Kfz-Versicherungen werden teurer
November ist Wechselzeit für die Verträge. Doch der Weg zur günstigsten Police ist kompliziert. Wie Autofahrer ans Ziel kommen.
Was bislang nur als Gerücht in der Branche kursierte, haben Allianz und HUK-Coburg nun bestätigt: Kfz-Versicherungen werden teurer. Zwar sollen sich die Aufschläge beim Gros der Versicherten nur im einstelligen Prozentbereich bewegen, einige wenige könnten aber dennoch 15 bis sogar 30 Prozent mehr zahlen. So heißt es zumindest bei der Allianz, dem nach Zahl der Verträge hinter der HUK-Coburg zweitgrößten deutschen Autoversicherer. Auch bei anderen, kleineren Anbietern wird es teurer.
Der Preissprung kommt just zu der Zeit, in der Autoversicherer Hochkonjunktur haben. Jedes Jahr im November wechseln Hunderttausende ihre Kfz-Haftpflicht. Denn die meisten Policen gelten ab dem 1. Januar für ein Jahr. Eingedenk der einmonatigen Kündigungsfrist ist der 30. November der letzte Tag, an dem die Kündigung eingehen muss.
Wem die neuen Tarife zu teuer sind, der kann von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Das gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer über den neuen Tarif erst nach dem 30. November informiert wird.
Der Preisanstieg kommt nicht von ungefähr: Seit knapp acht Jahren liefern sich die Kfz-Versicherer einen harten Preiskampf. Getreu dem Motto „Wer sein Auto bei uns versichert, versichert auch sein Leben und seine übrigen Habseligkeiten bei uns“ machten die Gesellschaften ihre Kfz-Policen billiger, als sie eigentlich sein dürfen – mit verheerenden Folgen: Für jeden Euro, der als Prämie reinkommt, zahlt die Versicherung 1,08 Euro für Schäden, Verwaltung und andere Posten drauf. Auf diese Weise hat die Branche in den vergangenen Jahren Milliarden verloren.
Nun sollen die Kunden für die billigen Tarife der Vergangenheit zur Kasse gebeten werden. Da aber nicht alle Versicherer gleich hart zugreifen werden, können Wechsler sparen. Aber auch das Wechseln ist schwieriger geworden. Denn Online-Vergleichsportale, über die sich Tarife schnell und ohne Aufwand vergleichen lassen, sind ebenfalls ins Visier der Versicherer geraten. Und auch hier spielt Geld eine wesentliche Rolle. Branchenangaben zufolge lassen sich die Portale neue Verträge von Versicherern angeblich mit Provisionen von 50 Euro und mehr vergolden. Um diese Kosten zu sparen, bauen Versicherer eigene Vergleichsplattformen auf oder kaufen sich ein. Letzteres haben HUK Coburg, HDI Direkt und WGV gemacht. Unter dem verheißungsvollen Namen transparo.de buhlt nun eine Tochter des Portals aspect-online.de um Wechselwillige. Laut HUK-Coburg-Vorstandschef Wolfgang Weiler gilt es, „das Quasimonopol von Check24 zu brechen“. Ende Oktober will der Sparkassenversicherer S Direkt sein Portal autoversicherung.de an den Start bringen.
Solche Lösungen irritieren natürlich die Konkurrenz. So will die Allianz, zumindest bei transparo.de, nicht gelistet werden. Immerhin: HUK Coburg würde ihre Tarife Check24 zur Verfügung stellen, aber für die Vermittlung keine Provisionen zahlen wollen.
Unübersichtlicher Wirrwarr
„Für die Versicherten bleibt ein unübersichtlicher Wirrwarr“, sagt Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Ganz verdammen will er die Portale jedoch nicht: „Wer einen guten Überblick haben will, sollte zwei bis drei Portale besuchen.“ Dabei arbeiten viele Webportale mit demselben Vergleichsrechner. So sollte sich niemand wundern, wenn transparo.de, aspect-online.de, finanzen.de und insurancecity.de ähnliche Ergebnisse ausspucken.
Parallel zum Kampf der Portale ändern sich die Typenklassen für rund ein Drittel aller Fahrzeuge. Folge: Einige Wagen sind günstiger zu versichern, für andere wird’s teurer. Die Typenklassen errechnen sich übrigens vereinfacht gesagt aus der Zahl der zugelassenen Wagen eines Typs im Verhältnis zu den Unfällen, an denen diese Fahrzeuge beteiligt waren. Wer herausfinden will, ob seine Police nun mehr oder weniger kostet, kann dies mithilfe des Fahrzeugscheins unter: www.gdv-dl.de/typklassenverzeichnis tun.
Wo Wechsler noch sparen können
Allen, die sich einen neuen Versicherer ausgesucht haben, rät Experte Wortberg, die Versicherungsbedingungen genau durchzulesen. Sonst kann es etwa im Schadenfall teuer werden. „Es gibt mittlerweile Anbieter, die nach einem Schadenfall extreme Rückstufungen vornehmen“, so der Verbraucherschützer. Dann wird das vermeintliche Versicherungsschnäppchen schnell zu einer Belastung von mehreren Hundert Euro im Jahr.
„Preisnachlässe etwa für Alleinfahrer, Wenigfahrer oder Garagenfahrzeuge sollte man nur dann in Anspruch nehmen, wenn man die Voraussetzungen tatsächlich erfüllen kann“, so Wortberg. Wer etwa seine Kilometerpauschale überschritten hat und einen Unfall baut, für den verkehrt sich Beitragsersparnis durch Rückstufungen und eventuelle Strafen schnell ins Gegenteil. Sparen können Autofahrer vor allem an der separaten Insassenunfallversicherung. Diese Police ist unnötig, da Beifahrer bei der Kfz-Haftpflicht mitversichert sind. Auch ein Vollkaskoschutz lohnt sich nur für neuere Wagen mit hohem Restwert.
Einige Anbieter haben neue Rabattstaffeln eingeführt. Vor allem Fahranfänger und ältere Fahrer, die seit Jahrzehnten unfallfrei unterwegs sind, können davon profitieren. In der Haftpflichtklasse 0 zum Beispiel zahlen junge Fahrer nach altem Recht bis zu 230 Prozent des Grundbeitrags, mit der neuen Staffel bisweilen nur rund 95 Prozent. Wer lange unfallfrei ist, zahlt im günstigsten Fall nur noch 20 Prozent statt bisher 30 Prozent.
Einen besonderen Spartrick gibt es für Familien mit Motorrad. Sobald das erste Kind ein eigenes Auto bekommt, lohnt es sich, die Motorradpolice auf den neuen Wagen umzuschreiben und das Zweirad neu zu versichern. So erhält der Nachwuchs den günstigen Tarif, und die neue Police des Motorrads verbilligt sich schneller als die eines Autos. Kleiner Wermutstropfen: Der sehr erklärungsbedürftige Wechsel funktioniert meist nur bei Versicherungen mit einem Vertreter vor Ort.
Fahrzeughalter sollten aber nicht nur stur auf den Preis schauen, sondern auch auf das Unternehmen. „Kleine Versicherer, die mit Kampfpreisen in den Preistabellen nach oben wollen, haben vielleicht nicht die Finanzkraft, um mehrere große Schadenfälle zu tragen“, warnt Wortberg.