So kompliziert ist die Berechnung bei der Rückabwicklung einer Lebensversicherung
Wer eine Rentenversicherung oder Lebensversicherung widerruft anstatt Sie zu kündigen, erhält fast immer deutlich mehr Geld, als wenn er das Rückkaufsangebot der Versicherung annimmt.
Wie groß der Unterschied dabei ist, hängt maßgeblich der jeweiligen Versicherungsgesellschaft ab. Denn bei einer Rückabwicklung erhält der Versicherte seine eingezahlten Beiträge zuzüglich eines sogenannten Nutzungsersatzes zurück. Dieser Nutzungsersatz entspricht einer Entschädigung dafür, dass die Versicherungsgesellschaft während der Laufzeit der Lebensversicherung mit den Beiträgen des Versicherten arbeiten durfte.
Wie hoch ist dieser Nutzungsersatz im Einzelnen ist, hängt von der jeweiligen Versicherungsgesellschaft ab. Das ist neu. Denn bisher wurde er pauschal und unabhängig von der konkreten Versicherungsgesellschaft berechnet - in der Regel mit einer Verzinsung in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszins. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Sommer 2015 entschieden: Der Nutzungsersatz entspricht dem individuellen Nutzen, den die jeweilige Versicherungsgesellschaft erzielt hat. Dieser ist an den Versicherten herauszugeben.
Dieses Urteil ändert die Spielregeln bei der Rückabwicklung einer Lebensversicherung vollkommen. Denn nun muss der Versicherte nachweisen, wie viel Rendite die Versicherung mit seinen eingezahlten Beiträgen erzielt hat und diese - zuzüglich zu der Summe seiner Beiträge - zurückfordern. Das ist Bürde und Chance zugleich. Bürde deswegen, weil die Berechnung extrem kompliziert ist. Denn um den konkreten Nutzungsersatz zu berechnen muss der Versicherte die Rendite auf den Kapitalstock in den Jahren der Laufzeit seiner Police ermitteln. Er muss zudem die Eigenkapitalrendite der Versicherung kennen und er muss wissen, welcher Teil seiner Beiträge in den Kapitalstock geflossen ist und welcher Teil für Vertriebs- und Verwaltungskosten bei der Versicherung draufgegangen ist. Diese Berechnung ist für einen Versicherten und auch für einen normalen Anwalt in der Praxis kaum zu leisten!
Deswegen arbeitet die Interessengemeinschaft Widerruf bei der Rückabwicklung von Lebensversicherungen mit einem spezialisierten Dienstleister zusammen, der in einer aufwändigen Recherche diese Renditekennziffern für alle Versicherungen zusammengetragen hat. Mit Hilfe dieser Datenbank ist eine individuelle Berechnung des Rückabwicklungswerts für jede einzelne Police und für jeden Jahrgang möglich. Und die Ergebnisse fallen nicht selten spektakulär aus!
Die Chance des BGH-Urteils besteht nämlich darin, dass der Versicherte bei den profitablen Versicherungsgesellschaften direkt an deren teilweise enorm hohen Eigenkapitalrenditen partizipiert. Diese liegen bei vielen Unternehmen nämlich deutlich im zweistelligen Prozent-Bereich - und damit weit jenseits von dem, was mit einer laufenden Lebensversicherung zu erzielen wäre. Im Ergebnis lassen sich daher bei etlichen Versicherungen Rückabwicklungswerte für eine Lebensversicherung herleiten, die um ein Vielfaches über der Summe der eingezahlten Werte liegen. Ein konkretes Beispiel für eine Police der Allianz Lebensversicherung werde ich Ihnen in einem meiner nächsten Blogbeiträge auf www.widerruf.info zeigen.
Besitzer einer Lebens- oder Rentenversicherung sollten daher mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf kostenlos prüfen lassen, ob die Rückabwicklung für Sie in Frage kommt. Das ist immer dann der Fall, wenn der Verbraucher beim Abschluss der Lebensversicherung nicht ausreichend über seine Möglichkeit zum Rücktritt vom Vertragsabschluss informiert wurde. Dies ist bei der weit überwiegenden Mehrzahl aller Versicherungen aus den Jahren 1995 bis 2007 gegeben. Die meisten Policen aus diesen Jahren weisen nämlich fehlerhafte Widerspruchsinformationen auf. Ist dies der Fall, so beginnt die normale Widerrufsfrist von 14 bzw. 30 Tagen nicht zu laufen. Versicherungen können damit noch Jahre nach dem Abschluss wirksam widerrufen werden - die Rückabwicklung ist dann die Konsequenz.
Gerade vor dem Hintergrund der absehbar niedrigen Renditen für Lebensversicherte in den nächsten Jahren kann eine Rückabwicklung daher sehr attraktiv sein. Die Prüfung auf fehlerhafte Widerspruchsinformationen können Sie kostenlos auf www.widerruf.info/lebensversicherung vornehmen lassen. Sie ist auch dann möglich, wenn die Police bereits beitragsfrei gestellt wurde oder in den vergangenen Jahren regulär gekündigt wurde.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
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