Steuern: Wie kann ich US-Quellensteuer auf Derivate zurückerhalten?
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von Michael Schreiber, Euro am Sonntag
€uro am Sonntag:
Ich besitze Derivate auf US-Aktienindizes. Seit einiger Zeit bekomme ich sogenannte Dividendenersatzzahlungsbescheinigungen - englischer Titel: "Dividend Equivalent Payment (DEP) gem. US-Section 871 (m)" - zugeschickt, die 30 Prozent einbehaltene Quellensteuern dokumentieren. Als Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland wurde ich durch meine deutsche Depotbank als Qualified Intermediary (auf deutsch: qualifizierter Mittler) bei der US-Steuerbehörde IRS registriert. Wie und wo kann man mit diesen Dokumenten die zu viel bezahlte Quellensteuer zurückfordern beziehungsweise anrechnen lassen?
Wenn eine amerikanische Aktiengesellschaft Dividenden ausschüttet, rechnet der Emittent diese Ausschüttung häufig in den Preis des Derivats (zum Beispiel eines Zertifikats) auf diese Aktie ein. Das führt zu einer Wertsteigerung und gilt als dividendenäquivalente Zahlung. Genau hier setzt die US-Quellensteuer an. Sie wird erhoben, auch wenn der Anleger keine direkte Zahlung erhalten hat. Einbehalten wird die US-Quellensteuer im Regelfall von dem Emittenten des Derivats.
Hintergrund der Regelung ist die Furcht des amerikanischen Fiskus, dass Nicht-US-Bürger mithilfe von Finanzprodukten wie Zertifikaten oder Derivaten die Dividendensteuer auf amerikanische Aktien oder Aktienindizes umgehen. Das heißt, dass auch eigentlich nicht in den Vereinigten Staaten steuerpflichtige Personen dort Steuern zahlen müssen.
In den Jahren 2017 und 2018 waren nur Derivate betroffen, die ein Delta von eins haben, bei denen also die Wertentwicklung des Basiswerts nahezu exakt nachgebildet wird. Das sind folgende Wertpapiergruppen: Index- und Partizipationsscheine, sofern sie keinen qualifizierten Index nachbilden, Outperformance- und Sprintzertifikate, Faktorzertifikate, Knock-out-Zertifikate, Optionsscheine und Discount- sowie Bonuszertifikate, falls sie ein Delta von eins aufweisen.
Wer nicht betroffen ist
Nicht von der Quellensteuer betroffen waren Put- und Bear-Produkte, Kapitalschutzzertifikate, strukturierte Anleihen, Aktienanleihen, Zertifikate und Optionsscheine, die einen qualifizierten Index abbilden. Für Derivate, die vor dem 1. Januar 2017 emittiert und gekauft wurden, gilt ein Bestandsschutz (englisch: grandfathering).
Seit dem 1. Januar 2019 gilt eine verschärfte Regelung. Dem Steuerabzug unterliegen seitdem alle Derivate, die 2019 oder später emittiert werden und die Kursentwicklung des Basiswerts zu mindestens 80 Prozent abbilden (das entspricht einem Delta von 0,8).
Häufig werden dabei 30 Prozent US-Quellensteuer abgezogen, obwohl die Vereinigten Staaten und Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen haben, welches für in Deutschland ansässige Steuerzahler einen reduzierten Quellensteuersatz von nur 15 Prozent vorsieht. Zunächst werden aber 30 Prozent abgezogen, wenn der Emittent die Steuer abführt. Begründung: Er ist über die persönliche steuerliche Situation des einzelnen Investors nicht im Bild, beispielsweise kann er die Ansässigkeit des Anlegers in Deutschland nicht prüfen. Daran ändert auch die Registrierung der eigenen Depotbank als Qualified Intermediary gegenüber den amerikanischen Behörden nichts.
Sofern der Emittent des Derivats US-Quellensteuern einbehalten hat, muss Ihre Depotbank eine US-Steuerbescheinigung (Formular 1042-S) ausstellen. Die meisten Banken erstellen diese Steuerbelege innerhalb des ersten Quartals des Folgejahres für das abgelaufene Vorjahr. Die einbehaltene US-Quellensteuer muss man sich durch Abgabe einer US-Steuererklärung von den dortigen Steuerbehörden zurückerstatten lassen (mehr dazu unter www.irs.gov/individuals/ international-taxpayers/taxation-of-nonresident- aliens). Für Steuerausländer hat die amerikanische Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) eine zentrale Zuständigkeit eingerichtet. Die ausgefüllte Steuererklärung ist beim IRS per Mail (mail@irs.org) oder per Brief (P.O. Box 1303, Charlotte, NC 28201-1303, U.S.A) einzureichen.
Vorsicht: Das Ausfüllen der amerikanischen Steuerformulare in englischer Sprache kann für steuerliche Laien sehr komplex werden. Es empfiehlt sich daher, einen im amerikanischen Steuerrecht versierten Steuerberater damit zu beauftragen. Da das allerdings weitere Kosten verursacht, ist eine Quellensteuerrückforderung in den Vereinigten Staaten nur bei größeren Beträgen überhaupt sinnvoll.
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