So reich sind Rentner wirklich in Deutschland
Ein Großteil der Bevölkerung hat Angst vor Altersarmut. Dass die Armutsrisikoquote häufig deutlich überschätzt wird, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Diese berücksichtigt neben den Einkommen nämlich auch das Vermögen der Rentner.
Hälfte der Deutschen hat Angst vor Altersarmut
Wer in Deutschland jährlich weniger als 14.109 Euro verdient, der gilt als armutsgefährdet, so gibt es die Bundesregierung an. Im Jahr 2021 waren in der BRD, laut Statista und der Bundesagentur für Arbeit, 20.7 Prozent von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Zusätzlich ist das deutsche Rentensystem stark in der Kritik, weil eine abnehmende Zahl an Erwerbstätigen immer mehr Renten finanzieren müssen. Da ist es kein Wunder, dass große Anteile der Bevölkerung eine mögliche Altersarmut fürchten.
Eine Studie des Umfrageinstituts YouGov, welche im Mai 2023 veröffentlicht wurde und sich auf Daten bezieht, die von Ende April bis Anfang Mai 2023 erhoben wurden, fürchten sich etwa 49 Prozent der Männer und 56 Prozent der Frauen vor Altersarmut.
Eine Auswertung des Statistischen Bundesamt ergänzte diese Erkenntnis noch darum, dass Frauen in Deutschland zudem deutlich stärker von Altersarmut bedroht sind. Gründe dafür sind dem zufolge niedrigere durchschnittliche Einkommen bei Frauen, Pausen in der Berufstätigkeit und häufigere Teilzeitanstellungen im Vergleich zu Männern.
Im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Netto-Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Männer bei 1.276 Euro. Die entsprechende Rente der Frauen fiel mit 1.060 Euro etwas geringer aus. Zu diesen Ergebnissen kam das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung.
IW- Studie berücksichtigt Vermögen von Rentnern
Nun betrachten eine Vielzahl solcher Studien nur das Einkommen der Menschen. Das Institut der deutschen Wirtschaft, bezieht in seiner Studie von 2019, allerdings auch das Vermögen mit ein. Bei der Berechnung wurden die Vermögenswerte der Rentner in Annuitäten umgerechnet und mit Einkommen gleichgesetzt. Denn laut dem IW hängt das finanzielle Wohl der Bürger nicht nur vom eigenen Einkommen ab, sondern auch von dem Vermögen, das sie besitzen. Da dieses im Alter oft deutlich höher ist als das der jüngeren Generation, wirken die Senioren laut FAZ oft ärmer, als sie wirklich sind. Die fehlende Betrachtung des Vermögens von Rentnern führt daher nach Angaben des IW oft zu einer Überzeichnung der Armutsgefährdung: Denn in der kombinierten Berechnung fallen nur noch 9,9 Prozent der über 65-Jährigen in die Kategorie der relativ Armen, was ungefähr 1,75 Millionen Rentnern entspricht. Ohne Berücksichtigung des Vermögens lag die berechnete Armutsquote noch bei circa 12,5 Prozent.
Einkommen von Partnern bleibt oft unberücksichtigt
Weiterer Grund für eine Armutsüberzeichnung kann laut Ökonom Maximilian Stockhausen außerdem sein, dass in den zahlreichen veröffentlichten Studien das Einkommen des jeweiligen Lebenspartners außer Acht gelassen wird, wie der Mitgestalter der IW-Vermögensstudie in einem Interview gegenüber dem Informationsdienst des IW erklärt. So kann es sein, dass ein Partner, der beispielsweise für die Kindererziehung zuständig war oder einen Job mit nur geringfügiger Entlohnung ausgeführt hat, trotz der daraus resultierenden geringen Rente keine Armut im Alter befürchten muss. Denn viele Geringverdiener haben Partner, die im Alter genug Einkommen für beide Parteien aufbringen können. Trotzdem fließen die Senioren mit niedriger Rente ohne Armutsrisiko in die Armutsstatistik mit ein.
Kritik an IW-Studie
Doch gibt es auch einige Kritiker der veröffentlichten Studie des Instituts. Diese bemängeln, dass Vermögen nicht als liquide, daher als direkt zugänglich, angenommen werden darf. Stockhausen kann diese Vorwürfe verstehen, betont jedoch, dass die getroffenen Annahmen von einem liquiden Vermögen trotzdem sachdienlich sind: "Es ist durchaus realistisch, dass ein Haushalt Vermögenswerte zumindest teilweise verkauft und das Geld nutzt, wenn er in finanzielle Probleme gerät", erklärt der Ökonom.
Redaktion finanzen.net
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