Wie sich Aldi, Lidl und Co. einen Machtkampf liefern und trotzdem Kunden an Supermarkt-Konkurrenten verlieren
Preis-Aktionen, längere Öffnungszeiten, größeres Sortiment - Discounter wie Aldi oder Lidl lassen sich so einiges einfallen, um sich gegenseitig den Rang abzulaufen. Doch wie es aussieht, scheinen Supermarktketten deutlich besser abzuschneiden.
Jahrelang waren Aldi, Lidl und Co. wahre Größen im Lebensmittelhandel, die die Branche maßgeblich beeinflussten. Wenn Aldi den Preis für Butter anhob oder senkte, folgte die gesamte Industrie. Integrierte Lidl ein neues Markenprodukt im Sortiment, versetzte es Supermarktketten wie Edeka oder Rewe in Angst und Schrecken. Doch diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein.
Dominanz von Discountern vorerst vorbei
Dies geht aus Prognosen des Marktforschers Edge by Ascental hervor, die dem "Handelsblatt" vorliegen. Demnach würde der Umsatz von großen Lebensmitteldiscountern wie Aldi oder Lidl in 2019 um nur 1,9 Prozent wachsen. Währenddessen schaffte es die Supermarktkette Rewe im vergangenen Jahr auf ein höheres Umsatzwachstum von 9,1 Prozent. Der Umsatzanstieg soll bei Rewe und Edeka laut der Gesellschaft für Konsumforschung doppelt so hoch gelegen haben wie bei den üblichen Discountern. Und diese Entwicklung dürfte sich den Angaben der Forscher in 2019 fortsetzen: Der bisher 40-prozentige Marktanteil von riesigen Discountern könnte auf 35 Prozent schrumpfen.
Der Grund hierfür dürfte das veränderte Kaufverhalten der Konsumenten sein. Diese legten nämlich dem Bericht der "Handelsblatt" zufolge größeren Wert auf ein besseres Einkaufserlebnis. Während es vielen Kunden bisher darum ging, günstige Produkte zu ergattern, schauen sie nun nicht mehr ausschließlich auf den Preis, sondern auch auf die Filialmodernisierung und die Warenpräsentation.
Ein Schlag ins Gesicht für Discount-Riesen wie Aldi oder Lidl. Denn nicht nur, dass diese Milliarden in die Modernisierung ihrer Filialen investierten. Es wurden auch ein erweitertes Produktangebot in die Wege geleitet und die Öffnungszeiten verlängert. Neben Preis-Angeboten sollten mit neuen Kategorien wie Bio oder Vegan die Margen abgesichert und neue Kundengruppen erschlossen werden. Doch vergebens. Das gewünschte Umsatzziel blieb aus. Wie aus weiteren Berechnungen der Edge by Ascental hervorgeht, soll das Umsatzwachstum von großen Discountern in 2018 nur bei 2 Prozent gelegen haben. Aldi Nord machte im vergangenen Jahr erstmals einen Verlust.
Harter Machtkampf um Preisführung
Als ob sie nicht schon genug unter Druck stünden. Besonders Aldi und Lidl liefern sich schon seit Jahren einen regelrechten Preiskampf. "Der Markenkern von Aldi ist: Der Kunde findet nirgendwo einen besseren Deal", äußerte Handelsexperte Boris Planer der Edge by Ascential gegenüber dem "Handelsblatt". Doch dieses Ziel verfolgen auch Lidl, Penny und Vertreter von Supermarktketten.
Laut Business Insider gibt es bei Lidl kaum ein Druckerzeugnis, das so genau studiert wird wie die Werbeprospekte von Aldi. Und noch bevor der Discount-Riese seine neuesten Angebote in die Regale stellt, folgt Lidl auf Anhieb und bewirbt das offensiv in Zeitungsanzeigen. Besonders ersichtlich wurde das seit Februar, als Aldi dauerhafte Angebote für Markenprodukte einführte.
Der Druck sei so hoch, dass viele Geschäftsführer dieser Großkonzerne aufgeben und die weiße Fahne schwenken. Innerhalb eines halben Jahres wurde der Wechsel des Personals in den Chefetagen von Aldi Nord, Aldi Süd und Lidl angekündigt. Bei Lidl und Aldi Nord war der Bruch besonders heftig: Ex-Lidl-Chef Jesper Hoier verließ im April ganz plötzlich seinen Posten und wurde durch den 38-jährigen Italiener Ignazio Paterno ersetzt. Marc Heußinger von Aldi Nord verließ seinen Posten ähnlich von einem Tag auf den anderen, weil er mit dem Druck nicht mehr zurechtkomme, wie es von Unternehmensseite hieß. Ein Personalwechsel wurde auch bei Aldi Süd angekündigt, allerdings tritt der Neuzugang erst 2020 an.
Mit dem Wechsel des Chefpersonals bleibt der Druck weiterhin vorhanden. Allerdings müssten die Neuzugänge sich neue Rezepte und Strategien ausdenken, um den eigenen Posten behalten zu können und die Umsätze voranzubringen.
Redaktion finanzen.net
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