Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

Widerrufsjoker: Sparkassen verlieren wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung bei Darlehen

09.02.16 10:00 Uhr

Widerrufsjoker: Sparkassen verlieren wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung bei Darlehen | finanzen.net

Gleich zwei deutliche Niederlagen für Sparkassen gab es in den vergangenen Wochen vor Oberlandesgerichten bezüglich des Widerrufs von Verbraucherkrediten.

In beiden Fällen hatten Darlehensnehmer auf Rückabwicklung von Darlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung geklagt. Beides Mal hatte das Gericht in erster Instanz zugunsten der Bank entschieden. Und in beiden Fällen wurde das Urteil dann vom OLG in zweiter Instanz aufgehoben und zugunsten der Verbraucher geurteilt.

Die beiden Urteile sind daher so bemerkenswert, weil die verwendeten Widerrufsbelehrungen von Sparkassen bundesweit und in großer Zahl verwendet worden waren. Von daher haben die Urteile auch Signalcharakter für viele Immobilienkredite, die bei Kreditinstituten aus dem Sparkassen-Sektor geschlossen wurden.

Zum einen bezieht sich das Urteil des OLG Celle vom 18. Januar 2016 auf eine im Jahr 2009 verwendete Widerrufsbelehrung. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass es im ersten Satz der Widerrufsbelehrung heißt: "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen..." es folgt ein länglicher weißer Platzhalter, bevor es im Text weitergeht "...ohne Angabe von Gründen (...) widerrufen."

Das Problem, so urteilten nun die Richter aus Celle, sei eben diese Leerstelle. Sie stelle "sich aus Sicht des Verbrauchers als verwirrend dar", heißt es in dem Urteil. Für den Verbraucher werde nicht erkennbar, ob die Angabe von zwei Wochen für ihn tatsächlich gelte oder ob "es sich um eine versehentliche Auslassung von weiteren Angaben handelt". Die Unklarheit sei geeignet, erhebliche Missverständnisse über die Widerrufsfrist auszulösen.

Nahezu parallel gab es am 27. Januar 2016 beim OLG Frankfurt ein Urteil, das ebenfalls eine häufig verwendete Widerrufsbelehrung der Sparkassen betrifft. Hierbei geht es um einen Kredit aus dem Jahr 2007, dessen Widerrufsbelehrung die mittlerweile berühmt-berüchtigten Fußnoten enthält - eine Spezialität der Sparkassen, die schon einige verbraucherfreundliche Urteile nach sich gezogen haben. Hier monieren die Frankfurter Richter allerdings weniger die Fußnoten, sondern insbesondere den Absatz "Finanzierte Geschäfte", der eine wesentliche Abweichung vom Mustertext des Gesetzgebers darstelle.

Das bedeutet, dass sich die Bank nicht darauf zurückziehen kann, dass Sie den gesetzlichen Mustertext für die Widerrufsbelehrung verwendet habe (sog. Gesetzlichkeitsfiktion) und ihre Darlehen deshalb nicht angreifbar sind. Die Darlehen sind nach Ansicht der Richter fehlerhaft und müssen von den Banken rückabgewickelt werden.

Beide Urteile sind ein großer Sieg für Verbraucher, die in den Jahren 2007 bis 2010 bei Sparkassen finanziert haben. Sie haben nun größere Chancen, den sogenannten Widerrufsjoker zu ziehen und somit vorzeitig aus ihren Darlehen auszusteigen. Falls Sie auch im fraglichen Zeitraum bei einer Sparkasse finanziert haben, sollten Sie Ihren Kreditvertrag auf eine solche fehlerhafte Widerrufsbelehrung prüfen lassen.

Die Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) bietet diese Prüfung durch spezialisierte Anwälte kostenlos an. Die Kreditnehmer erfahren im Rahmen der Prüfung nicht nur, ob die Widerrufsbelehrung ihres Darlehens fehlerhaft ist, sondern auch, welche konkrete Vorgehensweise sich in ihrem speziellen Fall anbietet. Eine Prüfung sollte kurzfristig vorgenommen werden, da nach aktuellem Sachstand eine gesetzliche Einschränkung des Widerrufs von Darlehen geplant ist. Demnach werden Darlehen nur noch bis Juni 2016 widerrufbar sein, wenn Sie bis einschließlich Juni 2010 abgeschlossen wurden. Das trifft auf die Darlehen, auf die sich die genannten Urteile beziehen, zu. Kreditnehmer sollten deshalb jetzt aktiv werden, wenn sie die Möglichkeit eines Widerrufs nicht verlieren wollen.