Kapitalerträge: Was gilt bei der Günstigerprüfung?
Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen.
von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag
Ich wende mich an Sie wegen der Steuertipps für
Anleger in Ausgabe 22/2021. Hier ging es unter
anderem auch um Börsianer, die zweifeln, ob die
25-prozentige Abgeltungsteuer oder der persönliche Steuersatz auf Basis des Gesamteinkommens
für sie vorteilhafter ist. Sie können in der Steuererklärung eine "Günstigerprüfung" für Kapitaleinkünfte beantragen (Anlage KAP, Zeile 4). Dies
habe ich in meiner Steuererklärung für das vergangene Jahr praktiziert. Das Finanzamt hat
meine Erträge trotz 22 Prozent Durchschnittssteuersatz (laut Steuerbescheid) aber auf Basis der
Pauschalabgabe veranlagt. Ist das zulässig?
Euro am Sonntag: Maßgeblich bei der Günstigerprüfung ist nicht der Durchschnittssteuersatz eines Anlegers für sein zu versteuerndes Gesamteinkommen, sondern der sogenannte Grenzsteuersatz. Dieser bezeichnet den Steuersatz, mit dem die jeweils nächste Einheit der Steuerbemessungsgrundlage belastet wird, und steigt nicht linear an, sondern in Stufen. Für das Veranlagungsjahr 2020 betrug der Grenzsteuersatz bis zum Erreichen des Grundfreibetrags (9.408 Euro für Alleinstehende) null Prozent. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 9.409 Euro steigt der Grenzsteuersatz mit 14 Prozent sprunghaft an. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 57.052 Euro (Singles) wurde vergangenes Jahr die Spitzensteuersatzstufe von 42 Prozent erreicht. Der sogenannte Reichensteuersatz von 45 Prozent wurde schließlich ab 270.500 Euro steuerpflichtigen Einkünften fällig.
Liegen Anleger im Steuertarifsystem auch nur mit einem kleinen Teil ihres zu versteuernden Gesamteinkommens über 25 Prozent - wovon bei einem Durchschnittssteuersatz von 22 Prozent auszugehen ist -, bleibt es für Kapitalerträge bei der Abgeltungsteuer. Die Pauschalabgabe haben Banken, die hier als "Zahlstellen des Fiskus" fungieren, in der Regel bereits abgeführt. Die Veranlagung nach dem persönlichen Steuersatz kommt damit in diesem Fall nicht zum Tragen.
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