Krankenstand: So krank sind die Menschen im Büro
2022 war der Krankenstand in Deutschland so hoch wie noch nie: 18,2 Tage waren Angestellte in Deutschland im Schnitt mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung krankgeschrieben. Die tatsächliche Zahl der Krankheitstage war vermutlich noch höher.
Atemwegserkrankungen haben um 172 Prozent zugelegt
"Im Durchschnitt fehlten die Beschäftigten fast zwanzig Tage mit einer Krankschreibung im Job. Das ist ein Anstieg von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Verantwortlich für das starke Plus sind vor allem die Atemwegserkrankungen, die um 172 Prozent zugelegt haben." Mit diesen Worten leitet die DAK-Gesundheit ihre Pressemitteilung zum Gesundheitsreport 2022 ein. Darin hat die Krankenkasse die Daten von rund 2,4 Millionen Versicherten ausgewertet. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Techniker Krankenkasse (TK) bei der Auswertung der Daten von rund elf Millionen Versicherten, wie das Handelsblatt berichtet: In einer ergänzenden Umfrage hätten 50 Prozent der Versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angegeben, im Homeoffice regelmäßig krank zu arbeiten. 25 Prozent der Befragten (darunter insbesondere Führungskräfte) hätten angegeben, krank auch ins Büro zu gehen - und das, obwohl Arbeitgeber nach dem Gesetz in den ersten sechs Wochen Krankheit das Gehalt normal weiterzahlen müssen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer danach bei der Krankenkasse ihr Recht auf Krankengeld geltend machen können. Gleichzeitig, so der DAK-Gesundheitsreport, haben 64 Prozent der angestellten Versicherten 2022 mindestens einmal mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gefehlt.
DAK verzeichnet Höchststand bei Krankheitstagen
Die Unterscheidung zwischen Krankheitstagen und Krankheitstagen mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist deshalb so wichtig, weil in der Regel erst ab dem dritten Fehltag eine solche Bescheinigung vom Arzt oder der Ärztin eingeholt und bei Arbeitgeber und Krankenkasse eingereicht werden muss. Die Krankenkassen können also zumeist nur Krankheitsfälle in ihre Analysen einbeziehen, bei denen die Versicherten mindestens drei Tage nicht im Büro waren. Tatsächlich wird die Differenz zwischen Krankheitstagen mit und Krankheitstagen ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aber wohl immer niedriger: "Wir hatten in der Vergangenheit beim Krankenstand durchaus eine gewisse Untererfassung. Dieser Effekt dürfte jetzt deutlich reduziert sein. Durch die elektronische Krankmeldung haben wir eine wesentlich geringere Dunkelziffer und einen noch stärkeren Blick auf den wirklichen Krankenstand", zitiert das Handelsblatt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Berechnet wird der Krankenstand als prozentualer Anteil der Kalendertage in einem bestimmten Zeitraum, die Angestellte im Schnitt ausfallen:
Fehltage / Tage im Monat x 100% = Krankenstand in Prozent
Mit dieser Rechnung lag der Krankenstand der DAK-Versicherten 2022 bei 5,5 Prozent. Das ist der höchste Krankenstand seit Beginn der Auswertungen vor 25 Jahren und bedeutet einen Anstieg von 1,5 Prozent im Vorjahresvergleich. Im Schnitt, so die DAK, haben alle Angestellten 20 Tage im Jahr wegen Krankheit gefehlt.
Angestellte im Gesundheitswesen am häufigsten krank
Wie das Handelsblatt berichtet, hat die TK mit ihrer deutlich größeren Datenbasis einen ähnlichen Wert berechnet: Schon Anfang Dezember habe der Krankenstand bei 5,14 Prozent gelegen, womit der bisherige Höchststand noch vor Ende des Jahres geknackt wurde. 19 Tage haben die arbeitenden TK-Versicherten 2022 demnach im Schnitt wegen Krankheit gefehlt.
Auffallend bei der DAK-Auswertung für das Jahr 2022 war neben dem hohen Krankenstand allgemein die hohe Zahl an Fehltagen aufgrund psychischer Erkrankungen: 100 Versicherte hätten im Schnitt 301 Krankentage wegen psychischer Erkrankungen in Anspruch genommen, zwischen 2011 und 2021 sei diese Zahl um ganze 41 Prozent gestiegen. Das liege aber nicht daran, dass die Arbeit psychisch belastender geworden sei, sondern auch an einer deutlich verbesserten Sensibilität für das Thema psychische Gesundheit. Auch müsse man hier berücksichtigen, dass psychisch schwer Erkrankte oft nicht nur wenige Tage, sondern über mehrere Wochen oder Monate ausfallen, was natürlich auch den Durchschnitt stark anhebt. Unter allen Gründen für die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lagen bei den DAK-Versicherten Atemwegserkrankungen vorn, gefolgt von Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychischen Erkrankungen und Verletzungen und Vergiftungen. Mit 6,4 Prozent (+ 1,7 Prozent im Vorjahresvergleich) sei der höchste Krankenstand unter den Angestellten im Gesundheitswesen verzeichnet worden, Angestellte in der Datenverarbeitung waren am wenigsten krank.
Redaktion finanzen.net
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