Öl-Schock

Kanadisches Öl wird günstiger gehandelt als ein Krug Bier

03.04.20 21:59 Uhr

Kanadisches Öl wird günstiger gehandelt als ein Krug Bier | finanzen.net

Die Ölpreise befinden sich seit mehreren Monaten im Tiefflug, die Premiumsorten WTI und Brent kratzen an historischen Tiefwerten. Der Markt ist übersättigt, vor allem in Nordamerika findet sich kaum ein Abnehmer für Rohöl. Das etwas minderwertige kanadische Öl WCS kostet pro Barrel aktuell sogar weniger als ein Krug Bier.

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Öl-Krieg und Corona-Lockdown

Der Ölpreis befindet sich seit Beginn des Jahres auf einer konstanten Talfahrt, sowohl der Preis für WTI (West Texas Intermediate) als auch die für Europa bedeutendste Ölsorte Brent fielen von gut 60 US-Dollar (WTI) beziehungsweise knapp 70 US-Dollar (Brent) auf aktuell 21,33 US-Dollar und 23,41 US-Dollar. Dies markiert einen Absturz um 67,1 und 65,5 Prozent der beiden Premium-Ölsorten.

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Damit ist das Öl so billig wie zuletzt im Jahr 2002, ausgelöst wurde das ganze unter anderem durch Saudi-Arabien und Russland. Sie sind einen Ölpreis-Krieg eingegangen und überschwemmen den Markt mit einem Überangebot, ohne einen Produktionsstopp in Aussicht zu stellen. Wie CNBC berichtet, seien vorerst auch keine Gespräche mit Russland in Planung, um Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Auch die Corona-Krise hat zu einem signifikanten Nachfragerückgang beigetragen. So ist die tägliche Nachfrage um bis zu 20 Millionen Barrel gefallen, im Vergleich zum Vorjahr ein Einbruch um 20 Prozent.

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Ein Barrel WCS ist günstiger als Bier

Noch billiger ist das Öl zum jetzigen Zeitpunkt in Kanada. Hier wird das Barrel für unter fünf US-Dollar gehandelt und wäre damit günstiger als ein Krug kanadisches-Bier. Zwar ist das kanadische WCS (Western Canada Select) qualitativ minderwertiger und dementsprechend kostengünstiger als Brent oder WTI, aber dennoch sind circa vier US-Dollar pro Barrel Öl ein überaus günstiger Preis.

Um den drastischen Preissturz in ein Verhältnis zu stellen, hat CNBC ein kleines Rechenbeispiel aufgestellt: Ein Barrel Öl entspricht 42 Gallonen oder 158,98 Liter. Bricht man das, unter Berücksichtigung des aktuellen Ölpreises, auf eine Flasche Bier herunter, würde diese nur circa einen Penny kosten.

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Auch hier ist ein Überangebot, welches aufgrund des Corona-Lockdowns entstanden ist, für den extremen Preissturz verantwortlich. "Die Preise sind so tief, dass es keinen Grund gibt [das Öl] zu transportieren, wenn man es nicht muss. Wenn du es aufbewahren kannst, dann wirst du das tun", erklärt Stephanie Kainz, Senior Associate bei RS Energy Group, im Interview mit der Financial Post.

Dies führt dazu, dass manche Raffinerien kleinere Abnehmer sogar bezahlen, das Rohöl aufzunehmen. "Der Nachfrageschock wirkt sich extrem negativ auf den Ölpreis aus und befördert den Preis für landumschlossenes Rohöl in den negativen Bereich", berichtete Goldman Sachs laut Informationen von CNBC.

Übersättigung des Marktes

Der Grund, warum Ölproduzenten die Abnehmer sogar bezahlen liegt darin, dass es teurer wäre, eine Ölquelle zu schließen und wieder zu öffnen. Zudem spekulieren einige Produzenten auf eine Preiserholung in den kommenden Monaten.

Doch inwieweit sich das bewahrheitet, bleibt fraglich. Denn aktuell ist davon auszugehen, dass der nordamerikanische Ölmarkt in den kommenden zwei Monaten fast vollkommen gesättigt ist, berichten Experten. Hierdurch würden auch die Premiummarken einen noch tieferen Preissturz verspüren.

Henry Ely / Redaktion finanzen.net

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