Wie ist die Lage im Healthcare-Sektor zur Börsen-Halbzeit 2023?
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Im Interview wirft Kai Brüning, Senior Portfolio Manager bei der Apo Asset Management GmbH (apoAsset), einen Blick auf das bisherige Jahr 2023. Er verrät, welche Entwicklungen für ihn überraschend kamen und welche Besonderheiten die ersten Monate für den Healthcare-Markt bereithielten. Darüber hinaus geht er auf die Faktoren ein, die für die weitere Entwicklung eine Rolle spielen.
Herr Brüning, wie hat sich der Healthcare-Markt im ersten Halbjahr 2023 geschlagen?
Der Gesundheitsmarkt hat sich im ersten Halbjahr unterdurchschnittlich gegenüber vielen anderen Sektoren und gegenüber dem breiten Markt geschlagen, wenn man die Indexebene betrachtet. Wir schauen uns häufig die MSCI-Indizes an, denn dort finden sich die gängigen Märkte, gerade im Bezug auf den globalen Aktienmarkt. Auffallend ist, dass der Gesundheitsmarkt auf Indexebene mehr oder weniger unverändert ist, wenn nicht sogar leicht an Wert verloren hat, während der breite Markt im MSCI World Index deutlich angestiegen ist. Wenn man aber hinter die Kulissen schaut, sieht man, dass insbesondere Einzelwerte wie die großen Technologiewerte von Apple, Microsoft oder Amazon die globalen Indizes nach oben gezogen haben. Trotzdem verwundert die relativ schwache Entwicklung des Gesundheitssektors insofern, als dass wir uns weiterhin in einem recht unsicheren zyklischen Umfeld befinden, in dem der Gesundheitssektor als defensiver, wenig zyklischer Sektor eigentlich outperformen sollte. Wir erleben immer noch den Ukraine-Krieg um uns herum, weiterhin existieren immer noch die Unsicherheiten zwischen China und den USA und weiterhin existieren Nachwehen der Covid-Pandemie. Der erhoffte Aufschwung ist weitestgehend ausgeblieben. Man muss den Healthcare-Markt allerdings selektiv betrachten. Im ersten Halbjahr gab es interessante und vielversprechende Entwicklungen im Gesundheitsmarkt, die sich aber in den Aktienkursen in der Breite nicht widergespiegelt haben.
Welche Entwicklungen waren dies?
Es wurden zum Beispiel im pharmazeutischen Bereich in zwei Indikationen, namentlich Alzheimer und Fettleibigkeit, neue Medikamentenklassen entdeckt und auch neue klinische Daten erhoben, die darauf hoffen lassen, dass diese beiden Indikationen in Zukunft besser behandelt werden können. Im Fall von Alzheimer bedeutet dies nicht, dass eine Heilung möglich ist, aber zumindest eine Verlangsamung des Voranschreitens der Krankheit. Im Fall von Fettleibigkeit sollen betroffene Menschen durch Medikation, Sport und eine gesunde Lebensweise eindeutig an Gewicht verlieren können. Die Aktienkurse derjenigen Unternehmen, die in diese Themen involviert sind, nämlich Eli Lilly und Novo Nordisk, sind entsprechend gestiegen.
Außerdem haben im ersten Halbjahr Medizintechnikanbieter profitieren können, während Versicherer weniger Gewinne erzielten. Die Gründe hierfür sind plausibel: Während Corona sind viele Menschen nicht ins Krankenhaus gegangen und haben sich nicht ihrer notwendigen Operation unterziehen können. Operationen wie zum Beispiel Knie- oder Hüftoperationen wurden dementsprechend verschoben und dadurch ist ein gewisser Nachfragestau entstanden, der im ersten Halbjahr 2023 abgebaut wurde. Dieser Trend wird sich aus unserer Sicht bis ins Jahr 2024 fortsetzen. Das bedeutet, dass die Krankenversicherer, die während der Covid-Zeit an Behandlungskosten gespart haben, jetzt zur Kasse gebeten werden. Die Unternehmen, die im Bereich Medizintechnik ansässig sind und künstliche Hüften oder künstliche Knie anbieten, erleben dagegen einen Aufschwung. Dieser wird aus unserer Sicht noch weiter anhalten.
An welcher Entwicklung konnte der Fonds von apoAsset teilhaben?
Unser Fonds, den wir 2005 zusammen mit Medical Strategy aufgelegt haben, beinhaltet viel Biotechnologie und basierend auf dieser Entscheidung verlief das erste Halbjahr sehr gut, weil wir allein neun Unternehmensbernahmen verbuchen konnten. Unternehmensübernahmen sind ein wichtiger Bestandteil unseres Analyseprozesses. Das heißt, dass wir uns vor allen Dingen bei Kleinunternehmen, die einen wichtigen Baustein unserer Investmentphilosophie darstellen, die Frage stellen, ob deren Produkte oder Dienstleistungen unter Umständen bei einem anderen Unternehmen besser aufgehoben sind und sie im besten Fall von diesen dann übernommen werden können. Diese Strategie ist im ersten Halbjahr besonders gut aufgegangen, was sich an den zahlreichen Unternehmensübernahmen zeigt.
Wie sind Ihre Aussichten für das weitere Jahr?
Wir gehen davon aus, dass sich der Übernahme-Trend fortsetzen wird, da wir in der Zeit von 2021 bis 2022 relativ wenig Übernahmen hatten. Das hing damit zusammen, dass die Zinsen gestiegen sind, das Finanzierungsumfeld unsicher war und Unternehmen sich zurückgehalten haben. Momentan sieht es jedoch so aus, als ob ein Zinsplateau erreicht wurde. Wir gehen nicht davon aus, dass wir in nächster Zeit einen signifikanten Wirtschaftsschub sehen werden. In diesem Kontext kann Gesundheit ein interessantes Investment-Thema sein. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob es in zehn Jahren noch eine Nachfrage nach Autos geben wird. Ganz sicher wird aber Gesundheit weiterhin nachgefragt werden. Das macht Healthcare auch zu einem langfristigen Börsen-Thema.
Bildquellen: IPConcept