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Exklusiver Test: Diese Banken beraten am besten

20.01.18 01:00 Uhr

Exklusiver Test: Diese Banken beraten am besten | finanzen.net

In deutschen Bankfilialen ist längst nicht mehr jeder Mitarbeiter ein Berater. Im Gespräch selbst werden eher Daten gesammelt als Tipps gegeben.

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von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Wenn Sie bitte noch hier ­unterschreiben …" Rund die Hälfte unserer Tester staunte nicht schlecht, ­als sie am Ende ihrer Beratung das Gesprächsprotokoll zur Unterschrift präsentiert bekamen. Bislang kam es in den sechs Jahren, in denen €uro am Sonntag anonyme Banktester losschickt, um die Qualität der Beratung in den Filialen zu testen, eher selten vor, dass die Kunden das Beratungsprotokoll unterschreiben sollten.

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"Es scheint so, als wollten die Institute möglichst jedes Risiko auf ihre Kunden abwälzen", sagt Jörn Hüsgen, Chef des Deutschen Kundeninstituts (DKI), dessen Tester im Auftrag von €uro am Sonntag über 100 Testgespräche geführt haben. Eigentlich wurde das Beratungsprotokoll ins Leben gerufen, um dem Kunden etwas in die Hand zu geben, das ihm etwa vor Gericht helfen soll, der Bank eventuelle Versäumnisse nachzuweisen. Man schrieb damals das Jahr 2010 und die Erinnerung an die zahlreichen Prozesse um ausgefallene Zertifikate des US-Instituts Lehman Brothers, die deutschen Bankkunden als Festgeldersatz offeriert worden waren, war noch frisch. Doch bereits als das Protokoll eingeführt wurde, warnten Verbraucherschützer, dass es eher den Banken helfe als den Kunden.

Dass diese nun vermehrt dazu gedrängt werden, das Protokoll zu unterschreiben, ist ein klares Indiz dafür, dass die Verbraucherschützer Recht behalten. "Mit meiner Unterschrift erkläre ich implizit, dass die Beratung in Ordnung war", so Hüsgen. Da mag es fast wie ein Segen erscheinen, dass das Beratungsprotokoll am 3. Januar dieses Jahres - unsere Tester waren von September bis Dezember 2017 unterwegs - durch die sogenannte Geeignetheits­erklärung ersetzt wurde.
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Dabei handelt es sich um ein Ergebnisprotokoll, in dem der Berater darlegt, warum er im Gespräch dieses oder jenes Produkt empfohlen hat. Auch bei dem neuen Schriftstück sind sich Verbraucherschützer sicher, dass es die Banken eher in ihrem Sinne nutzen werden. Tatsache ist jedoch, dass auch die Geeignetheitserklärung, wie das Beratungsprotokoll, nicht unterschrieben werden muss.

Wie Beratung funktioniert

Die Unterschriften unter den Beratungsprotokollen waren nur eine Erkenntnis unseres großen Beratungstests. Wie in den vergangenen sechs Jahren wurden gemeinsam mit dem DKI 14 Banken mit Filialnetz untersucht. Dabei ging es neben der Leistung im Beratungsgespräch und den empfohlenen Produkten, die mit jeweils 40 Prozent in die Wertung einflossen, auch um den Service, konkret die Erreichbarkeit der Bank sowie das Onlineangebot. Ziel war es zu zeigen, welche Institute im Vergleich zur Konkurrenz am besten beraten. In die Auswahl kamen neben den großen, bundesweit aufgestellten Privatbanken auch große Sparkassen, Genossenschafts- und Sparda-Banken.

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Um ein Gefühl für die Arbeit in den Filialen zu bekommen, zogen auch in diesem Jahr wieder anonyme Testkunden mit drei unterschiedlichen Risikoneigungen los. Alle drei Anlegertypen (siehe unten) wollten 20.000 Euro für zehn Jahre investieren. In die Auswertungen der einzelnen Kundentypen flossen die Ergebnisse der Beratungsgespräche und die Punkte, die es für die Anlageempfehlungen gab, ein.

Bei den Beratungsgesprächen fiel auf, dass die Termine bei den meisten Banken einem strengen Schema folgen. Das mag einerseits zwar wenig Platz für eine individuelle Beratung lassen, andererseits werden so nach und nach alle wichtigen Fragen, die der Kunde für eine treffende Empfehlung beantworten sollte, gestellt - und dabei jede Menge Daten gesammelt. So wurde die finanzielle Situation der Testanleger in 86 Prozent der Fälle ausführlich ermittelt. 2017 war dies nur in 75 Prozent der Gespräche der Fall.

Nur bei zwei Prozent fand keine Vermögensermittlung statt. Die Frage nach eventuell vorhandenen Schulden wurde nur in etwas mehr als jedem zweiten Fall gestellt. In jedem zehnten Gespräch wurde erst gar nicht nach den Erfahrungen des jeweiligen Kunden beim Geldanlegen gefragt. "Das ist insofern bemerkenswert, da Bankberater bei fast allen Instituten angehalten sind, Kunden in entsprechende Risikoklassen einzuteilen", sagt DKI-Chef Hüsgen. Übrigens: Welche Fragen Kunden im Beratungsgespräch stellen sollten, erfahren Sie in unserer Zusammenstellung (siehe unten).

Gesamtwertung des Bankentests (pdf)

Nicht jeder darf beraten

In nicht wenigen Fällen wurden die Kunden auf einen weiteren Termin vertröstet, da ihr Gegenüber im ersten Gespräch nur befugt war, die Daten und Anlagepräferenzen des Kunden aufzunehmen, aber nicht konkret beraten und Produkte empfehlen durfte. "Das sorgt für Unmut bei den Kunden und zeigt auch, dass viele Bankmitarbeiter längst keine Berater mehr sind", so DKI-Chef Hüsgen.

Um die Vorschläge der Berater zu beurteilen, hat €uro am Sonntag die Anlageempfehlungen einander gegenübergestellt und bewertet. So bekam die im Verhältnis zum Rest beste Empfehlung die meisten Punkte. Während beim ­defensiven Kundentyp eigentlich nur Tagesgeldkonten und Sparbücher die richtige Wahl gewesen wären, bekamen beim renditeorientierten Anleger kapitalmarktnahe Produkte wie Aktienfonds, die sich leicht wieder verkaufen lassen, die meisten Punkte. Beim offensiven Anleger haben volatile und rendite­trächtige Anlagen wie Aktienfonds, die stark in Schwellenländer­investieren, oder Hochzinsanleihen viele Punkte gebracht.

Mit angezogener Handbremse

In der Tendenz wurden defensiven Kunden zu unflexible Produkte empfohlen. Bei den offensiven Testkunden waren die vorgeschlagenen Produkte zu defensiv. Einzig bei den mittleren, renditeorientierten Kunden wählten die meisten Banken den passenden Mix. Darüber hinaus fiel auf, dass die Geldhäuser wie in den Jahren zuvor in der Regel auf hauseigene Produkte oder Angebote ihrer Kooperationspartner zurückgreifen. "Auf diese Weise bleiben die Provisionen im eigenen Haus", so Hüsgen.

Die meisten Punkte für ihre Anlageempfehlungen holte, wie auch im Jahr 2016, die GLS Bank. Vor allem bei offensiven und bei defensiven Kunden konnte die ökologisch-soziale Genossenschaftsbank mit Hauptsitz in Bochum punkten. Obendrein waren die Produkte die günstigsten im gesamten Test. Die Produktempfehlungen der Stadtsparkasse Düsseldorf bekamen die wenigsten Punkte. So wurde einem Testkunden mit defensivem Profil geraten, in Immobilien- und Mischfonds zu investieren. Was dem Wunsch des Kunden, zu keiner Zeit ins Minus zu rutschen, keineswegs entspricht.

Was (guter) Rat kostet

Der Ausgabeaufschlag liegt im Durchschnitt über alle Empfehlungen bei 2,94 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 3,22 Prozent gewesen. Der Ausgabeaufschlag der von der GLS Bank empfohlenen Produkte war mit durchschnittlich 0,99 Prozent am niedrigsten. Am höchsten war er im Schnitt bei den Produkten der Postbank (4,24 Prozent). Die Kreissparkasse München empfahl mit dem Immobilienfonds Deka-Immobilien Europa das Produkt mit dem jeweils höchsten Ausgabeaufschlag (5,26 Prozent).

Die Verbundvolksbank Ostwestfalen-Lippe und die Targobank fallen positiv auf, da sie einigen Testern ausschließlich Produkte ohne Ausgabeaufschlag empfahlen. Die durchschnittliche Gesamtkostenquote, die Summe aller laufenden Kosten betrug bei allen Produktempfehlungen 1,62 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr (1,5 Prozent) ist der Wert etwas höher. Die durchschnittliche Gesamtkostenquote der von der Commerzbank empfohlenen Produkte (2,16 Prozent) ist wie in den Jahren zuvor am höchsten. Bei der Stadtsparkasse Düsseldorf ist sie mit 1,18 Prozent am geringsten. Hohe Kosten gehen zulasten der Rendite. Wem es auf eine möglichst hohe Rendite ankommt, der sollte eine Bank wählen, die Produkte empfiehlt, die nicht nur am besten zu den Kundenwünschen passen, sondern obendrein kostengünstig sind.

Die Verwaltungsvergütungen der von der Commerzbank empfohlenen Produkte sind wie schon im Vorjahr im Schnitt am höchsten (1,71 Prozent). Die GLS Bank ist hier mit durchschnittlich 0,87 Prozent am günstigsten.

Sieger und Verlierer

Unterm Strich machte die Hypo­Vereinsbank als Gesamtsiegerin das Rennen. Die Münchner, die seit nun über einem Jahrzehnt zum italienischen Unicredit-Konzern gehören, konnten zwar bei keinem Kundenprofil den ersten Platz ergattern, sich aber in allen ­Kategorien und Kundentypen in der Spitzengruppe festsetzen. Das Gleiche gilt - allerdings mit Abstrichen - für die Deutsche Bank, die in der Gesamtwertung den zweiten Platz erreichte. Die Targobank kam auf Rang 3, dicht gefolgt von der GLS Bank. Die Sparda-Bank ­Baden-Württemberg ist als Fünftplatzierte die Regionalbank mit der besten Wertung. Vergangenes Jahr konnte mit der Mittelhessischen Volksbank eine Regionalbank sogar Erste werden.

Ganz hinten finden sich die Santander Bank und die Sparda-Bank Hamburg. Letztere verlor dadurch Punkte, dass in einem Gespräch (mit offensivem Profil) kein Vermögenscheck mit dem Kunden vorgenommen wurde und dieser auch nicht nach seinen Erfahrungen mit Geldanlagen gefragt wurde. Die Risikohinweise zu den empfohlenen Produkten empfanden nur zwei von sechs Testern als ausführlich. Zudem wurden die Kosten der Produkte in zwei Gesprächen erst gar nicht aufgeschlüsselt.

Sechs Teilergebnisse des Bankentests (pdf)

So wurde gewertet:

Um die Beratungen der Banken zu testen, zogen anonyme Testkunden mit unterschiedlichen Risikoneigungen los. Alle drei Typen (siehe unten) wollten 20.000 Euro für zehn Jahre anlegen. In die Auswertungen der einzelnen Kundentypen flossen die Ergebnisse der Beratungsgespräche und die Punkte der Anlageempfehlungen, die es für den jeweiligen Kundentyp gab, ein. Ins Gesamt­ergebnis flossen alle Beratungsgespräche und alle Anlageempfehlungen mit je 40 Prozent ein. Zusätzlich wurde beim "Kundenservice" getestet, wie die Banken beispielsweise online auf Anfragen von Kunden reagieren (20 Prozent der Punkte).

Anlegertypen:

Der Defensive
Dieser Anlegertyp möchte für ­einen Zeitraum von zehn Jahren 20.000 Euro anlegen. Er will sein ­Kapital in jedem Fall erhalten, Rendite ist zweitrangig. Der Kunde will in Notfällen jederzeit auf das Geld zurückgreifen können.

Der Renditeorientierte
Dieser Kunde will ebenfalls 20.000 Euro auf zehn Jahre investieren. Er bevorzugt eine sichere Anlage, ist aber bereit, für eine höhere Rendite zehn Prozent des Kapitals zu riskieren. Auch er will stets auf das Geld zurückgreifen können.

Der Offensive
Er will aus seinen 20.000 Euro binnen zehn Jahren das Maximum herausholen. Er kann hohe Einbußen bis zum ­Totalverlust verkraften.

Die richtigen Fragen stellen:

Der zertifizierte Finanzplaner Arndt Stiegeler hat fünf Fragen zusammengestellt, die Kunden vor und in ­einem Beratungsgespräch berücksichtigen sollten.

Welche Risiken habe ich? Es bringt nichts, Geld anzulegen, wenn existenzbedrohende Risiken wie Berufsunfähigkeit noch nicht abgedeckt sind.

Wie ist es um meine Finanzen bestellt? Die wenigsten wissen, was sie sich leisten können. Stiegeler rät, laufende Ausgaben (Lebenshaltung, Versicherungsprämien und so weiter) von den Einnahmen aus Gehalt, Vermietung und Kapital abzuziehen. Diesen sogenannten Liquiditätsüberschuss kann man dann zur Hälfte anlegen. Der Rest sollte auf einem Tagesgeldkonto liegen, um Unvorhergesehenes wie eine kaputte Wasch­maschine zu finanzieren. Wer Schulden hat, die nicht steuerlich genutzt werden können, sollte diese zuerst tilgen, bevor er anlegt.

Was brauche ich? Geht es um das Thema ­Vorsorge, lohnt es sich auszurechnen, welche Lebenshaltungskosten im Alter auf einen zukommen. Dazu sollten die aktuellen Ausgaben analysiert und Kosten, die rund um den Job entstehen, davon abgezogen werden. Der Rentenbescheid gibt Auskunft über das, was man vom Staat erwarten kann. Das ist in den meisten Fällen nicht genug. Wer mehr will, muss privat vorsorgen. Um ein einigermaßen stimmiges Bild von der ­Zukunft zu bekommen, sollte in jede Berechnung die Inflation mit rund zwei Prozent jährlich einfließen. In Sachen Anlageklassen gilt: Je näher die Rente, desto eher sind Produkte mit sicherer Rendite wie festver­zinsliche Wertpapiere geeignet. Wer in 30 Jahren in Rente geht, kann schwankungsanfällige Investments wie Aktien eingehen.

Wie funktioniert das? Wer beim Nach­fragen den Eindruck gewinnt, dass der Berater selbst nicht versteht, worüber er spricht, sollte die Bank wechseln.

Wie groß ist mein Risiko und wie kann ich das Produkt wieder verkaufen? Während auf den Informationsblättern zu Produkten inzwischen ausführlich auf mögliche Risiken hingewiesen wird, sollten Kunden bei den Möglichkeiten, ihr Produkt wieder zu verkaufen, genau hinhören und nachfragen. Insbesondere bei Geschlossenen Beteiligungen ist der Ausstieg in der Regel schwer.

Bildquellen: SVLuma / Shutterstock.com, iStockphoto