Zusatzbeiträge der Krankenkassen sollen sich verdoppeln
Jetzt wird’s teuer für die gesetzlich Krankenversicherten. In den kommenden vier Jahren droht eine Verdoppelung der Zusatzbeiträge.
Schon jetzt zählt das deutsche Gesundheitssystem zu den teuersten der Welt. Doch immer weiter steigende Ausgaben der Kranken- und Pflegeversicherungen könnten nun dazu führen, dass sich der sogenannte Zusatzbeitrag mehr als verdoppelt.
Diese Zusatzbeiträge müssen neben dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent, den sich die Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, abgeführt werden. Den Zusatzbeitrag müssen die 54 Millionen Kassen-Mitglieder aus eigener Tasche zahlen.
Kostenexplosion
Verantwortlich für die drohende Beitragssteigerung ist laut Jürgen Wasem, Professor für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen, der Umstand, dass die Gesundheitsausgaben schneller als die Einkommen der Versicherten steigen.
Kostentreiber sind dabei sowohl der medizinische Fortschritt als auch die immer älter werdende Bevölkerung. Hinzu kommen die jüngsten Reformen, durch die etwa Ärzte auf dem Land besser bezahlt werden oder die Pflege und die Notfallversorgung in Kliniken verbessert wurde.
Wie "Spiegel Online" berichtet, geht Wasem davon aus, dass den Krankenkassen bereits zum jetzigen Zeitpunkt 14,4 Milliarden Euro fehlen. Bis 2020 werde die Finanzierungslücke auf 36,7 Milliarden Euro anwachsen.
Mangelnde Reformen
Trotz der ersichtlichen Probleme, hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nach Meinung vieler Experten keine hilfreichen Reformen eingeleitet. Für seine Kritik, die Politik mache sich nicht an die Drosselung der Ausgaben, erhält der Gesundheitsökonom Wasem viel Rückendeckung.
Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik in München, moniert ebenfalls, dass an den wesentlichen Strukturen wenig geändert wurde. Und auch Doris Pfeiffer, Chefin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), kritisiert, die Reformen der letzten Jahre hätten nicht zu Einsparungen geführt, sondern im Gegenteil die Kosten sogar erhöht.
Was bedeutet das für den Geldbeutel?
Das deutsche Gesundheitssystem sieht vor, dass die Krankenkassen pro Versichertem Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Reichen diese Mittel nicht aus, so müssen die Kassen von ihren Versicherten Zusatzbeiträge verlangen, deren Höhe sich nach dem jeweiligen Einkommen bemisst. Professor Wasem hat nun ausgerechnet, dass der Zusatzbeitragssatz im Schnitt von derzeit 1,1 Prozent auf 2,4 Prozent im Jahr 2020 klettern wird.
Die Folge der ausufernden Gesundheitskosten tragen vor allem die Versicherten. Was das genau bedeutet, rechnet Professor Wasem am Beispiel eines Durchschnittsverdieners mit heute 1.960 Euro beitragspflichtigem Einkommen vor. Unter der Annahme, dass sich das durchschnittliche Einkommen bis 2020 auf 2.261 Euro erhöht, wird sich der monatliche Zusatzbeitrag nach der Prognose Wasems gleichzeitig von 21,76 auf dann 54,74 Euro mehr als verdoppeln.
Viele Lösungsvorschläge
Um dieses Problem anzugehen, müsste die Politik an der Kostenschraube drehen, z.B. durch den Abbau des Überangebots an Krankenhäusern. Allerdings sind viele Gesundheitsexperten auch überzeugt, dass Einsparungen allein nicht helfen.
Um die Einnahmeseite zu stützen, fordert der Ökonom Neubauer eine Anhebung der Bemessungsgrundlage, bis zu der Einkommen zur Krankenversicherung herangezogen werden.
Zudem gibt es Stimmen, die fordern, die Arbeitgeberseite wieder stärker an den Kosten zu beteiligen. Weil die Zusatzbeiträge allein von den Arbeitnehmern geschultert werden, fordert SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach ebenso wie die Grünen und die Linkspartei, die Wiedereinführung der Parität. Auch der Präsident des Sozialverbands Deutschland (SoVD) warnt: "Werden die Arbeitgeber nicht bald verpflichtet, die Kostenexplosion gemeinsam mit den Versicherten zu stemmen, so hat dies eine tiefgreifende Gerechtigkeitslücke zur Folge".
Redaktion finanzen.net
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