Ukraine-Krieg

Geflüchtete aus der Ukraine anstellen: Das müssen Arbeitgeber wissen

27.01.23 06:40 Uhr

Geflüchtete aus der Ukraine anstellen: Das müssen Arbeitgeber wissen | finanzen.net

Viele der geflüchteten Ukrainer wollen auch in Deutschland weiter ihren Berufen nachgehen. Potenzielle Arbeitgeber müssen sich jedoch vorab über einige Fragen im Klaren werden.

So viele Ukraine-Krieg-Flüchtlinge sind in Deutschland

Wie das ZDF unter Berufung auf das Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichtet, sind seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine über 600.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Rund 98 Prozent der Geflüchteten sind dabei auch ukrainische Staatsangehörige. Ein geringer Anteil der Geflüchteten stammt jedoch aus anderen Teilen der Welt (Afrika, Asien, Nahost). Der Anteil an weiblichen Geflüchteten ist mit 69 Prozent deutlich höher als der Anteil an männlichen mit 31 Prozent. Betrachtet man ausschließlich die Anzahl der Erwachsenen, liegt der Anteil von Frauen mit 80 Prozent sogar noch höher. Die Anzahl an Minderjährigen unter den Geflüchteten liegt bei fast 40 Prozent. Jedoch erklärt das ZDF auch, dass die Möglichkeit besteht, dass viele der erfassten Flüchtenden in ein anderes EU-Land weitergereist sind oder trotz der Kampfhandlungen bereits wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Da sich viele nicht abmelden würden, ist eine genaue Erfassung schwierig.

Wer­bung

Dürfen Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland arbeiten?

Viele der nach Deutschland Geflüchteten wollen auch hier weiter ihren Berufen nachgehen. Einige der in Deutschland ansässigen Unternehmen hoffen dabei auf qualifiziertes Personal. Doch viele Firmen wollen auch fernab von der Hoffnung Fachpersonal zu finden, die Erwerbsfähigen unter den Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt integrieren. "Die Hilfsbereitschaft ist seit Wochen groß", erklärt Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, gegenüber dem Handelsblatt. Um diesen Prozess zu erleichtern, sollten die wichtigsten Fragen rund um das Anstellen von Flüchtigen aus der Ukraine geklärt sein.

Zunächst muss natürlich geklärt werden, ob Geflüchtete aus der Ukraine überhaupt in Deutschland arbeiten dürfen. Den Flüchtenden aus der Ukraine wird in Deutschland, je nachdem wie sich die dortige Lage verändert, vorübergehender Schutz über ein bis drei Jahre gewährt. Damit haben alle erwerbsfähigen Flüchtlinge direkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Rechtlich zugesichert wird ihnen dies durch die Massenzustrom-Richtlinie, die von der EU Anfang März aktiviert wurde.

Wer­bung

Flüchtlinge einstellen: Was müssen Arbeitgeber beachten?

Zunächst sollten Arbeitgeber wissen, welche Beiträge abgeführt werden müssen, wenn ukrainische Flüchtlinge eingestellt werden. Beginnt ein ukrainischer Flüchtling eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, fallen für den Arbeitgeber alle üblichen Beiträge an, also Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Außerdem tragen die Unternehmen die Umlagen zur Entgeltfortzahlungsversicherung, die Insolvenzgeldumlage und die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung.

Ebenfalls hilfreich zu wissen ist es für Arbeitgeber, wo man die passenden Fachkräfte unter den Geflüchteten findet. Anne Courbois, die beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) die Integration von Flüchtlingen koordiniert, erklärt gegenüber dem Handelsblatt, dass der erste Ansprechpartner für Arbeitgeber dabei die Bundesagentur für Arbeit sein sollte. Außerdem gibt es diverse Arbeitsportale, die speziell für Arbeitssuchende aus der Ukraine eingerichtet wurden, darunter zum Beispiel "UA Talents". Aus welchen Branchen die meisten der Geflüchteten kommen, ist derzeit nicht bekannt. Deshalb sammeln Forscher wie Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) derzeit Daten, die sich auf die Gesamtbevölkerung der Ukraine und die in Deutschland lebenden Ukrainer beziehen.

Wer­bung

Eine wichtige Frage, die ebenfalls geklärt werden muss, ist, wie man am besten mit der Sprachbarriere umgeht, da davon auszugehen ist, dass die meisten Geflüchteten über keine Deutschkenntnisse verfügen. Mit dem vorübergehenden Schutz erhalten die Geflüchteten jedoch auch Zugang zu Sprachkursen. Um die Zeit bis zu einem Sprachkurs zu überbrücken, empfiehlt Courbois den Unternehmen, die geflüchteten Beschäftigten an das Lernportal des Volkshochschulen-Verbands zu verweisen. Dort seien seit Kurzem alle Deutschkurse bis einschließlich zum Niveau "B1" auch auf Ukrainisch verfügbar.

Zuletzt stellt sich auch die Frage, welche Gegebenheiten ein Unternehmen im Allgemeinen erfüllen muss, um eine aus der Ukraine geflüchtete Person gut zu integrieren. Dabei geht es vor allem um mehr als um bloße Einarbeitung. Hilfe bei der Wohnungssuche, der Kontoeröffnung, der Schulanmeldung und der Arztsuche seien außerordentlich wertvoll für Frischankömmlinge. Zur Hilfe kann das gesamte Team eingebunden werden. Ukrainisch-, russisch- oder englischsprachige Kollegen könnten beispielsweise als Mentoren agieren und die neuen Kollegen begleiten und anweisen. Außerdem sollten Unternehmen darauf vorbereitet sein, dass sich auch am Arbeitsplatz Fluchttraumata und dessen Folgen zeigen können. Deshalb sollten Arbeitgeber, aber auch Kollegen, darauf vorbereitet sein, wie richtig damit umzugehen ist. Zu dieser Frage könne sich Vorgesetzte zum Beispiel an die bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer wenden. Für jedes Bundesland sind dort Ansprechpartner gelistet.

E. Schmal / Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Jacob Lund / Shutterstock.com