Gute Beratung: Welche Bank Ihr Vertrauen verdient
Wer Vermögen aufbauen will und sich hierfür von einer Bank beraten lässt, muss auf einige Produkte verzichten - leider.
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von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag
Martin Blessing gibt gern den Kundenversteher. Der Chef der Commerzbank wird nicht müde zu erklären, dass Bankkunden hierzulande sowohl Onlinebanking als auch in der Filiale beraten werden wollen. Dass Onlinebanken gut laufen, bekommt Blessing Jahr für Jahr im eigenen Konzern vorgemacht. Die Commerzbank-Tochter Comdirect betreut ihre über zwei Millionen Kunden ausschließlich via Internet und Telefon und macht damit Gewinn. Doch Blessing will seine 1200 Filialen nicht nur behalten, sondern sogar aufwerten. Vergangene Woche hat er höchstselbst in Berlin eine Flagship-Filiale eröffnet. Das Neue dort soll die loungige Atmosphäre sein. Will heißen: offene Räume, viele Sofas, angenehmes Licht und Latte macchiato oder Kaltgetränke, wenn die Kunden warten müssen. Laut Blessing sollen in dieser Wohnzimmeratmosphäre Kunde und Berater besser ins Gespräch kommen.
Die Commerzbank steht mit diesem Bemühen um die Kunden nicht allein da. Die meisten Banken, die ein Filialnetz betreiben, haben erkannt, dass die Klientel einfache Bankgeschäfte nicht mehr in der Filiale, sondern online erledigt. Was es im Netz in der Regel noch nicht gibt, ist aber Beratung, und hier haben die Institute einiges vor.
Während die Commerzbank ihre Filialen umbaut, macht die HypoVereinsbank dicht und bietet beispielsweise Beratung per Videokonferenz an. Doch wo gibt es gute Beratung und wo geht es ausschließlich darum, wahllos die Produkte zu verkaufen, mit denen die Bank das meiste Geld verdient? Dieser Frage ist die Redaktion von €uro am Sonntag nachgegangen.
13 Banken, 400 Kundenkontakte
Gemeinsam mit dem Deutschen Kundeninstitut (DKI) hat €uro am Sonntag Testkäufer in die Filialen von 13 Banken in elf Städten geschickt. Insgesamt gab es 400 Kundenkontakte. Neben bundesweit tätigen Großbanken waren auch je drei große Sparkassen und drei große Volksbanken im Test. Der erste Kundentypus war ein Berufseinsteiger Ende zwanzig mit einem Nettoeinkommen von etwa 1500 Euro. Der zweite war ein 35-jähriger Familienvater mit einem monatlichen Nettoeinkommen um 2800 Euro. In beiden Fällen war die Frage: Wie kann ich langfristig Vermögen aufbauen, um meinen Lebensstandard im Alter zu halten? Dazu erklärten beide Testkunden, dass sie grundsätzlich zwei bis drei Nettogehälter als Notfallreserve auf einem Konto vorhalten möchten.
Im Mittelpunkt unserer Untersuchung stand das Beratungsgespräch. Hier ging es darum, ob der Berater die finanzielle Situation des Testkunden erfasst, ihm erklärt, welche Möglichkeiten des Vermögensaufbaus es gibt, wie die einzelnen Produkte auf dem Weg dahin funktionieren und welche Chancen und Risiken sie bergen.
Die Ergebnisse des Gesprächs schlugen in der Gesamtwertung des Tests mit 50 Prozent zu Buche. Mit 30 Prozent flossen die empfohlenen Produkte in die Bewertung ein. Hier bekamen Produkte mit einer begrenzten Laufzeit weniger Punkte als solche, die unbegrenzt bespart werden können. Da beide Kundentypen jung sind, bekamen kapitalmarktnähere Produkte mehr Punkte. Hintergrund: Ein Fonds mag zwar mitunter schwankende Renditen erwirtschaften, wer allerdings sein Geld über Jahrzehnte anlegt, kann eventuelle Verluste leicht aussitzen.
Eine Rentenversicherung bietet zwar sichere Zinsen - derzeit sind pro Jahr 1,75 Prozent garantiert -, birgt aber keine Chancen auf hohe Renditen, wenn die Aktienmärkte sehr gut laufen. Bei der jungen Familie wurde zudem auf geförderte, sprich Riester-Produkte geachtet. Dank der beiden Kinder winkt hier ein ungleich höherer staatlicher Zuschuss als beim kinderlosen Berufseinsteiger.
Die übrigen 20 Prozent der Punkte konnten die Institute durch ihren Service erreichen. Hier wurde getestet, wie die Banken auf Nachfragen via Telefon und Internet reagieren oder welche Informationen zum Thema Vermögensaufbau der Kunde bereits im Netz erhalten kann.
Unterm Strich konnte sich die Hamburger Sparkasse (Haspa) mit 90,5 von 100 möglichen Punkten durchsetzen. Ihr folgten die Commerzbank, die Berliner Volksbank und die Deutsche Bank. Diese vier Institute schafften es, die Note "sehr gut" zu bekommen.
Die Berater der Haspa punkteten, indem sie die finanzielle Situation der Kunden analysierten und sie ausführlich nach ihren Wünschen und Zielen in der Zukunft befragten und die passenden Produkte anboten. "Das klingt nach dem, was man gemeinhin von einer Beratung in einer Bank erwartet, doch der Vergleich mit anderen Banken, vor allem solchen im unteren Notenspektrum, zeigt, dass solche Fragen längst nicht selbstverständlich sind", sagt Jörn Hüsgen, Geschäftsführer des DKI und Leiter der Studie.
Auf Platz 2 landete die Commerzbank. Die Berater der zweitgrößten deutschen Bank waren denen der Haspa bei der Beratung ebenbürtig, allerdings hakte es in der Gesamtauswertung beim Service. E-Mails wurden nur ausweichend beantwortet, und in der Telefonhotline tauchten mehr Fragen auf als beantwortet wurden. Die Berliner Volksbank kam auf Platz 3. Ihre Berater punkteten mit den besten Produktempfehlungen im Feld der getesteten Institute.
Rentenpolicen als Bestseller
Generell zeigt sich bei den Produktempfehlungen ein sehr einheitliches Bild. In sieben von zehn Gesprächen war eine Rentenversicherung das Mittel der Wahl. Das kann, wie bereits angedeutet, für einen Sparer in Ordnung sein, der Vermögen aufbauen und auf Rendite zugunsten größtmöglicher Sicherheit verzichten will. Für unsere beiden Kundentypen wurden Rentenpolicen allerdings als bedingt geeignet eingestuft. Denn gerade junge Menschen können es sich erlauben, deutlich mehr Risiko zu gehen und etwa auf Fonds oder, wenn es darum geht, nach und nach Geld anzusparen, auf Fondssparpläne zu setzen.
Ein weiterer Bestseller waren Bausparverträge. Dieser Trend ist klar dem aktuellen Immobilienboom in Deutschland geschuldet. Da sich viele Anlageklassen in der aktuellen Niedrigzinsphase kaum rentieren, kommen immer mehr Sparer zu dem Schluss, ihr Geld in ein Eigenheim zu investieren. Wem es an Eigenkapital mangelt, der greift meist zum Bausparvertrag. Dieser hilft einerseits beim Ansparen, andererseits garantieren die Verträge attraktive Darlehenszinsen. Das Manko sind hohe Abschlusskosten und die derzeit - von einigen Ausnahmen abgesehen - niedrigen Sparzinsen von weniger als einem Prozent.
Insgesamt war die Auswahl an Produkten, die unseren Testern präsentiert wurden, mit den drei genannten Produkten sehr übersichtlich. "Die große Auswahl, wie sie einige Werbekampagnen suggerieren, gibt es nicht", sagt DKI-Chef Hüsgen. Vereinzelt wurde den Kunden noch ein Tagesgeldkonto für die Notfallreserve empfohlen. Das ist immer noch besser, als das Geld unverzinst auf dem Girokonto zu parken.
Für Verbraucherschützer sind Empfehlungen, wie sie unsere Tester bekamen, nichts Neues. "Die Banken empfehlen nur Produkte, mit denen sie auch Geld verdienen können", sagt Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern. Von 1000 Euro, die ein Kunde zum Beispiel bei einer Bank in einen Fonds investiert, bleiben dort in der Regel 50 Euro als Ausgabeaufschlag. Ähnlich ist das Bild bei Fondssparplänen. Bei Rentenpolicen gibt es durch die sogenannte Zillmerung den Effekt, dass der Vertrag in den ersten Jahren weniger wert ist als die Summe dessen, was eingezahlt wurde. Eine kostengünstige Alternative zu Fondssparplänen sind ETF-Sparpläne. Da diese stur nach einem Index wie dem DAX investieren, kosten sie weniger Verwaltungsgebühr, auch der Ausgabeaufschlag ist geringer. Im Test wurden solche Sparpläne allerdings nicht offeriert.
Dass Deutschlands Filialbanken künftig auch kostengünstige Produkte empfehlen oder bei Fonds solche Offerten in den Vordergrund stellen, bei denen der Ausgabeaufschlag entweder reduziert ist oder ganz entfällt, ist fraglich. Denn die Nähe zum Kunden kostet. Dem Vernehmen nach will allein die Commerzbank 120 Millionen Euro in ihre Filialen investieren.
Beratungsprotokoll
Bedingt nützlich
Seit dem 1. Januar 2010 müssen Anlageberater und Vermittler über die Beratung von Privatkunden ein Protokoll führen, unterschreiben und dem Kunden vor dem Kauf von Wertpapieren wie Aktien, Investmentfonds oder Zertifikaten aushändigen. Die Umsetzung des neuen Gesetzes war nicht eben ermutigend. Laut Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bestanden die Protokolle weitgehend aus nichtssagenden Textbausteinen. Aber inzwischen registrieren die Aufseher Qualitätsverbesserungen, einige Institute schrieben bereits Freitextfelder vor. Und 2013 hat die Bafin gerade mal drei Bußgelder wegen Protokollverstößen verhängt.
Das klingt gut. Denn "wenn das Protokoll einen Beratungsfehler dokumentiert, kommt der Berater kaum noch aus der Haftung raus", sagt der Berliner Anwalt Dietmar Kälberer (Kanzlei Kälberer & Tittel). Ebenso, wenn ein wichtiger Punkt fehle, etwa wie viel Sicherheit der Kunde von der Anlage erwarte. Dann geht ein Gericht davon aus, dass darüber nicht gesprochen wurde und somit ein Beratungsfehler vorliegt. Bietet das Protokoll Anleger also einen wirksamen Schutz?
Die Bafin prüft nur Formalitäten
"Das war das Ziel des Gesetzes", sagt Anwalt Kälberer. Aber für Dorothea Mohn, Anlagespezialistin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, hat das ganze Konzept einen großen Haken: "Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass ein Berater seine eigenen Fehler dokumentiert." Die Bafin prüft nur, ob die Protokolle formal korrekt sind, nicht aber, ob sie inhaltlich richtig sind. Folge: Wurde bei der Beratung ein Fehler gemacht, über den das Protokoll nichts sagt, das Papier jedoch formal in Ordnung ist, steht der Kunde schlechter da als ohne das Dokument. Denn dann muss er den Fehler beweisen.
In der Praxis ist es meist schlimmer. Da verlangt der Berater, dass der Kunde das seitenlange Protokoll mit diversen standardisierten Risikohinweisen unterschreibt, die oft nicht besprochen wurden. Und "der Kunde unterschreibt das meist einfach, obwohl er gar nicht müsste", sagt Dietmar Kälberer. "Damit ist der Berater aus dem Schneider, falls er nicht doch aus Versehen eigene Fehler dokumentiert hat." Ob der Kunde das Papier überhaupt gelesen hat, interessiert nicht.
Erschwert wird seine Position durch den nebulösen Bankenjargon. Verbraucherschützerin Mohn: "Wenn der Anleger seine Risikobereitschaft beispielsweise als ‚wachstums- oder chancenorientiert‘ hat einstufen lassen, bleibt gänzlich unklar, welche möglichen Verluste er einzugehen bereit ist." Kälberer konkretisiert: "Wer ahnt schon, dass eine ‚konservative Anlage‘ einen Aktienanteil von 30 Prozent und das Wort ‚Wachstum‘ hohe Risiken rechtfertigen könnten?" Mohn geht davon aus, dass die Protokolle Schadenersatzklagen erschweren.
Das Dokument kann dem Kunden aber auch helfen, und zwar wenn er es liest und Fehler und Unklarheiten beseitigen lässt. "Der Kunde sollte alle ihm wichtigen Punkte mit eigenen Worten reinschreiben, also etwa welches Risiko er übernehmen will, wozu die Anlage dient oder auch wie er die Belehrung über die Risiken des Finanzprodukts verstanden hat", rät Anwalt Kälberer. Aber: Diese Chance nutzt kaum jemand.
Immerhin: Derzeit hat Kälberer keine Fälle auf dem Schreibtisch, in denen sich die Passivität der Kunden rächt. Der Grund: Solange die Börse im Höhenflug ist, gibt es kaum Anlegerklagen. Aber der Anwalt ist sich sicher: "Beim nächsten Crash wird das wieder anders, und dann werden die Kunden vom Protokoll profitieren, die es jetzt richtig gemacht haben."
Auswertung: Die Ergebnisse und die Gesamtsieger finden Sie in der Euro am Sonntag, Ausgabe 16/2014, Seite 63ff.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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