Euro am Sonntag-Meldung

Altersvorsorge: Das Ende der Schrumpf-Renditen

03.11.18 12:00 Uhr

Altersvorsorge: Das Ende der Schrumpf-Renditen | finanzen.net

Die zehn Jahre dauernde Talfahrt für Lebensversicherte könnte 2019 enden. Grund sind Erleichterungen durch die Politik.

von Martin Reim, €uro am Sonntag

Kunden von Lebensversicherungen können für 2019 voraussichtlich aufatmen, was die Renditen ihrer Policen betrifft. Aufgrund einer Gesetzesänderung müssen die Versicherer für ihre langfristige Zukunftssicherung nicht mehr so viel Geld zurücklegen wie ­bislang. Entsprechend rechnet Analyst Thomas Keßling von der Ratingagentur Assekurata mit einer "Seitwärtsbewegung" bei den Verzinsungen. Falls das zuträfe, wäre es das Ende eines langjährigen Trends: Seit 2008 ging es kontinuierlich bergab.

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Entscheidend für diesen Umschwung ist die sogenannte Zins­zusatzreserve. Seit 2011 müssen die Lebensversicherer Geld zurücklegen, um ihre langfristigen Garantien für die Kunden bezahlen zu können. Diese Reserve bemisst sich am all­gemeinen Zinsniveau. Das ging immer weiter nach unten, entsprechend schwollen die Beträge an. Für 2017 wurden 15 Milliarden Euro fällig, was dem gesamten Eigenkapital der Branche entspricht.

2018 wäre es noch einmal maximal die Hälfte mehr gewesen. Die Branche ächzte unter dieser Last - Konzerne und Verbraucherschützer mahnten in seltener Einigkeit Reformen an. Nun erließ Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Verordnung, wonach die Regeln entschärft werden. Assekurata rechnet jetzt mit einem zusätzlichen Bedarf von nur noch maximal acht Milliarden Euro für dieses Jahr.
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Mehr Spielraum

Das eröffnet mehr Spielraum für die Überschussbeteiligung, die aus den Kapitalerträgen des laufenden Jahres stammt und ­jeweils für das kommende Jahr ausgewiesen wird. Allerdings gibt es eine gegenläufige Entwicklung: Die Renditen der Versichererportfolios sinken in diesem Jahr wohl ebenfalls, weil hoch verzinste Altanleihen ­auslaufen. Beide Bewegungen könnten sich, so das Kalkül von Assekurata, nun ausgleichen.

Für klassische private Rentenpolicen, die neu abgeschlossen werden, wurde für 2018 im Schnitt eine sogenannte laufende Verzinsung von 2,47 Prozent bezahlt. Alte Verträge mit hohen Garantien bekommen nach wie vor bis zu vier Prozent zugewiesen. Alle Zahlen beziehen sich auf den sogenannten Sparanteil, also Einzahlungen minus Kosten. Auf die gesamten Einzahlungen gerechnet liegt die Verzinsung also niedriger.

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Die laufende Verzinsung ist, einmal fest zugesagt, für dieses Jahr verbindlich. Hinzu kommen unverbindliche Zusagen, beides zusammen nennt sich Überschussbeteiligung. Üblicherweise geben die Versicherer im Lauf des Monats Dezember ihre Werte bekannt.

Gut 42 Millionen Lebensver­sicherungen zur Kapitalanlage gibt es, und für fast alle ist die Überschussbeteiligung relevant. Dies gilt auch für viele moderne Policen ohne gesetzlichen Garantiezins, etwa für Index­policen, die eine Teilhabe an ­einem Index ermöglichen.




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