeld in voller Höhe als "Bezüge" bei dem unterstützten Lebensgefährten anzurechnen (Aktenzeichen VI R 57/15).

Kindergeldverteilung

Betreuen beide Expartner den Nachwuchs, gibt es häufig Streit um die Verteilung des Kindergelds. Dazu fällte der Bundesgerichtshof kürzlich ein Grundsatzurteil: Bei einem Wechselmodell mit gleichwertigem Betreuungsanteil steht jedem Elternteil zunächst nur ein Viertel des gezahlten Kindergelds zu. Die zweite Hälfte der staatlichen Leistung muss bei der gegenseitigen Verteilung und Abrechnung der Barunterhaltsverpflichtung entsprechend den beiderseitigen Einkünften berücksichtigt werden (Aktenzeichen XII ZB 45/15).

Entlastungsbetrag Alleinerziehende

Für dieses Jahr steht Alleinerziehenden ein Entlastungsbetrag von 1.908 Euro zu. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um 240 Euro. Wichtig: Arbeitnehmer müssen einen neuen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen, um diesen Steuervorteil 2016 zu ­erhalten. Expartner, die zwei gemeinsame Kinder haben und für den eigenen Haushalt je ein Kind melden, können beide den vollen Entlastungsbetrag beanspruchen. Nicht relevant ist, wo die Kinder tatsächlich leben. Ebenfalls zu beachten: Eine alleinerziehende Mutter bekommt auch dann keinen erhöhten Entlastungsbetrag, wenn der Vater des Kindes keinen Unterhalt zahlt, entschied der Bundesfinanzhof (Akten­zeichen III R 36/14).

Unterhaltspflicht gegenüber Eltern

Kinder sind Eltern gegenüber grundsätzlich zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet, wenn deren Einkommen und Vermögen nicht mehr ausreicht, den eigenen Lebensunterhalt zu decken. Sie müssen dafür jedoch nur aufkommen, wenn sie es sich wirklich leisten können. Mehrere volljährige Kinder haften anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Die Unterhaltsbelastung wird entsprechend zwischen den Geschwistern aufgeteilt. In der Regel muss das besser verdienende Geschwisterkind dann einen höheren Unterhaltsbeitrag zahlen. Erzielt ein verheiratetes unterhaltspflichtiges Kind kein Einkommen, errechnet sich die Unterhaltspflicht aus seinem sogenannten Taschengeldanspruch gegen seinen Ehepartner. Dieser beträgt in der Regel fünf bis sieben Prozent des Nettoeinkommens des Ehegatten. Es darf aber nur die Hälfte dieses Taschengeld­anspruchs für den Unterhalt der Eltern eingesetzt werden.

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