Bestattungskosten

Deutsche Asche in die Schweiz

26.11.11 06:00 Uhr

Zwei Dinge im Leben sind absolut sicher: der Tod und seine Gebühren. Warum Beerdigungen ein Paradies für Gebührenschinder sind und wie Angehörige mit Naturbestattungen im Ausland der todsicheren Abzocke entgehen.

von Michael H. Schulz, €uro am Sonntag

Die Trauernden tragen Bergschuhe, Outdoorjackenund Rucksäcke. Die Bergbahnfahrt von Saas-Fee und den Marsch haben sie hinter sich, doch das Schwierigste noch vor sich: den Abschied für immer auf dem Gipfel des Alphubels, 4.206 Meter über dem Meeresspiegel im Schweizer Kanton Wallis. Das Gipfelkreuz in Sichtweite, öffnen die Kinder die Urne und verstreuen die Asche ihres toten Vaters. So hat er es gewollt. Exklusiv, naturverbunden – und preiswert.

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Individuelle Bestattungen dieser Art sind nicht nur etwas für Naturliebhaber, die das Zeitliche gesegnet haben. Die Asche ins Ausland zu schaffen, kann oftmals eine günstige Möglichkeit sein, sich aus dem teuren Korsett des Friedhofszwangs zu befreien. Vorausgesetzt, der Verstorbene hat das in einem Bestattungsvorsorgevertrag zuvor verfügt.

Bis auf die Seebestattung und wenige Naturbestattungen in Friedwäldern („Baumbestattung“) ist für Normalsterbliche hierzulande seit 1934 die Bestattung auf kommunalen oder kirchlichen Friedhöfen Pflicht. In den Niederlanden etwa können sich Angehörige dagegen die Urne wie ein Souvenir ins Regal stellen. In der Schweiz ist das Verstreuen der Asche auf Almwiesen und Gipfeln durch Angehörige in vielen Kantonen erlaubt.

Asche macht sich aus dem Staub
In Deutschland hängen Angehörige hingegen am Gängelband der Friedhofsträger. Und das ist teuer. Für eine gehobene Erdbestattung gehen schnell 4.000 Euro drauf, während ein Urnengemeinschaftsgrab im Schnitt 1.187 Euro kostet. „Naturbestattungen sind im Vergleich zu herkömmlichen Bestattungen viel günstiger“, sagt Lars Dott, Gründer von Seven Summits. Beim Naturbestattungsspezialisten für die letzte Reise der Verstorbenen kostet etwa die Bergbestattung in der Schweiz in über 4.000 Meter Höhe 800 Euro plus Mehrwertsteuer. Hinzu kommen Kosten für den postalischen Versand der Urne von den Krematorien und für den ausländischen Bestatter, der das Gefäß vor Ort in Empfang nimmt.

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Das ist billiger als mancherorts eine Urnenwahlgrabstelle (siehe Tabelle). Denn selbst die günstige Feuerbestattung wird für die nächsten Angehörigen immer mehr zum Groschengrab. Seit der Gesetzgeber 2004 das Sterbegeld in Höhe von 525 Euro gestrichen hat, müssen Angehörige die Kosten allein tragen. An dieser außergewöhnlichen Belastung können sie den Fiskus zwar beteiligen, doch das Beileid des Finanzamts hält sich in Grenzen. Nur wenn der Nachlass des Verstorbenen nicht ausreicht, um die Beerdigungskosten zu zahlen, oder sich Ansprüche gegen die Erben nicht durchsetzen lassen, beteiligt sich der Fiskus. Das bestätigte das Sächsische Finanzgericht (Az. 8 K 41/10).


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Dabei sind es nicht nur die Kosten für den Bestatter, die ins Geld gehen. Es sind vor allem die Folgekosten für die Gräber, die aber mit einem Schlag für 20 und mehr Jahre sofort als Vorkasse bei der Grabwahl anfallen.

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Teufelskreis auf dem Gottesacker
Nirgendwo sonst sind Gebühren über eine Generation im Voraus fällig. Kein Wunder, dass jeder zweite Tote eingeäschert wird, um zu sparen. Das Paradoxe: Je mehr Hinterbliebene ihre Verstorbenen günstig bestatten lassen, desto mehr zahlen sie für die Grabnutzung anderer mit. Denn die gleichbleibenden Betriebskosten für die Gottesäcker und deren wachsenden Bestand an Grünflächen verteilen die Kommunen auf die geringere Nachfrage. Rückstellungen für die Zukunft bilden die Friedhofsträger von den üppigen Vorkassezahlungen für die Grabpacht nicht, „obwohl in den Folgejahren weiter jährliche Kosten anfallen, etwa für die Instandsetzung der Wege“, erklärt Hermann Weber, Vorsitzender der Verbraucherinitiative Aeternitas.

Nur wenige Friedhofsbetreiber halten sich an die Maßgabe, dass mit diesem Geld der Unterhalt des Friedhofs für die gesamte Zeit abgedeckt sein sollte. Die Einnahmen für die bestehenden Gräber fließen stattdessen meist vollständig in den Friedhofshaushalt des laufenden Jahres. Dadurch müssen Kostensteigerungen während der Laufzeit der heutigen Gräber von den künftigen Nutzern beglichen werden. Damit nicht genug: „Viele Gemeinden erheben die Grabgebühr nach sogenannten Fallpauschalen. Das heißt, die Gebühr für ein anonymes Urnengrab ist so hoch wie für ein Familiengrab“, weiß Experte Weber. Der Ausbruch aus der Gebührenspirale gelingt nur über (im Moment der Trauer meist als pietätlos empfundene) Kostenvergleiche. Oder über die Flucht ins Ausland.