Immobilien-Expertin Bolthausen: "Mehr Kreativität und neue Inspiration"
Coworking ist das Trendthema der Immobilienbranche. Vermietungsexpertin Petra Bolthausen erklärt die Chancen des neuen Marktsegments für Unternehmen.
von Stefan Rullkötter, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: Frau Bolthausen, was genau versteht man unter dem Begriff Coworking?
Petra Bolthausen: Büroflächen werden nicht mehr pauschal an eine Firma, sondern als einzelne Arbeitsplätze oder separate Büros inklusive der erforderlichen Infrastruktur zeitlich flexibel vermietet. De facto werden Büroimmobilien so zu Betreiberobjekten. Denkbar ist, dass die Miete künftig in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzungsdauer und nicht mehr nach einer fixierten Festmietzeit berechnet wird.
Woher kommt dieser Trend?
Angestoßen haben diese Entwicklung bereits vor etwa 20 Jahren vor allem Freiberufler, die nebeneinander in Business Centern arbeiteten. Ihnen folgten Kreative und Start-up-Gründer, die erkannten, dass sie in offenen Flächen mit unterschiedlichen Mietern voneinander profitieren und zusätzliches Geschäft generieren können - indem sie eigene und gemeinsame Projekte ganz einfach kombinieren.
Ist Coworking also nur etwas für Kleinunternehmer?
Auch große Unternehmen buchen zunehmend Coworking-Arbeitsplätze für ihre Mitarbeiter. Sie setzen darauf, dass sich ein neues Arbeitsumfeld positiv auf Mitarbeiter auswirken kann, die schon lange in der gleichen Firma beschäftigt sind. Im Fokus stehen hier die Förderung von Kreativität, neue Inspiration - und die Vernetzung mit anderen.
An welchen Immobilienstandorten hat sich in Deutschland Coworking bereits etabliert?
In den Big Seven- Städten - Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und Frankfurt am Main - sind "Flexible Workspace" - Anbieter mittlerweile nicht mehr vom Vermietungsmarkt wegzudenken. Mitterweile sind in diesen Metropolen bereits rund 570.000 qm Co-Working Space verfügbar.
Wie entwickeln sich Coworking-Flächen speziel in den deutschen Metropolen?
Auffällig sind zum Beispiel am Standort München zwei Dinge: die hohe Steigerungsrate bei Coworking-Flächen von über 500 Prozent gegenüber dem Vorjahr und deren hoher Anteil in zentralen Lagen: Über ein Viertel der Flächenumsätze im Central Business District entfielen 2017 auf Flexible Workspace-Betreiber.
Was erwarten Sie für das Gesamtjahr 2018?
Ich gehe davon aus, dass 2018 der Flächenanteil des Co-Working Space am Büroimmobilien-Gesamtmarkt von derzeit fünf auf sieben Prozent steigen wird. Der Flächenumsatz für dieses Segment wird sich im laufenden Jahr auf geschätzt 250 000 Quadratmeter deutschlandweit erhöhen.
Zur Person: Petra Bolthausen arbeitet seit 25 Jahren in der Immobilienbranche und ist seit 2012 für den Immobiliendienstleister JLL als National Director und Team Leader Office Leasing in München tätig.
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