Fondsgebundene Rentenversicherungen: Jetzt aber schnell!
Manche fondsgebundene Rentenversicherungen verlieren die Steuervergünstigung, wenn sie nicht angepasst werden. Die Zeit drängt, denn Stichtag ist der 1. Juli.
von Claudia Marwede-Dengg
Die private Altersvorsorge versüßt Vater Staat bekanntlich mit vielfältigen finanziellen Vorteilen. Ob Riester, Rürup oder eine zusätzliche Rentenversicherung – fast immer gibt es die eine oder andere steuerliche Vergünstigung. Bei neueren Rentenversicherungsverträgen ab 2005 könnten diese Vergünstigungen allerdings in Gefahr sein, denn das Bundesfinanzministerium hat im Herbst vergangenen Jahres die Voraussetzungen schärfer gefasst. Bis zum 30 Juni haben die Versicherten noch Gelegenheit, ihre Policen nachbessern zu lassen.
„Wer nach dem 1. Januar 2005 eine private Rentenversicherung abgeschlossen hat, sollte sich jetzt seinen laufenden Vertrag noch einmal genau ansehen“, rät Andrea Heyer, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. Einen möglichen Änderungsbedarf sieht sie vor allem bei fondsgebundenen Rentenversicherungen: Nach Schätzungen von Experten ist in rund 6,5 Millionen solcher Policen weder eine feste Rente garantiert noch ein Rentenfaktor genannt. Da die tatsächliche Rentenhöhe ganz von der Entwicklung an den Kapitalmärkten abhängt, sind hier präzise Angaben auch nicht möglich.
Seit 2005 werden private Rentenversicherungen in der Auszahlungsphase steuerlich begünstigt: Daher wird lediglich der Ertragsanteil mit dem individuellen Steuersatz besteuert. Maßgebend für die Höhe des Ertragsanteils ist das jeweilige Lebensalter, in dem die Rentenzahlung beginnt. Wer mit 60 oder 61 Jahren erstmals seine private Rente bezieht, hat einen Ertragsanteil von 22 Prozent zu versteuern. Danach reduziert sich der Prozentsatz mit jedem Lebensjahr, mit dem sich der Rentenbeginn nach hinten verschiebt, um jeweils um einen Prozentpunkt: Wer mit 65 Jahren die erste Auszahlung aus seiner privaten Rente erhält, muss also 18 Prozent davon mit seinem individuellen Steuersatz versteuern. Liegt die Monatsrente beispielsweise bei 500 Euro, fallen 90 Euro in die Besteuerung.
Diese Vergünstigung war von Anfang an an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Das Bundesfinanzministerium hatte jedoch offenbar die Kreativität der Finanzbranche unterschätzt. Diese nutzte die Gunst der Stunde und kreierte nicht nur passende Altersvorsorgeprodukte, sondern auch gleich verschiedene Steuersparmodelle. So ließ sich mit Hilfe einer fondsgebundenen Rentenversicherung nun auch Kapital in eine Vermögensverwaltung packen und mit einem Versicherungsmantel versehen. Vor allem ausländische Versicherer entwickelten hier sehr viel Kreativität – während der Fiskus oft das Nachsehen hatte.
Im Oktober 2009 reagierte dann das Ministerium mit einem 37-seitigen BMF-Schreiben. Unter der Überschrift „Besteuerung von Versicherungsverträgen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 6 EStG“ wurden die Regeln für steuerbegünstigte Rentenprodukte schärfer gefasst, insbesondere die Passagen zu fondsgebundenen Rentenversicherungen und vermögensverwaltenden Versicherungsverträgen.
Dreh- und Angelpunkt ist jetzt die Abdeckung des biometrischer Risikos: Wenn ein Versicherungsunternehmen am Beginn der Vertragslaufzeit dieses Langlebigkeitsrisiko übernimmt, liegt steuerrechtlich gesehen dann eine Rentenversicherung vor.
Dies bedeute, so heißt es in dem BMF-Schreiben weiter, „dass bereits bei Vertragsabschluss die Höhe der garantierten Leibrente in Form eines konkreten Geldbetrags festgelegt wird oder ein konkret bezifferter Faktor garantiert wird, mit dem die Höhe der garantierten Leibrente durch Multiplikation mit dem am Ende der Anspar- beziehungsweise der Aufschub-Phase vorhandenen Fondsvermögen beziehungsweise Deckungskapital errechnet wird (Rentenfaktor).“ Lilo Blunck, die Vorstandsvorsitzende des Bundes der Versicherten (BdV) bringt die Neuregelung auf einen kurzen Nenner: „Die Police muss entweder einen garantierten Rentenbetrag präzise nennen oder einen konkret bezifferten Rentenfaktor ausweisen“.
Für Rentenpolicen die vor dem 1. Juli 2010 abgeschlossen wurden, gibt es Übergangsregeln: Hier ist es nach dem BMF-Schreiben ausreichend, dass der Versicherer bei Vertragsabschluss beziehungsweise zum Zeitpunkt der Erhöhung „hinreichend konkrete Grundlagen für die Berechnung der Rentenhöhe oder des Rentenfaktors zugesagt hat“. Dieses Erfordernis sei auch erfüllt, wenn die bei Vertragsbeginn für die Rentenberechnung unterstellten Rechnungsgrundlagen mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders, der die Voraussetzungen und die Angemessenheit prüft, geändert werden können.
Problematisch sind dagegen Verträge, die lediglich eine Verrentung am Ende der Anspar- beziehungsweise Aufschub-Phase zu den dann gültigen Bedingungen vorsehen. Sie gelten steuerrechtlich nicht als Rentenversicherung, sondern als „ein nach den allgemeinen Vorschriften zu besteuernder Sparvorgang mit einer steuerrechtlich unbeachtlichen Verrentungsoption“, heißt es weiter im BMF-Schreiben. Im Klartext: Diese Fälle sind nicht mehr steuerbegünstigt.
Das Finanzministerium hat hier allerdings die Tür noch nicht ganz zugeschlagen und Nachbesserungen erlaubt: Wenn der Vertrag vor dem 1. Juli 2010 so modifiziert wird, dass entweder ein konkreter Geldbetrag oder ein konkreter Rentenfaktor nachträglich zugesagt wird, bleibt die Steuervergünstigung bestehen. Danach gilt aber auch hier: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das heißt: Jetzt schnell den Vertrag raussuschen, anschauen und eventuell noch ändern lassen.
Doch es gibt ein weiteres Problem, das Schwierigkeiten verursachten kann: Die Versicherten sind auf das Wohlwollen der Versicherer an gewiesen. „Zwar macht das Bundesfinanzministerium die Steuerbegünstigung von dieser Nachbesserung abhängig“, erläutert BdV-Chefin Blunck, „aber Verbraucher haben keinen Anspruch auf die Änderung. Denn verbindlich ist allein der ursprünglich geschlossene Vertrag.“
Ganz entspannt zurücklegen können sich dagegen diejenigen, Von diesen Neuerungen nicht betroffen sind diejenigen, die eine fondsgebundene Riester- oder Rürup-Rente abgeschlossen haben. Da ihre Verträge sämtliche Kriterien einer Rentenversicherung erfüllen, müssen sie nicht aktiv werden.