Euro am Sonntag erklärt

Holz-Investments: Willkommen im Märchenwald

28.05.16 21:20 Uhr

Holz-Investments: Willkommen im Märchenwald | finanzen.net

Mit dem Wunsch, Geld ökologisch korrekt anzulegen, wird allzu oft Schindluder getrieben. Statt hoher Renditen gibt es für Anleger dann herbe Verluste.

von Maren Lohrer, Euro am Sonntag

Das Versprechen klingt verlockend: Inflationsschutz durch Sachwerte - grün, nachhaltig, renditestark. So führt Lignum auf seiner Homepage "dauerhafte Vermögens- und Ertragssicherheit jenseits der Kapitalmarkt-Risiken" an. Kon­kurrent Forest Finance setzt die mittlere Rendite­prognose beim "Woodstock-­Invest" auf 6,2 Prozent. Und bis zu elf Prozent Rendite verspricht Tree Value, Aussteller auf der Stuttgarter Anlegermesse Invest. Für viele Anleger zeigen Werbungen dieser Art den Königsweg aus der Zinsmisere auf: kräftige Rendite, Sicherheit - und dann noch ökologisch korrekt! Märchenwald mit würziger Luft, Vogelgezwitscher und plätschernden Bächen im Moosbett - ein Investment mit Wohlfühlfaktor. Was kann an Holzinvestments falsch sein?



Die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Viele solcher Angebote sind dem grauen Kapitalmarkt zuzurechnen. Wegen des neuen Trends, dort grüne Investments zu verkaufen, spricht man mittlerweile auch vom grau-grünen Kapitalmarkt. "Hoch im Kurs steht weiterhin alles, was man als ökologisch und sozial sinnvoll verkaufen kann - in jeder denkbaren Gestaltung", sagt Lena Ribka, Referentin Marktwächter Finanzen bei der Verbraucherzentrale (VZ) Hessen.

Anlegern stehen dabei unterschiedliche Möglichkeiten offen, sich an grünen Projekten zu beteiligen. Bei AIFs - Alternative Investmentfonds, im allgemeinen Sprachgebrauch als Geschlossene Fonds bekannt - beispielsweise wird Kapital für ein bestimmtes Investitionsobjekt eingeworben. Dies kann eine Teakholzplantage, ein Windpark oder eine Solaranlage sein. Ist der erforderliche Betrag zusammen, wird der Fonds geschlossen, das Projekt kann beginnen.


"Wichtig ist zu verstehen, dass die Fondsinitiatoren schon verdienen, wenn sie ihren Fonds erfolgreich vertreiben, also ausreichend Kapital eingesammelt haben", so Ribka. Die Investoren hingegen verdienen erst nach Abschluss der Investitionen und auch nur, wenn das operative Investment wirklich erfolgreich war. Hierin liegt ein Risiko für Privatanleger, die sich an AIFs beteiligen. "In der Regel können sie das operative Geschäftsmodell, auf dem der Fonds basiert, nur schwer nachvollziehen und müssen daher den Aussagen der Fondsinitiatoren bis zu einem gewissen Grad vertrauen", sagt Ribka.

Ebenfalls nachteilig auf die Rendite können sich Fondsnebenkosten auswirken, die bereits zu Beginn anfallen. So entstehen Kosten bei Entwicklung, Vertrieb und Verwaltung des Fonds. Zudem erheben Fondsgesellschaften - im Fachjargon AIFM genannt - oft Agio, und es können gerade bei Waldfonds Vermittlungskosten für geeignete Objekte, etwa die Waldfläche, hinzukommen.


Bei den meisten Waldfonds handelt es sich um Geschlossene Fonds für Kleinanleger. Mit dem Kapital wird Land erworben und darauf Holz produziert. Größtenteils werden Holzplantagen angelegt, seltener wird auch Naturwald erworben. Die Flächen werden über einen bestimmten Zeitraum bewirtschaftet und dann wieder verkauft.

Totalverlustrisiko

Eines sollte jedoch immer bedacht werden: Es handelt sich meist um unternehmerische Beteiligungen - mit allen Chancen, aber auch mit allen Risiken. Scheitert das Projekt, kann das gesamte investierte Geld verloren sein. Beispiele dafür gibt es zur Genüge: So meldeten Green Planet 2014 Insolvenz, Prime ­Forestry 2006 Konkurs an. Keinesfalls dürfen Anleger also davon ausgehen, dass grüne Investments immer besonders sicher sind.

Jüngstes Negativbeispiel: Die Lignum Edelholz Sachwert AG hat am 8. April 2016 Insolvenz angemeldet. Betroffen sind rund 5000 Anleger. Das Unternehmen bot Direktinvestments in Holz an (siehe Investor-Info) und warb mit dem ökologischen Nutzen und der Nachhaltigkeit seiner Projekte.

"Die Lignum-Aufforstungen mit europäischem Edelholz sind Inbegriff von Nachhaltigkeit", steht auf der Firmen-Homepage. Zudem betont Gründer Andreas Nobis die ethische Ausrichtung seines Unternehmens. "Ein Unternehmen ist Lebensmittelpunkt der Menschen, die im Unternehmen tätig sind, davon und hierin leben, hier ihre Kraft und Ideen einbringen, hier ihre Selbstverwirklichung finden. Das Wort ‚Heimat‘ finde ich nicht übertrieben", so ­Nobis weiter. Doch stimmen diese Etiketten überhaupt? Eine Studie des Bonner Instituts Oro Verde, gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz, kommt zu dem Schluss, dass unerlaubt Plantagenflächen innerhalb von geschützten "Natura 2000"-Gebieten existierten. Auch soll es "Unregelmäßigkeiten bei der Entlohnung" gegeben haben.

Dem Lignum-Insolvenzantrag ging eine Auseinandersetzung mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) voraus, ob es sich bei den Investitionen in Edelhölzer, die das Unternehmen offeriert, um ein prospektpflichtiges Anlageprodukt handelt.

Seit Anfang 2016 schreibt das Vermögensanlagengesetz auch für Direktinvestments dieser Art vor, dass ein ­Verkaufsprospekt veröffentlicht werden muss. Dem war das Unternehmen allerdings nicht nachgekommen. Daraufhin untersagte die Bafin Lignum Mitte März 2016 das öffentliche Angebot der Vermögensanlagen Nobilis Rent, Nobilis Priva und Nobilis Vita bis zur Veröffentlichung der Verkaufsprospekte.

In einem Anschreiben an die betroffenen Investoren behauptet das Management: "Bafin zerstört Lignum" (Nobilis-Brief 07/2016). "Doch die Bafin ist für die Insolvenz nicht verantwortlich", meint Marvin Kewe, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in der ­Tübinger Kanzlei Tilp.

Besagtem Nobilis-Brief ist das Angebot beigefügt, sich einer durch einen "Zusammenschluss von Finanzberatern für deren Kunden ins Leben ge­rufenen Interessenvertretung" anzuschließen. Aktuell besteht hier aber kein Grund zur Eile, es ist nicht einmal klar, wer in Haftung genommen werden könnte. Betroffene Anleger sollten sich eher an die Verbraucherzentrale oder direkt an einen Fachanwalt wenden, als noch mehr Geld zu verlieren.

Investor-Info

Direkt Anlegen
Bäume als Sachwerte
Anders als über eine komplexe Fondsstruktur fließt das Kapital bei Direktinvestments ohne Umwege in eine Unternehmung. Meist nimmt der Investor dabei aktiv Einfluss auf Planung, Steuerung und Kontrolle. Direkt in Wald zu investieren lohnt sich nur, wenn die erworbene Waldfläche groß genug ist und mittels eines eigenen Forstbetriebs bewirtschaftet wird. Daher kommt diese Möglichkeit nur für sehr kapitalkräftige Investoren infrage. Zudem werden Waldflächen meist unter Waldbesitzern verkauft. Daneben existieren auch Direktinvestments für Kleinanleger. So handelte es sich bei den Produkten der Lignum Sachwert Edelholz AG um Direktinvestments. Hierbei investieren Kleinanleger nicht in die Firma, sondern in die Bäume. Die Käufer haben jedoch keinen Einfluss auf Steuerung und Kontrolle des Plantagenbetriebs.

Rechtliche Vorschriften
Prospektpflicht
Am 10. Juli 2015 trat das Kleinanlegerschutzgesetz in Kraft. Die letzten Übergangsfristen sind zum Jahreswechsel ausgelaufen. Auch bestimmte Arten von Direktinvestments werden nun als Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) angesehen und sind damit prospektpflichtig. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleisungsaufsicht Bafin hat daher bei der inzwischen insolventen Lignum die Prospektpflicht festgestellt. Auch andere Anbieter von Holz­in­vest­ments müssen ihre Prospekte überarbeiten, etwa die bayerische Firma Miller Forest oder Forest Finance, der größte deutsche Anbieter von Waldinvestments.

Investieren über den Index
Breit gestreut anlegen
Der ETF iShares Global Timber & Forestry (DE) UCITS notiert in US-Dollar und gehört zur Kategorie "Aktienfonds Rohstoffe". Der ausschüttende Indexfonds versucht, den ­Index S & P Global Timber & Forestry abzu­bilden. Titel aus den USA machen rund die Hälfte der Basiswerte aus, gefolgt von Werten aus Kanada, Japan, Finnland und Brasilien. Die größten Positionen sind Weyerhaeuser, Rayonier, West Fraser Timber und Plum Creek Timber - die größten börsennotierten Waldbesitzer in den USA.
ISIN: DE000A0NA0H3

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