AfD: Engagierte Europhobiker
Alternative für Deutschland: „Schluss mit diesem Euro.“ Das ist ihre große Forderung. Darüber hinaus hat die AfD nicht viel zu bieten.
Werte in diesem Artikel
von Andreas Höß, Euro am Sonntag
Mit viel Getöse hat im Februar eine neue Partei die politische Bühne betreten. Ihr Ziel: eine Alternative zur Eurorettungspolitik der Bundesregierung zu schaffen, die Kanzlerin Angela Merkel gern „alternativlos“ nennt. Der „Augenwischerei“ der Bundesregierung, die in weiten Teilen auch von den großen Oppositionsparteien mitgetragen werde, will man ein klares Statement entgegensetzen: „Wir fordern eine geordnete Auflösung des Eurowährungsgebiets“, lautet der erste Satz im Wahlprogramm der Alternative für Deutschland (AfD). Deutschland brauche die Gemeinschaftswährung nicht, anderen Ländern schade sie.
Die AfD war von Anfang an umstritten. Trotzdem habe die neue Partei um den Hamburger Ökonomen und ehemaligen CDU-Mann Bernd Lucke eine Daseinsberechtigung, glaubt Jürgen Habermas. Er hoffe, dass die AfD die anderen Parteien dazu nötige, im Wahlkampf ihre „europapolitischen Tarnkappen abzustreifen“, schrieb der alternde Philosoph und Soziologe unlängst in einem Aufsatz.
Frischen Wind könnte sie also bringen, die AfD. Bisher tut sie das allerdings nicht. Obwohl viele Bürger mit Merkels Krisenpolitik unzufrieden sind, hat die anfängliche Aufregung um die Eurogegner nachgelassen. Die Schuldenkrise ist abgeflaut, was der AfD sicher nicht geholfen hat. Ob es die Ruhe vor dem Sturm oder die Ruhe danach ist? Schwer zu sagen. Doch allein damit lässt sich das sofortige Abdriften der AfD in die völlige Bedeutungslosigkeit nicht erklären. Ihr haftet der Ruf an, am rechten Rand zu fischen und Sammelbecken für notorische D-Mark-Nostalgiker zu sein. In ihren Reihen finden sich Ökonomen wie Joachim Starbatty, emeritierter Tübinger Professor. Er hat schon 1998 gegen den Euro geklagt und ist 2011 vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, um den Rettungsschirm ESM zu verhindern.
Dass sie mehr als nur Anti-Euro-Partei ist, hätte die AfD mit ihrem Wahlprogramm zeigen können. Diese Chance hat sie verpasst. Mit nur vier Seiten ist ihr Programm trotz des Zeitdrucks, unter dem es geschrieben wurde, ernüchternd dünn. Thematisch bietet es neben Euroschelte viel Allgemeinplätze und manch Irritierendes. „Eine ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt unterbunden werden“, steht dort beispielsweise in einer Wortwahl, die erschreckend an rechte Parteien erinnert.
Europa und der Euro
Der Euro muss weg — auf diesen einfachen Nenner lassen sich AfD-Mitglieder bringen, unter denen viele zum Teil prominente Volkswirte sind. Sie sind empört über die Politik der Bundesregierung und der Europäischen Zentralbank (EZB) und engagieren sich deshalb in der Neugründung. Der Vorwurf: Die Rettungspolitik sei undemokratisch, die EZB betreibe verdeckte Staatsfinanzierung und schüre damit die Inflation. Deshalb soll der Euro „geordnet“ aufgelöst werden. Wie das genau gehen soll, steht nicht im Programm.
Doch die Rubrik „Häufig gestellte Fragen“ auf der Webseite der AfD hilft weiter: Zuerst sollen die Südeuropäer aus dem Euro ausscheiden, zum Beispiel indem sie Parallelwährungen einführen. Am Ende des Prozesses könne ein verkleinerter Euro oder „durchaus auch die DM“ stehen. Das ist weit weg, das weiß auch die AfD. Als Sofortmaßnahme fordert sie in ihrem Programm deshalb ein „Verbot des Ankaufs für Schrottpapiere“ für die EZB. Eine Transferunion lehnt sie „entschieden ab“. Nicht der Steuerzahler solle die Kosten der Rettungspolitik tragen, sondern Banken, Hedgefonds und Großanleger. Die AfD will mehr direkte Demokratie. Über Volksentscheide sollen die EU-Veträge geändert, Schuldenschnitte und Euroaustritte ermöglicht werden. Deutschland könne außerdem ein Austrittsrecht erzwingen, indem es weitere Hilfskredite mit einem Veto blockiere. Die EU und den gemeinsamen Binnenmarkt wollen die Eurogegner erhalten, allerdings mit eingeschränkten Kompetenzen für Brüssel, wie es der britische Premier David Cameron fordert, der im Programm namentlich genannt wird. Deutschland dürfe sich nicht über Verträge und Gesetze hinwegsetzen, müsse endlich Haftungsrisiken aus Rettungsschirmen in der Finanzplanung ausweisen und solle die Schuldenbremse achten und Schuldenberge abbauen. Wie das genau gehen soll, das lässt die Partei offen.
Steuern und Renten
Die AfD will eine „drastische Vereinfachung des Steuerrechts in Anlehnung an das progressiv wirkende Kirchhof’sche Steuermodell“. Der Steuerrechtler und CDU-Politiker Paul Kirchhof hatte im Wahlkampf 2005 eine einheitliche Steuer von 25 Prozent vorgeschlagen, die durch Freibeträge für kleinere Einkommen gestaffelt wird. Außerdem fordert die AfD stabile Renten: „Die Schulden der Eurokrise dürfen nicht zu einer Rente nach Kassenlage führen“, sagt sie. Deutschland habe zu wenig Kinder, weshalb die Renten- und Krankenversicherung „auf tönernen Füßen“ stehe. Die Lösung der AfD: „Deutschland muss kinder- und familienfreundlicher werden.“
Bildung, Zuwanderung, Energie
Die Bildung der Kinder sei „Kernaufgabe der Familie“, so die AfD, der Staat solle „sinnvoll ergänzen“. Deutschland brauche Zuwanderung, eine „ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme“ müsse aber „unbedingt unterbunden“ werden. Die AfD setzt sich außerdem für „bezahlbare Energie“ ein und ist gegen das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz). Sie fordert: Subventionen für Sonnen- und Windenergie sollen aus Steuermitteln erfolgen.
Fazit
Keine echte Alternative
Wie realistisch die Pläne der Eurogegner sind, ist umstritten. Fakt ist: Eine Regierung mit AfD-Beteiligung wird es nicht geben. Im Moment ist sie sogar von der Fünfprozenthürde meilenweit entfernt.