Euro am Sonntag-Meinung

Kundenberatung: Alles eine Frage des Vertrauens

26.05.18 16:00 Uhr

Kundenberatung: Alles eine Frage des Vertrauens | finanzen.net

Zehn Jahre nach der Bankenkrise stehen viele Anleger, insbesondere in Deutschland, der Investmentbranche immer noch skeptisch gegenüber. So überzeugen Anlageberater die Kunden von ihrer Kompetenz und Seriosität.

von Susan Spinner, Gastautorin von Euro am Sonntag

Wenn es ums Geld geht, hört der Spaß auf! Und genau aus diesem Grund ist es für die Investmentbranche entscheidend, dass sie das Vertrauen der Anleger genießt. Doch spätestens seit der Bankenkrise 2008 ist es um ebendieses Vertrauen schlecht bestellt. Zwar konnte die Branche durch neue Regularien und mehr Transparenz in den vergangenen Jahren einiges Vertrauen zurückgewinnen, doch auch aktuelle Studien zeigen, dass weiterhin große Teile der Anlegerschaft skeptisch gegenüber ihren Beratern eingestellt sind. Dies gilt insbesondere für Deutschland.



Versucht man den Aufgabenbereich eines Anlageberaters möglichst prägnant zu beschreiben, könnte das Ergebnis etwa so aussehen: "Ein Anlageberater ist dafür zuständig, das Vermögen seiner Kunden zu schützen und zu vermehren." Aus dieser einfachen Beschreibung wird recht schnell deutlich, wie sehr das Kundenverhältnis in der Investmentbranche von Vertrauen geprägt sein muss. Doch gerade an diesem Vertrauen mangelt es bisweilen.

Laut einer aktuellen Studie des CFA Institute, des globalen Non-Profit-Berufsverbands für die Investmentbranche, bemängeln Privatanleger an ihren Finanzberatern am stärksten Defizite in puncto Transparenz bei Interessenkonflikten. Zwölf Prozent denken, dass ihnen entsprechende Konflikte nicht deutlich genug dargestellt werden, und 40 Prozent befürchten, dass Finanzberater nur in Teilen offen mit Interessenkonflikten umgehen. Insgesamt geht sogar ein Drittel davon aus, dass ihr Berater ihre Bedürfnisse nicht an erste Stelle setzt. Dies gilt insbesondere für deutsche Privatanleger, die sich im internationalen Vergleich noch skeptischer als ihre Nachbarn präsentieren. Nur knapp ein Viertel der Befragten gab an, der Finanzbranche zu vertrauen.


Solche Zahlen sollten Anlageberater aufhorchen lassen und als Anstoß dafür genommen werden, die Ursachen für das verloren gegangene Vertrauen zu identifizieren. Darauf aufbauend sollten dann Kriterien und Maßnahmen abgeleitet werden, um dem aktuellen Negativtrend entgegenzuwirken. Der erste Faktor, der einer erfolgreichen Zusammenarbeit zugrunde liegt, ist ein enges Vertrauensverhältnis. Hierbei ist eine zentrale Erkenntnis, die Anlageberater verinnerlichen sollten, dass dieses Vertrauen fortlaufend verdient werden muss. Es reicht nicht, sich auf einzelnen Erfolgen oder einem renommierten Namen auszuruhen. Stattdessen sind individuelle Lösungen für den jeweiligen Lebensabschnitt des Kunden gefragt.

Wertentwicklung, aber auch
Kundenbetreuung zählt

Allerdings muss für ein langfristiges Beratungsverhältnis auch die Investmentperformance den Erwartungen entsprechen. Zwar stellen doppelt so viele Privatanleger bei ihrer Anbieterentscheidung den Faktor Vertrauen über den der Performance, die Umfrage des CFA Institute zeigt aber auch, dass eine Underperformance einer der Hauptgründe für die Beendigung einer Geschäftsbeziehung ist.



Der nächste Faktor, der für den Erfolg des Beratungsverhältnisses ausschlaggebend ist, ist die Qualität der Kommunikation zwischen dem jeweiligen Kunden und seinem Berater. Besonders für Privatanleger sind die Anlageziele auch eng mit persönlichen Zielen verknüpft. Umso wichtiger ist es, dass der Berater regelmäßig erreichbar ist und seine Vorgehensweise plausibel zu vermitteln weiß. Eine zentrale Rolle nimmt hierbei die vollständige Transparenz bezüglich der berechneten Gebühren ein. Durch eine solche engmaschige und offene Art der Kundenbetreuung lässt sich ein Vertrauensverhältnis entwickeln, das sich nicht nur im direkten Kundenverhältnis positiv niederschlägt, sondern auch darüber hinaus positive Effekte mit sich bringen kann. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage des CFA Institute ist nämlich, dass 83 Prozent der Befragten aus Deutschland ihren Finanzberater weiterempfehlen würden, vorausgesetzt, sie sind mit dem Kooperationsverhältnis zufrieden.

Der vierte und historisch betrachtet neueste Faktor, der das Kundenverhältnis stark belasten kann, ist der Umgang mit den Themen Datenschutz und -sicherheit. Immer mehr Kunden fürchten sogenannte Cyberattacken auf ihre Vermögensverwalter und damit auch auf ihre eigenen Investments. Auch hier gilt es, nicht nur das eigene Unternehmen sicher aufzustellen, sondern auch die dazu ergriffenen Maßnahmen ausreichend zu kommunizieren. Der Anleger muss wissen, dass man die Probleme des digitalen Zeitalters erkannt hat und entsprechend gut auf diese Herausforderung vorbereitet ist.

Jüngere Anleger begreifen neue
Technologien als Chance

Doch der technologische Wandel bringt nicht nur Probleme mit sich, sondern birgt auch das Potenzial für eine Stärkung des Vertrauensverhältnisses zum Kunden. Vor allem im Bereich neuer Technologien für die Vermögensverwaltung nehmen die vormaligen Ressentiments der Privatanleger allmählich ab, sodass man mittlerweile von einem Trend in Richtung technologiegestütztes Asset-Management sprechen kann. Zwar sind die Anleger nach wie vor skeptisch, was vollautomatische Lösungen wie zum Beispiel Robo Advisers betrifft, doch gerade die jüngere Generation sieht in einer Kombination aus neuesten Technologien und persönlicher Beratung eine Chance für eine professionelle und damit auch vertrauenswürdige Vermögensberatung.

Abschließend lässt sich neben mehr Transparenz gegenüber dem Kunden und der unterstützenden Einbeziehung moderner Technologien die ethische Professionalisierung der Branche als ein weiterer Erfolgsfaktor für eine vertrauenswürdige Vermögensberatung und -verwaltung identifizieren. Laut der Studie des CFA Institute gaben nämlich 53 Prozent der deutschen Privatanleger an, professionelle Zertifizierungen wertzuschätzen. Darüber hinaus würden 58 Prozent der privaten Anleger es als vertrauensstiftend wahrnehmen, wenn sich ihre Investmentfirma einen branchenweit geltenden Verhaltenskodex auferlegen würde. Auch hier ist es vor allem die jüngere Generation, wie die viel diskutierten Millennials, die mehr Wert auf ethische Faktoren wie gesellschaftliche Verantwortung und nachhaltige Investmentportfolios legt. Wer also auch in Zukunft das Vertrauen seiner Kunden genießen möchte, muss sich hinsichtlich der vier oben genannten Faktoren sowie der Bereiche Ethik und höchste Berufsstandards stärker aufstellen.

zur Gastautorin:

Susan Spinner, Geschäftsführerin
der CFA Society Germany

Susan Spinner blickt auf rund 25 Jahre Berufserfahrung in der Investmentbranche zurück. Als globaler Non-Profit- Berufsverband für die Branche engagiert sich das CFA Institute für ethische und professionelle Standards in der Finanzindustrie. Mit rund 2.500 Mitgliedern ist die CFA Society Germany der größte Verband für Finanzanalysten, Investmentmanager und institutionelle Anleger in Deutschland.




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Bildquellen: CFA Society Germany, iStockphoto