Private Krankenversicherung: Wechseln und Sparen
Während junge Kunden deutlich weniger zahlen als in der Gesetzlichen, berappen alte umso mehr. €uro am Sonntag zeigt die Auswege.
von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag
Nach einer Beitragsüberprüfung müssen wir Beitragsänderungen durchführen." Ein Satz, der vielen Privatversicherten jenseits der 50 bekannt vorkommt. Die etwas ungelenke Formulierung bedeutet im Klartext: Es wird teurer. Werner Friedbusch (Name geändert) kennt diese Schreiben. Er ist 53 und seit seinem 35. Lebensjahr privat krankenversichert. Anfangs hat er für seinen sehr umfangreichen Tarif rund 300 Euro gezahlt. "Früher habe ich meistens noch etwas von meiner Prämie zurückbekommen. Wenn ich aber die Steigerungen der vergangenen Jahre hochrechne, weiß ich nicht, ob ich als Rentner noch privat versichert bleiben kann", sagt er.
Wie Werner Friedbusch geht es Hunderttausenden von Privatversicherten. Sie wechselten als junge Menschen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung (PKV) und zahlten deutlich weniger. Doch mit zunehmendem Alter steigen die Prämien. Es gibt Tarife, deren Beiträge sich langsam erhöhen, aber auch solche, die sich extrem verteuern. Laut dem Bund der Versicherten wird die Private im Schnitt pro Jahr fünf Prozent teurer. Zu welcher Gruppe der eigene Tarif gehört, zeigt sich oft erst, wenn die Prämie anzieht.
Grund hierfür ist der medizinische Fortschritt, der zwar dafür sorgt, dass Menschen immer älter werden, aber auch dafür, dass sie immer intensiver medizinisch versorgt werden müssen. Dazu kommt das Zinstief, weshalb die Alterungsrückstellungen der Privatversicherten (siehe Glossar) nicht mehr so hoch verzinst angelegt werden können wie noch vor einigen Jahren.
Viel schwerer wiegt der dritte Punkt, den viele angestellte Privatversicherte gern verdrängen: Im Rentenalter zahlt der Arbeitgeber nicht mehr die Hälfte des Beitrags. Von der Rentenkasse kommt kaum etwas dazu. Bei einer Rente von 2.000 Euro gibt es maximal 146 Euro Zuschuss für die PKV. Ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn die Prämie erst einmal vierstellig ist. Daher raten Experten Privatversicherten, den Betrag anzulegen, den sie gegenüber der Gesetzlichen sparen, um später davon zehren zu können.
Rechnung mit Unbekannten
Werner Friedbusch kann es sich mit seinen 53 Jahren noch überlegen, ob er zurück in die gesetzliche Krankenkasse (GKV) oder privat versichert bleiben will. Ab dem 55. Geburtstag gibt es praktisch kein Zurück mehr aus der Privaten, es sei denn, er wird Sozialhilfeempfänger.Friedbusch ist sich nicht sicher. Zurück in die GKV bedeutet, dass er sich die Krankenversicherung leisten kann, aber nicht weiß, was er für sein Geld bekommt. Der Bund kann die Leistungen der Gesetzlichen jederzeit kürzen. In der PKV weiß er, was er bekommt, aber nicht, ob er es sich noch leisten kann.
Für Privatversicherte, die eine kleine Rente erwarten, kann es sich lohnen, in die Gesetzliche zurückzuwechseln. Wer die magische Grenze von 55 Jahren noch nicht überschritten hat, für den reicht es seit einer Änderung im Paragrafen 188 Absatz IV des Sozialgesetzbuchs Band V im Jahr 2014, einen Monat versicherungspflichtig geworden zu sein. Das heißt: Er muss einen Monat lang weniger als 4.575 Euro brutto verdienen. Wer bereits vor 2009 privat versichert war, muss beim Monatsbrutto sogar unter 4.050 Euro bleiben.
"Für Angestellte kann das heißen, dass sie mit ihrem Chef eine einmonatige Teilzeit vereinbaren", erklärt Versicherungsmakler Thomas Adolph. Denn auch wer insgesamt im Jahr über 54.900 Euro verdient - dort liegt die Versicherungspflichtgrenze -, kann gesetzlich versichert bleiben. Selbstständige und Freiberufler haben es schwerer: Sie müssen sich einen Monat lang versicherungspflichtig anstellen lassen. "Minijobs auf 450-Euro-Basis gehören nicht dazu", warnt Adolph.
Neben dem "Systemwechsel" gibt es noch die Möglichkeit, innerhalb der Privaten zu wechseln. Das ist nach Paragraf 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ausdrücklich erlaubt. Zudem müssen die Versicherer, wenn sie die Prämie erhöhen, darauf hinweisen, dass der Kunde in einen günstigeren Tarif wechseln kann. "Wenn Wechselwillige kommen, stellen sich viele Versicherer erst mal stur", weiß Versicherungsberater Thorsten Rudnik, der lange für den Bund der Versicherten gearbeitet hat. Schließlich müssen sie mit geringeren Einnahmen rechnen. Rudnik rät, hartnäckig zu bleiben. "Es gibt fast immer einen Tarif, in den es sich zu wechseln lohnt."
Wer innerhalb der Privaten wechselt, sollte nur innerhalb des Angebots der "eigenen" Gesellschaft wechseln. Nur so bleiben die Alterungsrückstellungen erhalten. Wer dagegen den Anbieter wechselt, kann das fürs Alter Ersparte nur mitnehmen, wenn er sich erstmals nach 2009 privat versichert hat. Und selbst dann bleibt ein Teil der Rückstellungen beim Altversicherer. Außerdem müssen Wechsler beim neuen Anbieter eine erneute Gesundheitsprüfung machen, und die fällt bei älteren Versicherten in der Regel schlechter aus, was wiederum zu höheren Prämien führt.
Hartnäckig bleiben
"Versicherte können sich ihren Wunschtarif auch maßschneidern", so Experte Adolph. Sie sollten die Gesellschaft auffordern, die Unterschiede des neu angebotenen gegenüber dem bisherigen Tarif zu nennen und die Mehrleistung auszuschließen. Das hören einige Versicherer nicht gern, so Adolph. "Aber mit etwas Nachdruck lassen sie die Versicherten zu ihrem Recht kommen."Hat der Versicherer nur einen oder wenige Tarife im Angebot, können Versicherungsberater, die sich auf geschlossene Alttarife spezialisiert haben, helfen. Sie finden meist einen Tarif, in den der Versicherte noch wechseln kann. Zudem kann man den angestammten Tarif "schlanker" machen. "Es muss nicht das Einbettzimmer mit Chefarztbehandlung sein", so Adolph.
Sind alle Alternativen zu teuer und der Wechsel in die Gesetzliche nicht mehr möglich, bietet die private Krankenversicherung zwei Tarife auf dem Niveau der gesetzlichen Versicherung: "Wer bereits vor 2009 privat krankenversichert war, kann in den Standardtarif wechseln", sagt Berater Rudnik. Wer dagegen erst seit 2009 in der PKV ist, hat diese Möglichkeit nicht mehr. Für diese Gruppe wurde der sogenannte Basistarif geschaffen. Beide kosten maximal den Höchstbeitrag der GKV, das sind derzeit rund 640 Euro.
Werner Friedbusch will es genau wissen und einen Versicherungsberater um Rat fragen. Je nach Aufwand braucht ein solcher Fachmann zwei bis fünf Stunden, um den Fall durchzurechnen und gegebenenfalls einen neuen Tarif zu finden. Friedrich rechnet mit 150 Euro Stundenhonorar. "Wenn ich am Ende Tausende sparen kann, wären auch 750 Euro gut angelegtes Geld", sagt er.
Glossar:
Alterungsrückstellungen: Damit im Alter die Kosten von Privatversicherten nicht den Großteil des Einkommens auffressen, bilden Versicherer für jeden Kunden sogenannte Alterungsrückstellungen. Dafür fließt von den Prämien ein bestimmter Anteil auf ein separates "Konto", das nach bestimmten Regeln verzinst und in der Rente nach und nach aufgezehrt wird. Bislang liegt der Garantiezins (auch Rechnungszins genannt) für die Rückstellungen bei 2,75 Prozent. Diese Hürde wird von einigen Gesellschaften seit einigen Jahren nur noch mit Mühe genommen. Im Schnitt kommt die Branche auf vier Prozent Verzinsung.
Versicherungspflichtgrenze und Beitragsbemessungsgrenze: Im Wechselspiel zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung gibt es zwei wichtige Grenzen. Die Versicherungspflichtgrenze gibt an, ab wann sich gesetzlich Versicherte privat versichern dürfen. Derzeit liegt sie bei 54 900 Euro Bruttojahreseinkommen. Die Beitragsbemessungsgrenze gibt an, bis zu welcher Einkommenshöhe Beiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung fällig werden. Sie liegt bei 49 500 Euro oder bei einem Monatsbrutto von 4125 Euro. Bezogen auf den aktuellen Beitragssatz (7,3 Prozent des Monatsbruttos zahlt der Arbeitgeber und zwischen 7,3 und 8,6 Prozent kommen vom Arbeitnehmer) sind das höchstens 656 Euro. Beide Grenzen werden jährlich angepasst, sprich heraufgesetzt.
Wer hilft: Wechselwillige Privatversicherte können sich an einen Versicherungsmakler oder einen Versicherungsberater wenden. Der Unterschied: Makler verdienen ihr Geld über die Provision, die sie für neu vermittelte Policen erhalten. Daher besteht die Gefahr, dass Makler eher dazu raten, die Gesellschaft zu wechseln, was für den Makler wegen der im Vergleich deutlich höheren Provision sehr lukrativ, für Versicherte in der Regel ungünstig ist. Das heißt aber nicht, dass alle Makler dieses Motiv haben. Versicherungsberater verdienen nicht an der Provision, sondern verlangen ein Honorar zwischen 70 und 150 Euro pro Stunde.
Mit Vorsicht begegnen sollten Wechselwillige Firmen, die "Beitragsoptimierung in der PKV" versprechen. Ihr Verdienst richtet sich nach der Ersparnis des Kunden. Das mag vordergründig sehr gut klingen, schließlich befinden sich Kunde und Dienstleister im selben Boot. Nicht selten sorgen diese Unternehmen aber dafür, dass die Versicherten in Billigtarife mit Leistungen noch unter dem Niveau der gesetzlichen Krankenkassen gedrängt werden.
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