Euro am Sonntag-Interview

Oddo BHF-Chef Chaput: "Arbeiten an einem ­völlig neuen Investmentansatz"

22.07.18 15:00 Uhr

Oddo BHF-Chef Chaput: "Arbeiten an einem ­völlig neuen Investmentansatz" | finanzen.net
Nicolas Chaput, CEO der fusionierten Oddo BHF Asset Management

Der CEO der fusionierten Oddo BHF Asset Management, Nicolas Chaput, über die Expansionsstrategie seines Unternehmens, kulturelle ­Herausforderungen und die Rolle der Digitalisierung für sein Haus.

von Ronny Kohl, Euro am Sonntag

Es ist eines der spannendsten Projekte der europäischen Vermögensverwalterbranche - die Fusion des deutschen Fondsanbieter Frankfurt- Trust mit der deutsch-französischen ODDO BHF Asset Management, die im April dieses Jahres vollendet wurde. Über die Chancen der grenz­überschreitenden Verschmelzung sprach €uro am Sonntag mit Nicolas Chaput, Chef von Oddo BHF AM.



€uro am Sonntag: In Deutschland und Frankreich verwaltet Oddo BHF AM mehr als 60 Milliarden Euro. Wie sieht Ihre weitere Strategie für Deutschland aus?
Nicolas Chaput:
Wir haben weder eine französische noch eine deutsche oder eine Schweizer oder italienische Strategie. Wir sind davon überzeugt, dass Asset Management ein weltweites Geschäft ist. Wir investieren weltweit und wir müssen uns an globalen Trends orientieren. Aus diesem Grund ist es uns auch sehr wichtig, dass unsere Tochterunternehmen, nachdem sie Teil der Gruppe geworden sind, diesen globalen Ansatz umsetzen. Es gibt bei uns kein französisches oder deutsches Führungsteam. Wir sind international aufgestellt und ­erledigen unsere Geschäfte genau da, wo sie anfallen. Das gilt übrigens nicht nur für unser Investment- Team. Das gilt auch für unsere IT oder das Marketing.

Welche Rolle spielt der deutsche Markt für Ihr Geschäft?
60 Prozent unserer Assets under Management stammen von deutschen Kunden. Deutschland ist daher ganz klar unser wichtigster Markt. Wie auch in anderen Regionen achten wir darauf, dass wir Service und Vertrieb individuell gestalten und vor allem auch deutsche Mitarbeiter einsetzen. Wenn es darum geht, Vertrauen zu schaffen, ist eine gemeinsame kulturelle Basis immer von Vorteil.


Nun gibt es kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen. Ist dies hinderlich?
Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede. Wir setzen diese Unterschiede aber zum Nutzen unserer Kunden ein. Innerhalb des Unternehmens gibt es einige Initiativen, um den Austausch zu fördern. Deutsche Gründlichkeit und Planbarkeit, vereint mit französischer Flexibilität und Innovationskraft, ergänzen sich ideal.

Sie haben Niederlassungen in ­Düsseldorf und Frankfurt. Welche Rolle werden diese denn in Zukunft noch spielen?
Wir sind da sehr pragmatisch und uns dessen bewusst, dass Deutschland kein Zentralstaat ist wie etwa Frankreich. Obwohl Deutschland direkt neben Frankreich liegt, wären wir nie auf die Idee gekommen, das Geschäft von Paris aus zu steuern. Wir wollen als lokaler Dienstleister wahrgenommen werden.


Sie haben Ihre verschiedenen Standorte und Ihre gemeinsame Unternehmenskultur angesprochen. Wie schaffen Sie es, dass neue Tochterunternehmen die Kultur Ihres Hauses übernehmen?
Als vor drei Jahren die Kollegen aus Düsseldorf Teil der Oddo-Gruppe wurden, haben wir in erster Linie drei Ziele verfolgt: Uns war es erstens wichtig, beiden Unternehmenskulturen mit Respekt zu begegnen. Aus diesem Grund haben wir unserem Unternehmen nach dem Zusammenschluss auch einen gemeinsamen Namen gegeben. Zweitens war uns wichtig, dass klar ersichtlich ist, dass Qualität das wichtigste Kriterium ist. Uns ist die Nationalität unserer Führungskräfte egal. Allein die Leistung entscheidet. Das haben unsere Mitarbeiter schnell realisiert, da wir von diesem Grundsatz nicht nur gesprochen, sondern ihn auch umgesetzt haben.

Und drittens?
Drittens war für uns von zentraler Bedeutung, dass wir IT-Systeme und Verfahrensweisen vereinheitlichen. Die Zusammenarbeit muss reibungslos sein, damit eine gemeinsame Kultur entstehen kann.

Inwiefern beeinflusst der deutsch- französische Ansatz Ihre Produktpalette? Gibt es Pläne, Fonds ausschließlich in Luxemburg aufzu­legen, wie das viele Ihrer Konkurrenten machen?
Wir haben aktuell die Möglichkeit, deutsche, französische oder luxemburgische UCITS-Fonds aufzulegen. Dieser Möglichkeiten wollen wir uns auch nicht berauben. Auch hier bleiben wir pragmatisch. Zwar harmonisieren wir unsere Angebotspalette, wollen in manchen Bereichen aber flexibel bleiben.

Noch mehr Flexibilität könnten Sie gewinnen, indem Sie auch in anderen Regionen Europas zukaufen. Gibt es Pläne?
Das ist nichts, worüber wir aktuell nachdenken. Um eine Übernahme erfolgreich umzusetzen, kommt es auf zwei Dinge an. Man muss Menschen zusammenbringen und man muss administrativen Aufwand leisten. Unser gesamtes Führungsteam ist seit Jahren mehrere Tage die Woche in Deutschland unterwegs. Wir sind ein mittelgroßes Haus und steuern gewisse Aufgaben direkt. Es ist nicht so, dass wir in Paris sitzen und von dort Anweisungen geben. Da wir vor Ort sind und daran glauben, dass diese Herangehensweise Erfolg verspricht, denken wir aktuell auch nicht an Zukäufe. Wir könnten Akquisitionen zum jetzigen Zeitpunkt nicht so integrieren, wie wir uns das vorstellen.

Welche Schwierigkeiten gibt es denn bei der Integration?
Die Harmonisierung der IT-Systeme war ein großer Kraftakt, wir sind aber zuversichtlich, dass wir dieses Projekt bald abschließen können. Hinzu kommt natürlich das Produktangebot, das komplementär ist, aber viele Fonds umfasst. Hier schauen wir genau hin und harmonisieren die Produktpalette unter einer einheitlichen Dachmarke und bieten so dem Kunden ein einheitliches, stringentes Angebot.

Ihr Haus ist als Stockpicker bekannt, setzt also stark auf die ­Auswahl von Einzeltiteln. Welche Strategien verfolgen Sie noch?
In Frankfurt und Düsseldorf fokussieren wir uns auf quantitative Ansätze. Wir glauben, dass sich Stockpicking und Quant-Strategien optimal ergänzen. Erstere Ansätze eher im Bereich der kleinen und mittelgroßen Unternehmen, letztere Strategie eher bei Large Caps. Im Bereich der Anleihen sind wir stark auf europäische Hochzinspapiere ausgerichtet. Ich glaube, dass wir hier mit rund fünf Milliarden Euro under Management zur Spitzengruppe gehören. Auch unser Multi-Asset-Team in Frankfurt, das ehemals unter Frankfurt-Trust firmierte, kann sich mit seinem Track Record und der Expertise durchaus sehen lassen.

Seit Neuestem spielen auch alternative Investments eine große Rolle für Sie. Wie sieht das konkret aus?
Viele wissen gar nicht, dass wir bereits vor sechs Jahren alternative Strategien umgesetzt und einen Hedgefonds aufgelegt haben, der zudem bis heute sehr erfolgreich ist. Vor zwei Jahren haben wir mit unserem Team in Frankfurt ein marktneutrales Aktieninvestment mit ­Namen Alpha Market Neutral auf­gelegt. Hinzu kommt mit dem Oddo Credit Opportunities ein Total-Return-Credit-Produkt. Alle genannten Strategien sind UCITS-Fonds. Darüber hinaus lancieren wir aktuell auch Produkte im Bereich Private Equity und Private Debt.

Gibt es auch beim Geschäft mit ­Publikumsfonds Innovationen?
Wir arbeiten in der Tat an einem ­völlig neuen Investmentansatz, ­welcher die Themen Big Data und künstliche Intelligenz zusammenbringt und noch in diesem Jahr in ein neues Produkt münden soll. Das gesamte Thema der Digitalisierung eröffnet uns Chancen. Darüber hi­naus spielen für uns auch ESG-­Investments (nachhaltige Investments; Anmerkung der Redaktion) und klassische Quant-Strategien eine große Rolle. Beispielsweise setzen wir eine für institutionelle Kunden bereits bewährte Quant-Strategie auf den US-Markt um.

Die Finanzwirtschaft und die Technologiebranche werden häufig als zwei verschiedene Welten gesehen. Was ist Ihre Meinung?
Das ist eine verstaubte Ansicht. Wir merken im täglichen Geschäft, wie Technologie unsere Art zu arbeiten und zu denken verändert. Natürlich sind Finanzwirtschaft und Technologiebranche von ihren Ursprüngen her unterschiedlich. Es ist aber trotzdem unsere Aufgabe, beide Welten bestmöglich zusammenzubringen. Dabei dürfen bestimmte Strukturen und Denkweisen, die wir als Investoren seit jeher kennen, auch nicht unter Artenschutz stehen. Am Ende müssen sich die besten Ideen durchsetzen. Unabhängig davon, ob sie ein Portfoliomanager oder ein Datenanalyst eingebracht hat.

Vita
Mann mit Erfahrung

Nicolas Chaput ist seit 2017 Managing Director Group Asset Management und Mitglied des Executive Committee der ­Oddo-BHF-Gruppe. Bereits seit 2012 ist er zudem Global CEO und Co-CIO von Oddo BHF Asset Management. Zuvor war er von 2008 bis 2012 globaler Leiter des Rentenmanagements bei BNP Paribas AM und von 2005 bis 2008 Leiter des Bereichs Kreditprodukte & Strukturierte Finanzierungen bei BNP Paribas IP. Von 1987 bis 2005 arbeitete er im Invest­mentbanking von Calyon in ­Paris, London und New York. Chaput ist Absolvent des Institut ­d’Études politiques in Straßburg und hat einen Diplom­abschluss in Wirtschaftsrecht der Université Paris II.





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Bildquellen: Matthias Haslauer/ODDO BHF Asset Management GmbH