Weltwirtschaftsforum-Bericht: So beeinflussen neue Technologien wie KI den Arbeitsmarkt
Dass künstliche Intelligenz den Arbeitsmarkt stark beeinflussen wird, ist unbestritten. Doch wie schätzen Unternehmen die Entwicklung ein und welche Jobs haben noch eine Zukunft? Der Future of Jobs Report 2023 des WEF lieferte eine Prognose für die nächsten fünf Jahre.
Vierte industrielle Revolution ist im Gange
Das Weltwirtschaftsforum (WEF), das jährlich in Davos stattfindet, präsentierte im Mai 2023 seinen "Future of Jobs Report 2023". Dieser Bericht untersucht, wie sich der Arbeitsmarkt in naher Zukunft entwickeln könnte. Die Untersuchung umfasst 803 Unternehmen aus 27 verschiedenen Branchen, die insgesamt für etwa 11,3 Millionen Arbeitnehmer weltweit verantwortlich sind. Die Verfasser des Berichts betrachten den gegenwärtigen Wandel als eine Art vierte industrielle Revolution, bedingt durch die erhebliche Transformation in den befragten Unternehmen, die vermehrt auf neue Technologien setzen.
Die meisten Technologien führen zu mehr Jobs
Gemäß dem Bericht wird erwartet, dass die Einführung der meisten neuen Technologien in den nächsten fünf Jahren einen positiven Nettoeffekt auf die Arbeitsstellen der Unternehmen haben werden. Landwirtschaftliche Technologien, digitale Plattformen, Apps, E-Commerce, sowie künstliche Intelligenz dürften in absehbarer Zukunft den Arbeitsmarkt allerdings erheblich umwälzen. Viele Unternehmen gehen davon aus, dass sich Arbeitsplätze innerhalb ihrer Betriebe verlagern werden. Dabei entsteht jedoch ein positiver Saldo, da gleichzeitig Arbeitsplatzgewinne in anderen Bereichen erwartet werden. Insbesondere Anwendungen im Bereich Big Data, Technologien zur Bewältigung von Klimawandel und Umweltproblemen sowie Verschlüsselung und Cybersicherheit werden dem Bericht zufolge ein starkes Wachstum verzeichnen. Einzig humanoide und nicht-humanoide Roboter sind neue Technologien, die in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich keinen Nettozuwachs an Arbeitsplätzen schaffen werden.
Technologischer Fortschritt und Digitalisierung bestimmt Jobperspektiven
Ob eine Branche wächst oder schrumpft, hängt laut Bericht mit dem technologischen Fortschritt und der Digitalisierung, sowie mit Nachhaltigkeit zusammen. Zu den stark wachsenden Berufen relativ zu ihrer Größe zählen KI- und Machine-Learning-Spezialisten, Nachhaltigkeitsexperten, Business Intelligence-Analysten, Informationssicherheitsanalysten, Ingenieure für erneuerbare Energien sowie Solarenergie-Installations- und Systemingenieure. Besonders starkes Jobwachstum wird außerdem in den Bereichen Bildung (10 Prozent), Landwirtschaft (30 Prozent) und E-Commerce erwartet. Hingegen werden Berufe im Bereich Büro- und Sekretariatstätigkeiten, Bankangestellte, Kassierer, Postbeamte, Tickethändler, Datenerfassungspersonal, Buchhaltung, Rechnungswesen, Lohnbuchhaltung sowie Verwaltungs- und Exekutivsekretäre am schnellsten schrumpfen, wie der Bericht prognostiziert.
Von den befragten Unternehmen werden in einer sich rasant verändernden Welt kognitive Fähigkeiten wie Kreativität und analytisches Denken als immer wichtiger eingeschätzt. Besonders hervorgehoben wird das analytische Denken, das von den Befragten als besonders bedeutsam eingeschätzt wird. Kreatives Denken nimmt den zweiten Platz ein. Zudem werden Belastbarkeit, Flexibilität und Agilität von den befragten Unternehmen als essenzielle Qualitäten für die Zukunft angesehen.
Strukturelle Veränderungen führen zu Jobverlusten
Insgesamt rechnen Arbeitgeber laut dem Bericht mit erheblichen strukturellen Veränderungen und Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden fünf Jahren. Besonders in den Bereichen Lieferketten, Transport, Medien, Unterhaltung und Sport wird eine signifikante Umwälzung erwartet. Im Gegensatz dazu wird in den Bereichen verarbeitendes Gewerbe sowie Einzel- und Großhandel mit Konsumgütern mit geringeren Veränderungen gerechnet. Die befragten Unternehmen prognostizieren insgesamt eine Zunahme von 69 Millionen Jobs und einen Rückgang von 83 Millionen Jobs in den nächsten fünf Jahren. Dies würde zu einem Nettoverlust von 14 Millionen Arbeitsplätzen führen.
Unternehmen gehen von Jobzunahmen durch KI aus
Dass die Prognosen nicht unbedingt eintreffen müssen, zeigt ein Vergleich mit einem früheren WEF-Bericht aus dem Jahr 2020, auf den der aktuelle Bericht Bezug nimmt. Derzeit schätzen Unternehmen, dass 34 Prozent aller geschäftsbezogenen Aufgaben von Maschinen erledigt werden und 66 Prozent von Menschen. Dies stellt im Vergleich zum WEF-Bericht von 2020 eine Zunahme von etwa einem Prozent dar - eine deutlich geringere Steigerung als vor drei Jahren prognostiziert. Damals wurde vorhergesagt, dass 47 Prozent aller Geschäftsprozesse in den kommenden fünf Jahren automatisiert würden.
Im Unterschied zur früheren Erwartung von starker Substituierung von physischer Arbeit durch neue Technologien wird von den Unternehmen nun stattdessen erwartet, dass Arbeitsaufgaben, die mit Kommunikation, Argumentation, und Koordination zu tun haben, verstärkt durch KI-Anwendungen in den nächsten Jahren ersetzt werden. Wie dieser Prozess allerdings den Arbeitsmarkt beeinflussen wird, ist unklar. Von den befragten Unternehmen werden voraussichtlich 75 Prozent KI-Anwendungen in den nächsten fünf Jahren übernehmen. Allerdings gibt es Unterschiede in der Bewertung, ob KI-Anwendungen zu Nettojobverlusten oder -zunahmen führen werden. Während 50 Prozent eine Zunahme von Arbeitsplätzen erwarten, gehen nur 35 Prozent von Jobverlusten aus.
Redaktion finanzen.net
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