Banken müssen umdenken: Young Professionals sind kritisch
Die Finanzberatung hat sich in den letzten Jahren stark verändert.
von Tino Bensch, MBA und Alexander Zureck, MBA
Die Finanzberatung hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die Finanzmarktkrise führte zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust. Zusätzlich hat der zunehmende Wettbewerb in der Finanzbranche die Rahmenbedingungen verschärft. Vor allem im Privatkundengeschäft kam es im Zuge der Globalisierung und Digitalisierung zu mehr Marktteilnehmern. Banken vor Ort kämpfen nicht nur mit den traditionellen Konkurrenten, sondern auch verstärkt mit ausländischen Instituten sowie jenen, welche gänzlich auf einen Filialauftritt verzichten, um die Gunst der Kunden. Neben dem Wettbewerbsdruck der Branche haben auch die sich verändernden Bedürfnisse und Ansprüche der Kunden an die Finanzberatung Auswirkungen auf das Privatkundengeschäft der Kreditinstitute. Hier ist der Trend weg von der klassischen Hausbank zu erkennen. Insbesondere junge Bankkunden sind affin für Produkt- und Dienstleistungskäufe im Internet.
Young Professionals gelten als wichtige Zielgruppe für Banken. Sie sind aufgrund ihrer Qualifikation, den guten Karriereperspektiven und den damit einhergehenden guten Verdienstaussichten eine attraktive Zielgruppe für Finanzdienstleister vor allem im Bereich der Altersvorsorge. Young Professionals verfügen wegen ihres Alters noch über kein hohes Geldvermögen, jedoch sind sie im Vergleich zu Gleichaltrigen in der Lage von ihrem Einkommen überdurchschnittlich viel zu sparen.
Frühere Generationen vertrauten bei der Wahl des richtigen Anlageprodukts nahezu vollkommen auf den Rat des Finanzberaters der Hausbank. Heutige junge Finanzberatungskunden, insbesondere Young Professionals, stehen dem Ratschlag des Bankers oftmals kritisch gegenüber und hinterfragen dessen Empfehlungen. Generell nutzen Bankkunden je nach Finanzfragestellung unterschiedliche Berater bzw. Informationsquellen. Insgesamt sind Bankkunden heute servicebewusster und stellen höhere Qualitätsanforderungen an die Anbieter von Finanzdienstleistungen.
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung des dips bei Young Professionals zeigen, dass nahezu die Hälfte der Young Professionals ihre Anlageentscheidungen ohne Finanzberater fällt. Sie nutzen hauptsächlich Produktinformationen der Anbieter, Empfehlungen der Presse und Informationen im Internet zur Anlageentscheidung. Von diesen Entwicklungen sind besonders traditionelle Hausbanken betroffen, welche sich mit breiten Produktportfolien positioniert haben. Junge Bankkunden werden sich eher bei speziellen Fragestellungen an einen Berater wenden, für die sie selber keine Lösung finden. Der von den traditionellen Kreditinstituten gebotene Rundumservice deckt sich somit nicht mit den speziellen Kundenbedürfnissen der Young Professionals.
Banken sind gefordert Expertise in Bereich der Finanzberatung für Speziallösungen weiter aufzubauen. Ihre Filialangebote sollten stärker mit den Internetangeboten abgestimmt werden, um sich als Problemlöser zu positionieren und der Affinität zum Kauf im Internet gerecht zu werden. Dies kann beispielsweise mit einer Suchmaschinenoptimierung einhergehen, um die Sichtbarkeit ihrer Angebote im Rahmen des Kaufentscheidungsprozess zu erhöhen.
Das dips Deutsches Institut für Portfolio-Strategien ist die finanzwirtschaftliche Forschungseinrichtung der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Essen. Im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit stehen praxisrelevante Problemstellungen des Portfolio-Managements sowie optimierte Index-Konzepte.
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