Rürup-Rente: Wo es Sinn macht - wo nicht
Die staatlich geförderte Rürup-Rente kann auch für gut bezahlte Angestellte und Beamte interessant sein. €uro am Sonntag zeigt Chancen und Gefahren.
von Uwe Schmidt-Kasparek, €uro am Sonntag
Bei vielen Fachleuten heißt sie Basisrente, Produkte tragen oft diesen Namen. In der breiten Öffentlichkeit hat sich hingegen seit ihrem Start vor zwölf Jahren die Bezeichnung Rürup-Rente durchgesetzt. Der Name stammt von Bert Rürup, Wirtschaftswissenschaftler und früherer Vorsitzender einer Regierungskommission, die Vorschläge für das Rentensystem erarbeitet hatte.
Konzipiert wurde die Basisrente für Selbstständige, die eine steuerlich geförderte Altersvorsorge betreiben wollen. Denn die beiden anderen staatlich geförderten Vorsorgearten, die Riester- Rente und die betriebliche Altersvorsorge, sind für diese Berufsgruppe nicht oder nur über Umwege erreichbar. Angesichts der engen Zielgruppe fristet die Rürup-Rente ein Schattendasein. Bis Ende 2016 hatten sie rund zwei Millionen Kunden abgeschlossen. Riester-Verträge gibt es achtmal so viele.
Doch ein Rürup-Vertrag ist auch für Angestellte oder Beamte interessant, wenn sie ein sehr hohes Einkommen haben und somit viel Steuern sparen können. Das zeigen Musterrechnungen des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP; siehe pdf-Tabelle unten). Grundsätzlich gilt: 2017 können Beiträge zur Rürup-Rente in Höhe von 84 Prozent des Höchstbetrags von 23.362 Euro (also 19.624 Euro) als Sonderausgaben steuerlich abgesetzt werden - für alle Verträge, die bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Der Prozentsatz steigt bis 2025 von Jahr zu Jahr. Im Gegenzug muss die Rente bei Bezug Jahr für Jahr höher versteuert werden - ab 2040 in vollem Umfang.
Das IVFP hat die Renditen für eine sichere, klassische Rürup-Rentenversicherung kalkuliert, die den aktuell geltenden jährlichen Garantiezins von 0,9 Prozent zahlt. Mit Überschüssen ergibt sich eine Gesamtverzinsung von 2,5 Prozent, ein zumindest im aktuellen Zinsumfeld realistischer Wert.
Wette auf ein langes Leben
Die Rürup-Rente ist unter anderem eine Wette auf ein langes Leben. Angenommen, ein 45-Jähriger schließt eine Police ab und erreicht das vom DAV, der Vereinigung deutscher Versicherungsmathematiker, für Männer errechnete zu erwartende Durchschnittsalter von 93,1 Jahren. Dann erzielt er nach Steuer eine Rendite von 2,61 Prozent. Wer fünf Jahre früher, also mit 88 Jahren, stirbt, hat immerhin eine Rendite von 1,88 Prozent. Unterstellt wird bei dieser Analyse, dass der Versicherte im Alter nur noch 70 Prozent jenes Steuersatzes zahlen muss, der für ihn im aktiven Berufsleben galt.
Besser schneidet ein Ehepaar ab, bei dem die Police auf die Frau läuft. Hier gibt es bei durchschnittlicher Lebenserwartung, die um einiges höher als beim Mann liegt, eine Nachsteuerrendite von 3,25 Prozent. Und stirbt die Frau wiederum fünf Jahre früher, liegt die Rendite noch bei 2,68 Prozent.
"In unserer Simulation ist eine Absicherung von Hinterbliebenen enthalten", erläutert IVFP-Geschäftsführer Michael Hauer. Diese Absicherung ist oft Stein des Anstoßes und Verkaufshindernis. Grund: Die Rürup-Rente funktioniert eigentlich wie die gesetzliche Rente. Das angesparte Kapital kann nicht entnommen werden, ein Ausstieg ist somit nicht möglich. Wer den Vertrag nicht mehr besparen will, muss ihn beitragsfrei stellen; das Guthaben bleibt dann bis zum Rentenalter stehen. Die Auszahlung als lebenslange Rente erfolgt frühestens ab dem 62. Lebensjahr.
"Übertragung, Beleihung, Veräußerung oder Kapitalisierung von Beiträgen und Leistungen sind nicht vorgesehen. Die Ansprüche sind nicht vererbbar", heißt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Angesichts dieser Rahmenbedingungen gelten Rürup-Verträge bei vielen Verbraucherschützern als zu unflexibel. "Kaum ein Sparer möchte sich in so ein enges Korsett begeben", glaubt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Zurück zum Hinterbliebenenschutz: "In der Praxis ist er schon voreingestellt", erklärt Experte Hauer. Der Schutz müsse in der Regel aktiv abgewählt werden. Damit geht das eingezahlte Kapital nicht verloren, wenn der Versicherte während der Ansparphase oder in der Rentenbezugszeit frühzeitig stirbt. Es wird dann - ebenfalls als lebenslange Rente - an die Hinterbliebenen ausgezahlt. Eine Beispielrechnung des Versicherers Europa zeigt, dass man beim Wegfall einer Todesfallabsicherung rund 16 Prozent weniger einzahlen muss, um die gleiche Rente zu erzielen. Diesen Aufwand können aber nur kinderlose Singles genießen, die niemanden versorgen müssen.
Wer sein Geld risikoreicher anlegen will, kann zu Fondspolicen greifen. Hier wird das Geld in Fonds investiert. Entsprechend höher sind die Gewinnchancen, aber natürlich auch die Risiken. Anders als bei Riester und betrieblicher Altersvorsorge muss der Rürup-Anbieter nämlich nicht garantieren, dass bei Rentenbeginn mindestens die Prämien plus Förderungen ausgezahlt werden. Das heißt: Zumindest theoretisch können solche Policen sogar im Minus enden.
Fondspolicen für Risikobereite
Doch angesichts der - zumindest über längere Zeiträume - überdurchschnittlichen Aktienrenditen sagt Hauer: "Für risikobereite Kunden sind Rürup-Fondspolicen ein Rendite-Turbo." Er rät bei längeren Laufzeiten über zwölf Jahre zum Abschluss einer Fondspolice. Damit würden höhere Renditechancen und Steuervorteile kombiniert.
Außerdem kann die Rente durch Einmalzahlungen jederzeit aufgestockt werden - und dabei lassen sich auch die Steuervorteile mitnehmen. Diese Regelung gilt auch für Angestellte und Beamte. Dabei müssen die Anbieter aber ermöglichen, dass für die Zuzahlungen die Bedingungen bei Vertragsbeginn gelten. Hauer: "Das ist ein ganz wichtiges Kriterium bei der Auswahl eines Tarifs, das der Berater oder Versicherungsmakler dokumentieren muss." Wie teuer der Rürup-Vertrag bei einzelnen Anbietern ist, kann man im Produktinformationsblatt nachlesen. Hier muss die sogenannte Renditeminderung durch die Kosten in Prozent dargestellt werden.
Sicherheitshalber sollte die Option eines Anbieterwechsels vereinbart werden. Wer direkt mit einer positiven Verzinsung auf seinem Rürup-Konto starten möchte, kann den Vertrag auch bei einem Honorarberater abschließen. Dann muss der Kunde nicht fünf Jahre lang eine Abschlussprovision über die Prämie mitfinanzieren. Der Vermittler erhält ein Honorar, das laut Marktbeobachtern bei einfachen Vertragsabschlüssen lediglich 500 Euro betragen soll. Noch gibt es aber nur wenige Anbieter, die provisionsfreie Rürup-Verträge anbieten.
Generell meint Experte Hauer: "Die Rürup-Rente ist das ideale Vorsorge-Instrument für die Generation 50plus." Besonders geeignet sei sie für einen nicht arbeitenden Ehepartner. "In der Regel ist der Ehemann schon deutlich über hohe gesetzliche und betriebliche Ansprüche abgesichert. Das gilt aber meist nicht für die Ehefrau", so Hauer. Und Frauen werden statistisch deutlich älter - eine lebenslange Absicherung ist daher für sie noch wichtiger.
Beispielrechnungen zur Rürup-Rente (pdf)
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