Wird Strom zum Luxusgut?
Steuern und Abgaben werden im kommenden Jahr dank der Energiewende erstmals über die Hälfte des Strompreises ausmachen.
von Friedrich Huber, geschäftsführender Gesellschafter der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung
Schon jetzt wurde rund 600.000 Haushalten der Strom abgestellt, weil sie die Rechnungen nicht bezahlt hatten. Stellt sich die Frage: Wird Strom bald zum Luxusgut?
Kurz nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 beschloss die Bundesregierung, acht Kernkraftwerke sofort abzuschalten und bis 2022 stufenweise aus der Nutzung der Atomenergie auszusteigen. Ersetzt wird die Leistung der AKW durch erneuerbare Energiequellen wie Sonnenenergie, Wasserkraft, Windenergie und Geothermie. Bis 2020 soll der Anteil von Ökostrom von heute 25 auf mindestens 35 Prozent steigen. Dieser politisch gewollte Prozess wird als Energiewende bezeichnet.
Wirkliche Nachfrage spielt keine Rolle
Nach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) sind die Netzbetreiber verpflichtet, jeden produzierten Ökostrom unabhängig von der Nachfrage vorrangig ins Netz einzuspeisen. Der Ökostrom wird nach einem auf 20 Jahre gesetzlich fixierten Tarif vergütet. Die Differenz zum eigentlichen Preis der Kilowattstunde, wie er etwa an den Strombörsen sichtbar wird, müssen die Verbraucher über ihre Stromrechnung schultern.
Öko-Umlage steigt um fast 50 Prozent
Die Netzbetreiber können diesen vom Staat regulierten Bestandteil des Strompreises nicht mehr kompensieren und geben die höheren Kosten nun an die Kunden weiter. So haben die vier Übertragungsnetzbetreiber Amprion, Tennet, 50Hertz und TransnetBW einen Anstieg der EEG-Umlage um 1,7 Cent oder 47 Prozent (!) auf 5,277 Cent pro Kilowattstunde angekündigt. Ein Drei-Personen-Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr zahlt damit künftig 220 Euro pro Jahr für die Förderung der erneuerbaren Energien statt bislang 140 Euro.
Eine Million Menschen ohne Strom
Angesichts dieses dramatischen Anstiegs der Strompreise stellt sich die Frage nach der sozialen Dimension der Energiewende. So werden Steuern und Abgaben 2013 erstmals über 50 Prozent des Strompreises ausmachen – und mittelfristig dürfte das EEG die Strompreise weiter nach oben treiben. Preissteigerungen in diesem Ausmaß werden immer mehr zu einer Belastung für Einkommensschwächere: Etwa einer Million Menschen ist im Laufe eines Jahres wegen nicht bezahlter Rechnungen der Strom gesperrt worden.
Trotz dessen befürworten 72 Prozent der Bundesbürger weiterhin die Energiewende.
Investitionen in Versorgungsnetze nötig
Hinzu kommt, dass das Versorgungsnetz nicht für viele Einspeiser ausgelegt ist, sondern als Einbahnstraßen-Stromversorgung vom zentralen Großkraftwerk zum Verbraucher gebaut wurde. Für eine erfolgreiche Integration der erneuerbaren Energien ist jedoch eine Verknüpfung von Stromerzeugung, -einspeisung und –verbrauch zwingend erforderlich. Diese Schaffung einer intelligenten Energieinfrastruktur dürfte erhebliche Investitionen nach sich ziehen, kann sich aber lohnen. Ein Beispiel sind intelligente Stromzähler, die Geräte wie Waschmaschine, Trockner oder Geschirrspüler zu einem Zeitpunkt aktivieren, wenn viel Strom im Netz ist und die Energiekosten günstig sind.
Auswirkungen für Anleger noch unklar
Fazit: Hohe Stromkosten bewirken zwangsläufig einen sparsameren Umgang mit Energie. Aber wir brauchen Strom zum Leben – und dieser Strom muss für alle Bürger sicher und bezahlbar bleiben. Welche Auswirkungen dies für die Anleger und Kapitalmärkte haben wird, ist gegenwärtig noch nicht eindeutig abzusehen. Sicher ist: Wie immer wird es Verlierer und Gewinner geben.
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