Kaffee per Post

Tchibo: Vom Kaffeeröster zum Handelsriesen

17.10.22 06:14 Uhr

Tchibo: Vom Kaffeeröster zum Handelsriesen | finanzen.net

Insgesamt über 550 Filialen, mehr als 12.100 Mitarbeiter und ein reicher Familien-Clan ist die Gründerfamilie: Das ist die Geschichte von Tchibo, dem viertgrößten Kaffeeröster weltweit.

Tchibos Firmengeschichte beginnt mit Max Herz, Hamburger Unternehmer und gelerntem Rohkaffeehändler. Nachdem er nach dem Zweiten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise die Importfirma seines Vaters Walter Herz neu aufgebaut hatte, nutzte er die guten geschäftlichen Voraussetzungen und gründete 1949 gemeinsam mit Geschäftspartner Carl Tchilling-Hiryan Tchibo - eine Kaffeerösterei.

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Namensgebung: Tchilling und Bohne wird zu Tchibo

Die beiden Gründer benannten das Unternehmen mit einer Wortneuschöpfung aus Tchilling-Hiryan und der Kaffeebohne - Tchibo. Die, wie es der NDR bezeichnet, revolutionäre Geschäftsidee der beiden: Kaffeeversand per Post.

Nach der Unternehmensgründung wurde über Handzettel - oder Flyer - geworben. Im Jahr 1952 gab es dann das erste kundenbindende Tchibo-Magazin mit Modetipps, Geschichten, Rezepten und Horoskopen. Ein Jahr später konnten Hamburger erstmals frisch gerösteten Kaffee aus der Fabrik einkaufen. Weitere zwei Jahre später - 1955 - wurde in Hamburg die erste Tchibo-Filiale eröffnet und der Firmenname blieb, obwohl Tchilling-Hiryan bereits wenige Jahre nach Firmengründung aus dem Geschäft ausstieg.

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Vom ersten Kaffee zu über 400 Filialen

Der Name des ersten Tchibo-Kaffees lautete 'Frisch-Röst-Kaffee Sorte Brasil A' - und diese Sorte war wohl bereits nach wenigen Wochen ausverkauft. Da das Geschäft so gut lief, machte sich Herz an die Expansion: Ab 1963 gab es erste Tchibo-Depots in Bäckereien sowie später auch in Supermärkten und die Themenwochen wurden eingeführt.

Heute lautet Tchibos Werbespruch auf der Website: "An Tchibo kommt keiner vorbei, weil man immer an Tchibo vorbeikommt."

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Herz und seine Ehefrau Ingeburg eröffneten schnell viele weitere Filialen außerhalb Hamburgs. Mitte bis Ende der 60er-Jahre gab es insgesamt bereits mehr als 400 Tchibo-Geschäfte innerhalb Deutschlands.

Eine weitere Neuerung war 1971 die erste mildere Kaffeesorte, und ebenfalls in den 70ern kamen neben dem Kaffee auch alltägliche Gebrauchsartikel ins Sortiment. 1984 wurde ein ergiebigeres Röstverfahren entwickelt und die Produktion erhöht.

Gegen Ende der 90er-Jahre wurde der Konkurrent Eduscho übernommen und Tchibo damit zum viertgrößten Kaffeeröster weltweit, außerdem wurde Tchibo Reisen und der Online-Shop etabliert. 2004 kam in einer Kooperation mit O2 Deutschland der Tchibo-Mobilfunk hinzu.

Tchibo heute: Umweltbewusstsein und breites Angebot

Das Tchibo-Angebot ist breit geblieben: Neben den in den 90ern entwickelten Angeboten gibt es heute auch Kleidung und Kaffeezubehör sowie -maschinen im Sortiment und auch die Themenwochen währen fort. Das Unternehmen wirbt mit mehr als 14 Jahren fairer Herstellung seiner Produkte und seiner Kleidung mit dem staatlichen Gütesiegel 'grüner Knopf’ sowie der Herstellung aus Bio-Baumwolle und Plastikmüll.

In den letzten Jahren war die Firma nach eigenen Angaben mehrfach der drittgrößte Abnehmer für Bio-Baumwolle weltweit. Ein neues Projekt: Alltagsgegenstände mieten statt kaufen und wiederverwendbare Versandtaschen.

Heute gibt es laut Firmenangaben über 550 Filialen und mehr als 12.100 Mitarbeiter weltweit - 7.900 davon in Deutschland an den Verkaufsstandorten sowie den großen Firmenstandorten in Berlin, Gallin, Neumarkt und natürlich Hamburg.

Zum Unternehmen Tchibo gehören die Marken Eduscho mit Gala, Tchibo, Davidoff Cafe, Qbo und Jiklavanka. CEO der Firma ist Thomas Linemayr, der im Jahr 2016 Markus Conrad auf seinem Posten abgelöst hat. Im nächsten Jahr wird es wieder eine Veränderung geben: Frederic Pflanz soll neuer CEO werden.

Tchibo ist Teil der maxingvest ag, die 2007 aus der Tchibo Holding AG entstand und der Familie Herz gehört - letztere wurde von der Welt im Jahr 2015 mit einem Vermögen von 11 Milliarden Euro als der siebtreichste deutsche Familienclan eingestuft, ist aber wohl zerstritten. Aktuell ist Michael Herz maxingvest-Vertreter der Eigentümerfamilie.

Olga Rogler / Redaktion finanzen.net

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