Achtsamkeit: Wie geistiges Wohlbefinden im Job hilft
Mentale Gesundheit rückt immer weiter in den Fokus der Gesellschaft. Die steigenden Anforderungen im Arbeitsalltag stellen viele Menschen vor Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Das Konzept der Achtsamkeit soll Hilfe leisten.
Die Auswirkungen von negativem Stress
Stress entsteht, wenn Anforderungen in Beruf und Privatleben über uns hinauswachsen. Gefühle der Überwältigung und Überforderung kehren ein, diese sind jedoch normal - bis zu einem gewissen Grad. Vor allem in der heutigen digitalisierten Welt werden ständig Informationen ausgetauscht, eine dauerhafte Erreichbarkeit wird vorausgesetzt und die innere Ruhe und Ausgeglichenheit eingeschränkt. Fehlende Ruhezeiten können so zu einer Dauerbelastung führen, weshalb weder Körper noch Geist entspannen können und folglich in Mitleidenschaft gezogen werden.
Dennoch ist es zunächst wichtig, zwischen positivem und negativem Stress zu unterscheiden, da ein gewisses Maß an Stress den Menschen oft erst handlungsfähig werden lässt. Stress kann sogar zur Erreichung von Höchstleistungen anspornen. Doch folgt nach einer kurzen Stressphase keine Entspannung, verbleibt der Körper in einer Art Alarmbereitschaft. Die Konzentration stressbedingter Hormone wie Cortisol und Adrenalin sowie der Blutdruck bleiben hoch - man spricht von negativem Stress. Dieser negative Stress kann zu ernsthaften Erkrankungen führen, da Körper und Geist miteinander verbunden sind - von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, über Diabetes, erhöhten Leberwerten und Hautausschlägen bis hin zu Burnout und Depression. Essenziell zur Vorbeugung dieser Erkrankungen ist deshalb ein gutes Stressmanagement.
Mindful Self Leadership
Das Prinzip des Mindful Self Leadership wurde dem Führungskonzept des Mindful Leadership entnommen, wobei auch hier der Fokus auf Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung liegt. Dabei ist Achtsamkeit an sich nicht als eine Führungsstrategie zu verstehen, sondern vielmehr als Fundament eines erfolgreichen Führungsstils.
Mindul Self Leadership basiert auf dem psychologischen Konzept der Achtsamkeit, vor allem aber auf dem Ansatz des US-amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn. Er definiert Achtsamkeit als eine zielgerichtete Lenkung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment, dabei wird dieser jedoch nicht bewertet. Das bedeutet also, dass der sogenannte Aufmerksamkeitskegel auf das Hier und Jetzt gerichtet sein soll.
Achtsamkeit hat viele Vorteile
Das Magazin Spektrum der Wissenschaft beschreibt eine Metaanalyse von insgesamt 136 Studien mit über 11.000 Teilnehmern aus dem Jahr 2021, welche eine positive Wirkung von Achtsamkeitsübungen auf die psychische Gesundheit im Allgemeinen, also auf Angst, Stress und negative Stimmung aufzeigte.
Ebenfalls konnte eine Verbesserung der Bedürfniswahrnehmung festgestellt werden. Die Wahrnehmung von Bedürfnissen und Stress bieten die Grundvoraussetzung, um Selbstregulationsprozesse in Gang zu setzen und sich selbst zu managen.
Neben einer verbesserten Wahrnehmung ermöglichen Achtsamkeitsübungen eine Aufmerksamkeitssteigerung. Dies ist jedoch nur in spezifischen Kontexten belegt worden und kann nicht auf jede Tätigkeit generalisiert werden, äußert sich Ute Hülsheger, Professorin für Psychologie und Neurowissenschaften der Universität Maastricht, gegenüber dem Nachrichtenportal Nordbayern.
Eine weitere Studie von Nicole Winbush, Cynthia Gross und Mary Kreitzer der University of Minnesota konnte belegen, dass Achtsamkeitsübungen mit einer verbesserten Schlafqualität einhergehen, da beispielsweise schlafstörende Kognitionen wie Sorgen reduziert werden.
Laut einer Studie von Dr. Simon Schindler und der Universität Kassel scheinen Achtsamkeitsübungen nach aktueller Studienlage aber generell als "Instrument für effektive Emotionsregulation und Stressbewältigung und damit für eine Steigerung der Entspannung und der individuellen Lebenszufriedenheit" wirken.
Achtsamkeitstechniken für den Arbeitsalltag
Äquivalent zu der Implementierung neuer Routinen im Allgemeinen, empfiehlt es sich auch hier, kleine Übungen in den Alltag einzubauen und sich dann zu steigern. Da Achtsamkeit sich trainieren lässt, sollte sich durch die sukzessive Steigerung eine kontinuierliche Verbesserung - auch im Berufsleben bemerkbar machen.
Eine mögliche Möglichkeit stellen Atemübungen dar. Dabei wird der Fokus auf den Atem gelenkt und man konzentriert sich abwechselnd auf unterschiedliche Körperteile.
Ebenfalls ideal für eine Integration in den Arbeitsalltag bietet die Inanspruchnahme eines Weckers. Dieser klingelt in bestimmten Abständen und zeigt somit, dass sich nun fünf Minuten Zeit zum Meditieren genommen werden sollte. Diese Meditation kann sogar im Sitzen stattfinden. Dabei berühren die Füße den Boden, die Augen können geöffnet oder geschlossen sein. Zentrum der Aufmerksamkeit sollte die eigene Atmung sein.
Die Kritik
Grundsätzlich gilt jedoch, dass Achtsamkeitsübungen zwar dazu dienen, die eigenen Bedürfnisse bewusst zu machen - sie stellen jedoch kein Allheilmittel für stressige Arbeitsbedingungen und äußere Umstände dar. So warnt beispielsweise der Neurowissenschaftler Kieran Fox vor zu hohen Erwartungen. Er äußert sich gegenüber dem Magazin Spektrum der Wissenschaft kritisch: Obwohl er täglich selbst meditiere, mache er sich Sorgen um die übertriebene Darstellung der Vorteile.
Redaktion finanzen.net
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